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Persilschein

Persilschein

Titel: Persilschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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auch welche von verfolgten Nazigegnern dabei? Die sind besonders glaubwürdig.«
    Trasse lachte auf. »Das glaube ich gern. Daran habe ich schon selbst gedacht. Einer meiner Mitarbeiter, er hat ein Jahr im KZ gesessen, hat mir bestätigt, dass ich mich im privaten Rahmen schon immer gegen den Nationalsozialismus ausgesprochen habe.«
    Saborski nickte. »Was hast du ihm dafür versprochen?«
    Sein Gastgeber schüttelte den Kopf. »Nicht doch, mein Lieber. Habe ich dich gefragt, woher du deine Persilscheine hast? Sie müssen wirklich glaubwürdig gewesen sein. Wie sonst konnte der Ausschuss ein ehemaliges SA-Mitglied, einen Gestapoangehörigen und SS-Offizier wie dich lediglich als Mitläufer einstufen? Respekt, wirklich.«
    Der Kriminalrat grinste. »Waren sie. Ein katholischer Priester, der 1940 für einige Tage in Untersuchungshaft saß, hat mir bescheinigt, dass ich ihm das Leben gerettet habe.«
    »Ein Priester?«
    »Ja. Er hatte eine dumme Vorliebe für kleine Jungs. Ich habe ihn damals vor dem KZ bewahrt. Da war er mir etwas schuldig. Und außerdem haben sich seine Neigungen bis heute nicht geändert. Ich musste ihn nur daran erinnern, dass sein Verhalten auch jetzt noch strafbar ist.«
    »Verstehe.«
    »Und dann gab es noch einige Leute, deren Westen nach 1933 auch nicht sauber geblieben sind, die sich aber nur ungern daran erinnern. Ich habe dafür gesorgt, dass sie es wieder tun mussten. Und damit ich mein Wissen schnell vergesse, sind sie mir eben auch behilflich gewesen. So einfach ist das.« Saborskis Grinsen wurde breiter. »Immerhin darf ich für drei Jahre nicht mehr befördert werden und muss die Kosten des Verfahrens begleichen.«
    »Wie viel war es denn?«
    »Dreißig Mark.«
    »Mir kommen die Tränen. Das sind doch Kinkerlitzchen. Für mich steht leider mehr auf dem Spiel.«
    »Warum? Du warst doch nie Parteimitglied, oder?«
    »Nein. In der NSDAP war ich nie. Aber …« Er griff zum Champagner.
    »Aber was?«
    »Ich bin im Gau ein- und ausgegangen. Schließlich war ich führendes Mitglied der Reichsgruppe Handel, wie du weißt. In dieser Eigenschaft war ich sehr häufig bei Besprechungen in der Reichswirtschaftskammer anwesend.«
    »Gibt es Aufzeichnungen darüber?«
    »Sicher. Briefe, Protokolle, Verträge, Gutachten …«
    »Könnten sie dich belasten?«
    Trasse Stimme klang bitter. »Du machst mir Spaß. Wir haben uns schließlich auch mit der wirtschaftlichen Lage der besetzten Gebiete befasst.«
    »Verstehe.« Saborski nippte am Glas. »Und jetzt hast du Angst um deine Kaufhäuser.«
    »Natürlich. Meine Geschäfte in der Vergangenheit … Immerhin kann der Ausschuss die Beschlagnahme meines gesamten Vermögens empfehlen, sofern dieses als Kriegsgewinn eingestuft wird. Mindestens aber schicken sie mir einen Buchprüfer auf den Hals, den ich dann auch noch selbst bezahlen muss.«
    »Na ja. Wenn’s mehr nicht ist«, bemerkte Saborski.
    »Schon wahr. Aber ich mag es nicht, wenn Fremde in meinen Geschäftsunterlagen herumschnüffeln.« Er seufzte. »Wenn ich meinen Wohnsitz nicht nach Herne verlegt hätte …« Trasse machte eine Pause.
    »Was wäre dann?«
    »In Recklinghausen hatte ich gute Kontakte. Vor allem zur Zentrumspartei. Viele der Mitglieder sind anschließend bei der CDU gelandet. Du warst doch auch vor dem Herner Ausschuss, oder?«
    »Ja.«
    »Warum eigentlich? Du bist doch in Bochum zu Hause.«
    »Schien mir günstiger. Schließlich bin ich auch für Herne verantwortlich. Hier kenne ich einige wichtige Leute. Auch aus den Parteien. So wie du in Recklinghausen.«
    »Aber wie hast du das angestellt?«
    Saborski senkte seine Stimme, als ob er heimliche Mithörer befürchtete. »Ein langes Gespräch mit den Briten.«
    »Wäre es dir möglich, deine guten Kontakte auch für mich spielen zu lassen?«
    »Wie meinst du das?«
    »Wie ich es sagte. Könntest du mit den Sozis und den Christlichen im Ausschuss sprechen?«
    Saborski tat so, als müsste er nachdenken. »Das kommt darauf an.«
    »Worauf?«
    »Zum einen müssen deine Entlastungserklärungen hieb- und stichfest sein. Wenn ich mich für dich starkmache, muss ich sichergehen, dass später niemand umfällt und ich in den Sumpf mit hineingezogen werde.«
    »Dafür werde ich sorgen, das garantiere ich. Und was noch?«
    Saborski trank schweigend.
    Trasse schaute dem Polizisten in die Augen. »Du willst Geld«, stellte er fest.
    »Geld? Nein.«
    »Was dann?«
    »Anteile.«
    »Aber du hältst doch schon fünfundzwanzig Prozent an meiner

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