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Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten

Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten

Titel: Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Roth
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picken, und wenn dann nicht jedes Mal belohnt würde, dann würde der Organismus den Zusammenhang (die »Assoziation«) zwischen Verhaltensweise und Belohnung nicht begreifen. Es ist also ratsam, mit Jedesmal-Belohnen zu beginnen, bis der Zusammenhang zwischen Verhalten und Belohnung gut gelernt ist, ehe man zuerst zu intermittierender Belohnung mit festen Quoten bzw. Intervallen und schließlich mit variablen Quoten bzw. Intervallen übergeht. Im Bereich menschlichen Verhaltens heißt es analog, dass zu Beginn einer neuen Arbeit häufigere kleine Erfolge wichtig sind, damit der Betroffene nicht zu schnell den Mut verliert!
    Wenn man nun mit der Belohnung aufhört, so hört auch der Organismus ziemlich schnell auf, falls er zuvor jedes Mal belohnt wurde. Das ist begreiflich, denn er merkt schon nach wenigen Malen unbelohnter Reaktion: »Es gibt nichts mehr!« Man spricht hier von einer schnellen Löschung der Verhaltensreaktion. Bleibt die Gratifikation dreimal hintereinander aus, dann kann es sich nicht mehr um einen Zufall handeln. Bei intermittierender Belohnung mit festen Quoten und Intervallen vollzieht sich diese Löschung langsamer, Tier und Mensch werden über mehrere gewohnte Quoten und Intervalle hinweg ihr Glück versuchen und dann erst die Reaktion resigniert einstellen. Am langsamsten vollzieht sich die Löschung bei der intermittierenden Belohnung mit variablen Quoten und Intervallen. Hier dauert es zum Teil sehr lange, bis der Organismus die früher belohnte Reaktion nicht mehr zeigt; meist probiert er es nach längerer Pause noch einmal. Der Grund hierfür ist ziemlich einsichtig: Der Organismus weiß ja nicht, dass die Belohnung völlig eingestellt wurde, und vermutet, dass gerade ein ungewohnt langes Intervall zwischen den Belohnungen herrscht. Wir merken uns also, dass gerade diese letztere Belohnungsstrategie ein ziemlich »löschungsresistentes« Verhalten erzeugt.
    Wir mögen diese ganzen Zusammenhänge als zu primitiv ansehen, um sie auf menschliches Verhalten zu übertragen, aber gerade an dem zuletzt Gesagten zeigt sich sehr klar, dass wir Menschen uns im alltäglichen Leben trotz aller Rationalität genau so verhalten wie geschildert. Wir besitzen zum Beispiel ein Gerät, das bisher völlig zuverlässig funktioniert hat. Wir stellen es an, und es funktioniert plötzlich nicht mehr. Wir schalten es noch einmal an, und wenn es dann immer noch nicht funktioniert, nehmen wir an, dass irgendetwas an ihm kaputt ist (eventuell der Schalter!). Wissen wir aber, dass der Apparat schon länger einen »Wackelkontakt« hat, so probieren wir meist sehr lange Zeit, bis wir aufgeben. Dasselbe ist mit den Versuchen, einen Menschen zu erreichen, der zu einer bestimmten Zeit praktisch immer zuhause oder an einem bestimmten anderen Ort zu erreichen ist. Nach wenigen vergeblichen Anrufen geben wir auf. Handelt es sich aber um eine Person, die generell schwierig zu erreichen ist, so telefonieren wir lange Zeit diesem Menschen hinterher, ehe wir aufgeben. Dies ist ein höchst rationales Vorgehen bei unregelmäßig auftretenden Ereignissen.
    Generell führt eine intermittierende Belohnung mit variablen Quoten oder Zeitintervallen in einer unübersichtlichen Ereigniswelt zu hoher Löschungsresistenz. Man denke nur an eine nervenaufreibende Beziehung zu einem launischen Partner. Man weiß in diesem Falle nie, ob man sich noch weiter anstrengen sollte, um endlich die erhoffte Zuneigung zu bekommen, oder ob man seine Hoffnungen endgültig begraben sollte. Gerade das nur gelegentliche liebenswerte Verhalten verstärkt die Bemühungen um die Zuneigung des Partners. Besonders dramatisch zu beobachten ist dies bei Glücksspielen wie Pferderennen, Kartenspielen oder Roulette, bei denen eine nicht berechenbare Belohnung der Witz der Sache ist, denn ein Spiel, bei dem man immer oder in festen Quoten oder nie gewinnt, ist eben kein Glücksspiel und überhaupt kein Spiel. Die variable Belohnung führt bei zu Spielsucht prädestinierten Personen zu einer starken Löschungsresistenz: »Irgendwann muss das Glück ja kommen!«
    Schwierig wird es ganz allgemein, wenn die Motivation, eine bestimmte Belohnung zu bekommen, sehr hoch und zugleich das erwünschte Ereignis sehr ungewiss ist. Am Anfang einer positiven Konditionierung ist das natürlich immer so: Man probiert das eine oder andere, und schließlich kriegt man heraus, was man machen muss, damit es einigermaßen verlässlich funktioniert. Manchmal gelingt das aber nicht, zum

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