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Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten

Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten

Titel: Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Roth
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wird man doch keinen Aufstand machen! Der Chef muss also regelmäßig drohen, und das nützt die Wirkung der Drohung ab. Er muss also strafen – mit all den Nachteilen, welche die Strafe hat.
    Insgesamt gesehen ist das Vermeidungslernen gegenüber unpersönlichen negativen Ereignissen effektiver als Bestrafung. Auch hier ist das Androhen von Belohnungsentzug viel besser, denn die Belohnung ist ein positives Ziel, das es zu erhalten gilt, während das Vermeiden von Strafe als negativ empfunden wird. Im Bereich der Pädagogik und Personalführung kann negative Konditionierung, d. h. Strafandrohung, also nur zu einer begrenzten Verhaltensänderung eingesetzt werden. Besonders wichtig sind hierbei ein klares Aufzeigen des kritisierten Verhaltens und eine ebenso klare Darstellung der Art und Weise, wie eine negative Maßnahme von Seiten des Vorgesetzten oder Lehrers vermieden werden kann. In jedem Fall sollte der Ton nicht einschüchternd sein, denn er ruft – unbewusst oder bewusst – psychischen Widerstand hervor. Dies gilt insbesondere bei Androhungen von Entlassung oder Zurückstufung.

Belohnung
     
    Alle einschlägigen Untersuchungen haben gezeigt, dass Belohnung das geeignetste Mittel zur Verhaltensänderung ist. Allerdings sind die Art und der Verlauf des Belohnungslernens sehr kompliziert, ebenso wie die geeignete Art der Belohnung.
    Belohnung ist der Eintritt eines positiven Zustandes bzw. die Beendigung eines negativen Zustandes. Positiv ist jeder Zustand, der in uns Befriedigung körperlicher oder psychischer Bedürfnisse, Wohlgefühl, Freude und Lust erzeugt und deshalb von Tier und Mensch erstrebt wird. Negativ ist jeder Zustand, der Unlust, Schmerz, Frustration, den Entzug oder die Beendigung positiver Zustände und die Vergrößerung körperlicher oder psychischer Bedürfnisse bedeutet und deshalb vermieden wird. Solch eine Definition ist natürlich letztlich zirkulär oder nichtssagend, wenn man nicht erklärt, warum ein bestimmter Zustand als positiv bzw. erstrebenswert oder negativ bzw. vermeidenswert empfunden wird und wie diese Empfindung zustande kommt. Davon soll aber erst im nächsten Kapitel die Rede sein. Wichtig ist hier festzustellen, dass die positiven Zustände ihrem Inhalt nach so vielfältig sein können, wie es Menschen auf der Welt gibt.
    Im klassischen tierexperimentellen Fall geht es für eine Ratte darum, einen Hebel zu drücken, für eine Taube darum, auf eine beleuchtete Scheibe zu picken, und für einen Schimpansen darum, Münzen in einen Automaten zu werfen. Dies alles sind Dinge, die diese Tiere normalerweise nicht oder nur zufällig tun. Sie finden durch Versuch und Irrtum heraus, dass ein solches Verhalten eine Belohnung, hier meist in Form von Futter, nach sich zieht. Nach einiger Zeit beobachtet man, dass das entsprechende Tier überwiegend dieses Verhalten zeigt und alle bisher im gegebenen Kontext gezeigten Verhaltensweisen unterdrückt oder zumindest viel seltener ausführt. Technisch ausgedrückt: Die Belohnung hat eine bestimmte Verhaltensweise verstärkt , die anderen abgeschwächt .
    Eine solche positive Konditionierung funktioniert – anders als Bestrafung oder Vermeidungslernen – ziemlich verlässlich unter zwei Bedingungen. Erstens müssen die zu verstärkende Verhaltensweise oder zumindest wichtige Teile davon bereits vorhanden sein, und der Organismus muss auch das Verhalten ausführen können. Man kann einer Taube nicht das Klavierspielen ankonditionieren, wie stark man sie auch belohnt. Das heißt, dass die positive Konditionierung nur im Rahmen eines bestimmten Verhaltensrepertoires ablaufen kann. Zweitens muss eine Bedürfnissituation bzw. Belohnungserwartung herrschen, und die vorgesehene Belohnung muss dieses Bedürfnis reduzieren bzw. die Erwartung erfüllen. Nicht nur bei Tieren, sondern insbesondere auch bei Menschen werden oft beide Bedingungen verletzt. Es wird von einer Person an Verhaltensänderungen etwas verlangt, das sie gar nicht erbringen kann – oder das, was der Vorgesetzte für eine Belohnung hält, ist für den Mitarbeiter gar kein erstrebenswerter Zustand. Bei Versuchstieren wird dieses Problem in der Regel dadurch gelöst, dass man ihnen die Futter- und Trinkrationen in genau bestimmtem Umfang kürzt, der sie hungrig oder durstig macht, ohne sie zu sehr zu schwächen. Bei Menschen ist dies aus ethischen Gründen nicht möglich, und deshalb ist die Beurteilung und Steuerung der Bedürfnisse von Personen, deren Verhalten geändert

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