Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten
werden soll, eine schwierige Sache.
Eine Möglichkeit besteht darin, natürliche und nicht leicht zu stillende Bedürfnisse zu befriedigen, zum Beispiel durch finanzielle Zuwendungen oder Anerkennung (von Sexreisen wollen wir hier schweigen). Eine andere Möglichkeit ist, vorhandene und als selbstverständlich angesehene Vergünstigungen zu entziehen und ihr Wiedererlangen in Aussicht zu stellen, »wenn man sich nur anstrengt«. Merkwürdigerweise macht es Menschen besonders glücklich, das wiedererlangt zu haben, was sie zuerst gar nicht beachtet und dann vorübergehend sehr entbehrt haben.
Nehmen wir an, diese Bedingungen sind gegeben, Mensch oder Tier haben durch Versuch und Irrtum herausgefunden, dass ein bestimmtes Verhalten eine bestimmte Belohnung nach sich zieht. Sie werden erst einmal mit ihrem Verhalten fortfahren, sofern dieses weiter jedes Mal belohnt wird. Bald werden wir feststellen, dass sie darin nachlassen, denn je mehr sie belohnt werden, desto mehr verringert sich das Bedürfnis nach weiterer Belohnung. Das ist bei Futter oder Orangensaft im Tierverhaltensversuch schnell der Fall, und dies begrenzt im Labor deutlich die Länge der Konditionierungsversuche. Beim Menschen ist dies aber nicht anders: Alle Belohnung verliert einen Großteil ihres Reizes, wenn sie voraussehbar eintritt. Neben dem monatlichen Gehalt sind es die Regelbeförderung, das schon einkalkulierte Weihnachtsgeld, der fest erwartete Gewinn, die ihre einst motivierende Wirkung weitgehend verloren haben – es sei denn, sie bleiben plötzlich aus!
Was man bei Tier und Mensch daher zur Motivierung tut, ist, von der regelmäßigen zur intermittierenden Belohnung überzugehen, d. h. nicht mehr jedes Mal zu belohnen. Das kann man auf zwei Weisen tun. Entweder man belohnt jedes x-te Mal, an dem die Verhaltensweise auftritt (das nennt man Quotenverstärkung), oder man belohnt nach einer gewissen Zeit (das nennt man Intervallverstärkung). Sofort erhöht sich die Häufigkeit, mit der Tier und Mensch die zu konditionierende Verhaltensweise zeigen. Allerdings gibt es auch Unterschiede. Bei einer Quotenverstärkung, bei der zum Beispiel nur jedes fünfte Mal eine Belohnung erfolgt, wird die Ratte schnell fünfmal den Hebel drücken und die Taube wird fünfmal an die Scheibe picken, und dann werden beide erwartungsvoll in den Futtertrog schauen. Bei einer Intervallverstärkung, bei der beispielsweise alle fünf Minuten eine Belohnung erfolgt, wird das Tier in der ersten Minute nichts tun, dann mit der Reaktion langsam anfangen und immer schneller werden, je näher der Zeitpunkt der Belohnung rückt. Auf diese Weise kann man beträchtliche Reaktionshäufigkeiten hervorrufen – und gleichzeitig testen, wie gut das Zeitgefühl der Tiere ist (es ist überraschend gut!). Beim Menschen ist dies nicht anders: Lange Zeit tut man gar nichts, und dann steigt die Aktivität, je näher der Abgabetermin der Arbeit rückt.
Weitermachen, wenn die Belohnung ausbleibt
Nichts in dieser Welt ist von Dauer, und nach einiger Zeit verliert auch die intermittierende Verstärkung in festen Quoten oder Abständen zunehmend ihre Wirkung. Der Experte rät, nun zu einer Strategie überzugehen, die variable Belohnungsquoten oder -intervalle benutzt, d. h. das Versuchstier wird nach dem fünften, dann dritten, dann neunten, dann vierten, dann zwölften Mal bzw. nach fünf, neun, vier oder zwölf Minuten belohnt – in der Regel in bestimmten Grenzen zufallsverteilt. Beim Menschen wird es sich um Wochen oder Monate handeln. Dadurch vermeidet man, dass das Tier oder der Mensch sich beeilt, um an die Belohnung zu kommen, was wiederum das Risiko einer Belohnungssättigung mit sich bringt, oder dass sie das für feste Zeitintervalle typische Ruhe- und Beschleunigungsverhalten zeigen. Mit der intermittierenden Belohnung mit variablen Quoten oder Zeitintervallen erreicht man eine hohe und zugleich kontinuierliche Reaktionshäufigkeit, ohne dass schnell eine Belohnungssättigung eintritt.
Besonders deutlich werden die Unterschiede zwischen Jedesmal-Belohnen, intermittierendem Belohnen mit festen Quoten bzw. Intervallen und schließlich intermittierendem Belohnen mit variablen Quoten und Intervallen zu Beginn des Verstärkungslernens und nach Beendigung der Belohnung. Zu Anfang des Vorgangs ist es notwendig, mit Jedesmal-Belohnen zu beginnen, denn dann zeigt der Organismus das zu verstärkende Verhalten nur selten, zum Beispiel Hebeldrücken oder auf die Glasscheibe
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