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Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten

Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten

Titel: Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Roth
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Beispiel beim Lottospielen, was viele Leute nicht davon abhält, nach »System« zu spielen, aber auch bei sehr komplexen Abläufen ist das oft so. Man tut relativ planlos irgendetwas, und plötzlich klappt es. Man versucht es von neuem, und es geht nicht mehr. Dann klappt es plötzlich wieder usw. Es kann sich hierbei um ein objektiv zufälliges Zusammentreffen von bestimmten Reaktionen und der Belohnung handeln, das aber die Person fälschlicherweise als durch ihr Verhalten bewirkt ansieht. Sie geht bewusst oder unbewusst davon aus, dass es sich um eine intermittierende Belohnung mit variablen Quoten handelt (»es klappt eben nicht immer, man muss einfach geduldig sein!«), während wir wissen, dass das positive Ereignis völlig zufällig auftritt. Dies nennt man Pseudokonditionierung.
    Skinner hat einen solchen Prozess von Pseudokonditionierung »abergläubisches Verhalten« genannt, und er glaubte nachgewiesen zu haben, dass man über rein zufällig auftretende Belohnung ein solches abergläubisches Verhalten auch bei Tauben und anderen Tieren hervorrufen kann. Er verglich es mit religiösem Verhalten gegenüber einem höheren Wesen, dessen Willen und Absicht man nicht kennt und das nach einem undurchschaubaren Plan belohnt und bestraft, gibt und nimmt. Diese Deutung ist unter Verhaltensbiologen und Lerntheoretikern umstritten. Klar ist aber, dass jemand, der fest an einen solchen – aus unserer Sicht völlig zufälligen – Wirkzusammenhang glaubt, erst recht felsenfest an die Wirkung seines Verhaltens glaubt, wenn – aus unserer Sicht wiederum zufällig – Reaktion und erwünschtes Ereignis irgendwann doch zusammentreffen. Es ist gerade die Seltenheit des Zusammentreffens, die das Verhalten so hartnäckig verankert. Seltene große Belohnungen verändern unser Verhalten am stärksten, für sie strengen wir uns am meisten an!
     

KAPITEL 11
     
Motivation und Gehirn
     
     
    »Motivation« und »Selbstmotivation« gehören zu den beliebtesten Begriffen und die Frage »Wie motiviere ich meine Mitarbeiter (oder Schüler)?« zu den meistgestellten Fragen im Bereich Persönlichkeitsführung und Erziehung. Um etwas Bestimmtes zu tun, braucht man – so heißt es – Motivation, und ohne Motivation läuft nichts. Man sagt, dass Motive Handlungsabsichten und Handlungen »antreiben« (das besagt auch die lateinische Herkunft des Wortes). Das stimmt nicht ganz, denn ich brauche zum Beispiel keine Motivation für hoch automatisierte Bewegungen wie das Ergreifen eines Glases oder das Einlegen des Ganges beim Autofahren. Ähnliches gilt für tief eingegrabene Gewohnheiten. Die Erklärung hierfür ist, dass solche hoch automatisierten Abläufe und Gewohnheiten ihren Antrieb sozusagen »eingebaut« haben. Deshalb sagt man »Dies ist ihm zur lieben (!) Gewohnheit geworden«.
    Motive – so können wir sagen – sind psychische Antriebszustände für Dinge, die nicht selbstverständlich ablaufen, sondern eine bestimmte Schwelle bzw. bestimmte Widerstände überwinden müssen. Je höher die Widerstände, desto stärker muss die Motivation zu einer bestimmten Handlung sein. Was aber treibt uns da an?
    Die Antwort der Motivationspsychologie lautet seit jeher: Menschen streben danach, solche Ereignisse herbeizuführen, die positive Gefühlszustände anregen, und solche zu vermeiden, die zu negativen Gefühlszuständen führen (vgl. Weiner, 1994; Kuhl, 2001; Puca und Langens, 2005). Dies nennt man in der Motivationspsychologie »Affektoptimierung«. Man will damit ausdrücken, dass jeder danach strebt, dass es ihm unter den gegebenen Umständen maximal gut geht, er Freude und Lust erlebt, Spaß hat, gut drauf ist, optimistisch in die Zukunft sieht usw. Dies bedeutet in aller Regel gleichzeitig, dass er versucht, Schmerzen zu vermeiden, nicht furchtsam, ängstlich, depressiv, verzweifelt oder traurig zu sein. Anders ausgedrückt heißt dies Appetenz (Streben nach Positivem) und Aversion (Vermeiden von Negativem).
    Nun ist eine solche Feststellung einerseits (fast) trivial, denn wer strebt nicht nach Spaß und Freude, und wer versucht nicht, Schmerz und Trauer zu vermeiden! Ist also die Grundaussage hinsichtlich Appetenz und Aversion eine zirkuläre Definition in dem Sinne, dass ich sage: Menschen streben nach positiven Gefühlen – und positive Gefühle sind das, wonach Menschen streben?
    Die Gefahr der zirkulären Definition ist bei der Beschreibung psychischer Phänomene, die man ja nicht direkt beobachten kann, groß und hat

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