Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten
Emotionszustand von Personen schließen. Hinzu kommen körperliche Signale, die über das vegetative (d. h. das sympathische und parasympathische) Nervensystem ausgelöst werden. Hierzu gehören eine Erhöhung von Herzschlag und Atemfrequenz, das Zittern der Hände, ein trockener Mund, die Erhöhung der Hautleitfähigkeit aufgrund einer erhöhten Schweißabsonderung und die Steigerung der Schreckhaftigkeit bei Zuständen der Aufregung und der Furcht. Es ist praktisch unmöglich, dass eine Person im Zustand der Aufregung und Furcht ist und gleichzeitig diese Symptome nicht zeigt.
Einher geht dies alles mit einer Erhöhung der Aktivität der Amygdala, aber auch des präfrontalen Cortex. Bei freudiger Erregung, Belohnungserwartung und risikobedingtem »Nervenkitzel« kommt es – wie erwähnt – zu einem erhöhten Dopaminausstoß, etwa wenn es in einem Gewinnspiel um hohe und riskante Einsätze geht, die dann auch mit hohen Gewinnerwartungen verbunden sind. Man kann diesen Dopaminausstoß sogar registrieren, bevor einige hundert Millisekunden später
der Spieler weiß, wie er sich entscheiden wird. Das ventrale tegmentale Areal signalisiert in diesem Fall über die ventrale Schleife der Großhirnrinde »riskiere was!«
Das Grundprinzip der Entstehung von Motiven besteht also darin, dass bestimmte Ereignisse in der Umwelt oder im eigenen Körper durch Zentren des limbischen Systems, vornehmlich der Amygdala und des mesolimbischen Systems, registriert werden, die ihrerseits auf verhaltenssteuernde Zentren einwirken. Es ist aber nicht eigentlich das Erleben von Lust und Unlust bzw. der Vermeidung von Unlust, sondern vielmehr das Streben nach Lustzuständen und nach Unlustvermeidung und -beendigung; die Vorstellung davon ist es, was uns vorantreibt, motiviert . Die Erfahrung von Lust und Unlustvermeidung bedeutet nämlich nicht automatisch, dass man nach einer Wiederholung dieser Erfahrung strebt. Dem entspricht die Tatsache, dass es im Gehirn zumindest für positive Geschehnisse zwei ganz unterschiedliche Systeme gibt, nämlich ein System, das den Belohnungswert bzw. den Lustgewinn eines Ereignisses registriert, und ein anderes, das dieses Ereignis erstrebenswert macht. Das überrascht, denn man könnte glauben, dass dies miteinander identisch sei.
Entdeckt hat man diesen Unterschied bei der Untersuchung der Wirkung von Dopamin (vgl. Berridge, 2007). Von diesem Stoff nahm man nämlich lange Zeit an, er sei wie die hirneigenen Opiate ein »Glücksstoff«. Ausgedehnte Untersuchungen der letzten Jahre haben aber etwas ganz anderes gezeigt, nämlich dass Dopamin im ventralen tegmentalen Areal dann ausgeschüttet wird, wenn Tiere und Menschen eine Belohnung erwarten , oder wenn Objekte oder Ereignisse gezeigt werden, die an eine Belohnungssituation erinnern, nicht aber oder nicht wesentlich, wenn ein lustvolles Ereignis eintritt . Die gegenwärtige Deutung lautet entsprechend, dass die Ausschüttung von Dopamin über das mesolimbische System entweder den Belohnungswert eines Objektes oder Ereignisses anzeigt, der dann aktivierend auf das Handlungssteuerungs-System einwirkt, oder dass Dopamin das Handlungssystem direkt antreibt, etwas zu tun, was eine Belohnung verspricht. In jedem Fall sind dopaminerge Neurone im mesolimbischen System immer nur vorübergehend (»phasisch«) aktiv, wenn ein Belohnung versprechendes Objekt noch relativ neu ist. Lustvolle Objekte und Ereignisse, die bekannt sind, rufen hingegen keine phasische Aktivität dopaminerger Neurone hervor.
Dies stimmt mit der Tatsache überein, dass ein erhöhter Ausstoß von Dopamin generell mit psychischer Aktivierung und Neugier verbunden ist, also mit der Aufforderung »probier es doch mal aus!«. Man spricht nicht umsonst vom »Reiz des Neuen«, als auch davon, dass jedes lustvolle Ereignis mit seiner Wiederholung »an Reiz verliert«, weil dieser Reiz des Neuen nachlässt. Es ist generell die große Erwartung der Belohnung, die den – hoffentlich – sich anschließenden Genuss steigert, aber die Erwartung verliert ihre genusssteigernde Wirkung mit dem Grad der Sicherheit des Eintretens der Belohnung. Die Trennung von Belohnungserwartung und tatsächlicher Belohnung ist auch dafür verantwortlich, dass uns manche Dinge in unserem Leben, an die wir große Erwartungen geknüpft haben, in ihrer Belohnungsintensität enttäuschen, wenn sie dann endlich eingetreten sind (»Weihnachten ist auch nicht mehr das, was es einmal früher war!«). Diese Enttäuschung ist
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