Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten
und muss möglichst genau festlegen, was wann und wie zur Realisierung des Planes nötig ist. Falls es sich nicht um stark automatisierte Abläufe handelt, tritt der Wille auf den Plan. Er sorgt zum einen durch Fokussierung dafür, dass eine klare Zielvorstellung herrscht und konkurrierende Pläne und Realisierungsmöglichkeiten ausgeblendet werden. Ebenso sorgt er durch Energetisierung dafür, dass bestehende Hindernisse beurteilt und als bewältigbar eingestuft werden, sonst erlahmt der Wille, man wird entmutigt . Diese dritte Phase endet im Willensruck , der das Startsignal für den Handlungsbeginn gibt. Dieser Willensruck (sofern er auftritt) fällt mit dem Augenblick zusammen, in dem die Basalganglien über das Dopaminsignal eine bestimmte Handlung frei schalten und dieses Ereignis über den Thalamus in den Cortex gelangt und dort bewusst wird.
Das limbische System hat bei dem ganzen Ablauf das »erste und das letzte Wort«: Das erste Wort beim Entstehen der Wünsche und Pläne, und das letzte bei der Entscheidung darüber, ob das, was an Handlungsabsichten gereift ist, tatsächlich jetzt und so und nicht anders getan werden soll. Natürlich redet das limbische System auch zwischendurch mit, aber hier kommt ebenfalls der rationale Verstand zu Wort, der vorher und nachher schweigt und dann erst wieder bei der Bewertung der Konsequenzen des Handelns spricht.
Zusammengefasst erkennen wir, dass es viele bewusste und unbewusste Instanzen sind, die bei der handlungsvorbereitenden Entscheidung mitwirken. Auf der Ebene des Bewusstseins sind dies die zahlreichen Ich-Zustände (das rationale, das emotionale, das egoistische, das soziale Ich) und auf unbewusster Ebene die Amygdala, das mesolimbische System und die Basalganglien mit ihren vielen Untereinheiten. Es liegt also ein multi-zentrisches Netzwerk vor, in dem niemand allein das Kommando hat, sondern in dem die Instanzen mit ihren jeweiligen Argumenten in einen Wettbewerb mit teilweise ungewissem Ausgang treten. Das Bemerkenswerte daran ist die Tatsache, dass unser Bewusstsein – wenn erst einmal eine Entscheidung gefallen ist – sich diese Entscheidung selbst zuschreibt, so als gäbe es nur diese eine Instanz. Das ist eine sehr praktische Illusion, denn wahrscheinlich würden wir psychisch die Wahrheit gar nicht ertragen, dass wir eigentlich aus vielen Instanzen bestehen.
Eine Grundbedingung muss beachtet werden, nämlich dass dasjenige, was schließlich getan wird, im Einklang mit dem emotionalen Erfahrungsgedächtnis steht. Dies ist der Grund dafür, dass diese Instanz das erste und das letzte Wort hat. Wir müssen nämlich mit unseren Handlungsentscheidungen leben können. Was wir tun, muss im Lichte unserer bewussten und insbesondere unbewussten Lebenserfahrung plausibel und gerechtfertigt erscheinen. Dies entspricht der Übereinstimmung unbewusster Motive und bewusster Ziele. Können wir dies auf Dauer nicht, so werden wir psychisch krank.
KAPITEL 8
Welches ist die beste Entscheidungsstrategie?
Wir haben im fünften Kapitel von dem in der Ökonomie und in den Sozialwissenschaften seit langer Zeit dominierenden Modell des »rationalen Entscheidens« (»rational choice«) und seinen Unzulänglichkeiten gehört. Diese Unzulänglichkeiten betreffen folgenden Punkte: Erstens kann der menschliche Verstand komplizierte Entscheidungssituationen allein schon aus Gründen der Komplexität, der mangelnden Kenntnis von Anfangs- und Randbedingungen und wegen der Begrenztheit der Berechenbarkeit gar nicht bewältigen. So viel man auch zu berechnen versucht, es bleiben unvermeidlich weite Bereiche, in denen Abschätzungen und Vermutungen angestellt werden müssen. Damit wird auch Vorurteilen Tür und Tor geöffnet, obwohl man das Gegenteil, nämlich Objektivität beabsichtigte und meist auch noch vorgibt.
Dies ist besonders deutlich bei den rituellen Veröffentlichungen von Prognosen zur Wirtschaftsentwicklung und bei deren anschließenden und höchst peinlichen mehrfachen Korrekturen. Das Peinliche daran ist nicht das Versagen der Modelle, denn die Komplexität des Geschehens ist tatsächlich außerordentlich groß, sondern die Tatsache, dass man mit dem hohen Anspruch an Wissenschaftlichkeit um Zehntel von Prozenten der Wachstumsrate streitet, wo es in der Realität um Abweichungen in ganzen Prozentpunkten geht. Dies kann zu durchaus folgenschweren wirtschaftspolitischen Fehlmaßnahmen führen – oder auch nur zu einer selbstverstärkenden negativen
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