Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten
bleibend glücklicher und das Miterleben von Katastrophen bleibend unglücklicher machen, aber das geschieht nur bei wenigen Personen. Es ist natürlich nicht so, dass die große Mehrheit der Menschen von solchen aufwühlenden Ereignissen verschont bliebe, aber sie stecken diese eben einfach besser weg.
In dieselbe Richtung zielen die Ergebnisse von Längsschnittuntersuchungen von Asendorpf (vgl. Asendorpf, 2004). Hierbei wurden unter anderem junge Menschen vor und nach dem Übergang von der Schule zur Universität auf Veränderungen in ihrer Persönlichkeit, ihren »big five«, untersucht. Wenn man – wie allgemein üblich – annimmt, dass die Persönlichkeit des Menschen in hohem Maße von den aktuellen Umwelteinflüssen geformt wird, dann könnte man erwarten, dass ein derart wichtiger Schritt im Leben eines jungen Erwachsenen mit stärkeren Veränderungen in der Persönlichkeit der untersuchten Individuen verbunden ist. Dies war aber nicht der Fall: Die zum Teil stark veränderten Lebensbedingungen (neues berufliches Umfeld, neuer Freundeskreis, neue Liebesbeziehungen, Heirat, Nachwuchs) hatten keinen merklichen Einfluss auf die Persönlichkeit. Dies wurde auch durch eine nachfolgende Längsschnittstudie an Erwachsenen in einem etwas höheren Alter (Schnitt 28,6 Jahre) bestätigt. Die Einsicht hieraus lautet wieder einmal, dass sich Persönlichkeit in früher Kindheit in den Grundzügen stabilisiert und zunehmend immun gegen Umwelteinflüsse wird. Menschen – so Asendorpf – suchen sich eher diejenigen Umwelten und Lebensbedingungen, die zu ihnen passen, anstatt sich der Umwelt aktiv anzupassen.
Bereiche der Veränderbarkeit des Menschen
Wie sieht die Veränderbarkeit des Menschen aus Sicht der Neurobiologie aus? Hierbei können wir drei Bereiche unterscheiden, die jeweils mit drei unterschiedlichen Typen des Lernens und der Gedächtnisbildung einhergehen, nämlich erstens motorisches oder prozedurales Lernen, zweitens kognitiv-intellektuelles bzw. deklaratives Lernen und drittens emotionales Lernen.
Beim motorisch-prozeduralen Lernen, d. h. dem Erwerb von Bewegungsweisen und Fertigkeiten, sind Kinder natürlich sehr gut, aber wir können bis ins spätere Erwachsenenalter, auch noch als Siebzigjährige, gut bestimmte Bewegungsabläufe erlernen. Hierbei ist der Übungseffekt sehr wichtig: Menschen, die ein Leben lang körperlich aktiv waren und bestimmte Fertigkeiten kontinuierlich trainiert haben, zeigen entsprechende Leistungen noch mit siebzig oder mehr Jahren – man denke nur an ältere Hochleistungssportler oder weltberühmte Klavierspieler. Letztere wie etwa Wladimir Horowitz können zum Teil mit achtzig oder mehr Jahren fantastische feinmotorische Leistungen vollbringen. Bekannt ist, dass sich beim Erwerb und der jahrelangen Ausübung motorischer Fertigkeiten noch nach zehn Jahren deutliche Übungseffekte und damit Verbesserungen einstellen. Das bedeutet, dass man auch als älterer Erwachsener bei einer manuellen Tätigkeit immer noch (wenngleich geringfügig) besser werden kann, wenn man nur ständig übt. Ebenso gibt es für motorische Fertigkeiten, die einmal intensiv eingeübt wurden, wie Fahrradfahren, Schlittschuhlaufen und Klavierspielen, kaum ein Vergessen. Es passiert häufig, dass jemand über Jahrzehnte nicht mehr Schlittschuh gelaufen ist oder Klavier gespielt hat und, sobald er es wieder tut, völlig überrascht merkt, dass er/sie es »noch ganz gut kann«.
Im Bereich des kognitiv-intellektuellen Lernens sieht dies nicht ganz so günstig aus. Hierbei müssen wir allerdings zwischen der Fähigkeit, Dinge schnell zu verarbeiten, und dem Erwerb von Wissen unterscheiden. Letzteres nimmt bis zu einem Alter von 80 bis 85 Jahren kaum ab (vgl. dazu Neubauer und Stern, 2007). Der geistig Geübte arbeitet sich auch in höherem Alter mit Erfolg in neue Sachverhalte ein, er kann beispielsweise eine neue Fremdsprache lernen. Mögliche Defizite werden durch die Anschlussfähigkeit neuen Wissens an das vorhandene Wissen und durch die Kenntnis darüber kompensiert, wie man individuell am besten lernt. Anders sieht es bei der »fluiden Intelligenz« aus, der geistigen Beweglichkeit, die vornehmlich an das Arbeitsgedächtnis gebunden ist. Dessen Leistungsfähigkeit nimmt bereits nach dem 20. Lebensjahr ab, auch wenn insgesamt unsere geistigen Kräfte zwischen 30 und 40 Jahren ihren Höhepunkt erreichen. Der über Vierzigjährige merkt langsam, dass er nicht mehr alles so schnell kapiert wie
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