Perth
herumzusitzen und stundenlang nichts zu tun. Es war die schlimmste Bestrafung für sie. Am Ende der drei Wochen war Alistairs Hand soweit verheilt, dass er wieder arbeiten konnte. Er war mir sehr dankbar. Nach drei Monaten war seine Hand wieder völlig hergestellt. Abgesehen von den Narben, die immer mehr verschwanden, konnte man von Perths Angriff nichts mehr erkennen. Stella blieb kühl und distanziert. Sie nahm ihre Freundschaft mit uns nie wieder auf. Keiner der beiden wollte Perth jemals wieder sehen.
Kapitel 20
N ach diesem Debakel waren wir auf unserer Suche nach einem Zuhause für Perth für neun Monate keinen Schritt weiter. Ende August würden wir fort sein, und die Zeit wurde knapp. Eine Familie kam nun nicht mehr infrage. Uns blieb nichts übrig, als eine Hundepension zu finden. Aber dieses Mal hatten wir Glück. Die Lösung für unser Problem wurde uns auf einem silbernen Tablett präsentiert. Unsere Wahl musste logischerweise auf Barbara Stapeley fallen, die nicht nur wunderschöne wilde Kühe hatte, sondern auch eine kleine Hundepension namens Bury Hollow Kennels auf ihrer Farm betrieb, die nur zweihundert Meter vom Ende unseres Gartens entfernt lag.
Barbara Stapeley war eine jener unvergesslichen Persönlichkeiten, über die hin und wieder in Zeitschriften berichtet wird. Sie war über siebzig und sehr robust. Sie war eine große rundliche Frau mit einem geröteten runden Gesicht und kurzen grauen Haaren, die immer zerzaust waren, so als wäre sie gerade aus einem heftigen Sturm gekommen. Ich kann mich nicht erinnern, sie jemals elegant gekleidet gesehen zu haben. Egal, wo sie hinging, sie trug immer einfache Hemden und Latzhosen, Jeans oder Jeansoveralls. Jahrzehntelang hatte sie in Bury glatthaarige Foxterrier und Retriever mit krausem Fell gezüchtet, für die sie in der ganzen Welt bekannt war. Sie hatte einen Preis nach dem anderen bei der renommierten Crufts Dog Show gewonnen, einer Hundeausstellung, die jährlich in London stattfindet. Sie war äußerst gebildet und intelligent, redete nicht lang um den heißen Brei herum und sagte klar und deutlich ihre Meinung.
Die Leute waren immer wieder überrascht, wie ruppig sie sein konnte. Die Fahrer des Unternehmens, das seit fünfzig Jahren die Milch bei ihr abholte und zur Molkerei brachte, sagten ihr eines Tages, dass ihre Zufahrt zu eng für die Laster sei. Die Laster waren weder breiter geworden noch die Zufahrt schmaler, aber aus irgendeinem Grund hatten die Fahrer das Gefühl, dass sie mehr Platz benötigten. Sie weigerte sich, die Zufahrt zu verändern. Daraufhin informierte das Unternehmen sie, dass ihre Milch nicht länger abgeholt werden konnte. Mit einer lässigen Handbewegung sagte sie »dann eben nicht«, verkaufte ihre Kühe und gab die Milchwirtschaft komplett auf. Anstatt sich mit nervtötenden Verwaltern rumzuärgern, deren arrogante Vorstellung von modernen und praktischen Methoden ihr ohnehin auf die Nerven ging und die sie als Bedrohung für die alten ländlichen Arbeitsweisen und Werte empfand, sagte sie »zum Teufel mit ihnen« und konzentrierte sich auf ihre Hundepension. Einige ihrer Lieblingskühe behielt sie aus Nostalgie.
Eines Nachts im November gelang es einer dieser Kühe, durch den Zaun auf die angrenzende abfallende Weide zwischen ihrem und unserem Cottage zu gelangen. Barbara wurde durch ihre Hunde geweckt und suchte das Tier im Mondschein. Die Kuh hatte sich einen Weg durch einen weiteren Zaun am oberen Ende der Weide gebahnt und stand nun vor Angst gelähmt zwischen dem Zaun und dem Rand des Sandsteinfelsens zehn Meter oberhalb der Niederung. Barbara konnte sie nicht dazu bringen, sich zu bewegen, also klopfte sie, nein, sie hämmerte um Mitternacht gegen unsere Hintertür und bat mich, ihr zu helfen. Ich ging mit Perth hinaus, die das ihrige dazu beitrug, die Kuh dazu zu bringen, sich vom Fleck zu bewegen, indem sie sie wild anheulte. Wir drei mühten uns eine geschlagene Stunde im kalten Novembermondlicht ab, bis es uns endlich gelang, die Kuh in Sicherheit zu bringen. So war Barbara nun mal. Sie legte nie Wert auf Förmlichkeiten und verschwendete keine Zeit mit unnötigen Floskeln.
Viele Leute fühlten sich durch ihre Ruppigkeit und Ehrlichkeit verletzt. Wir liebten ihr großes mitfühlendes Herz. Und sie verstand Hunde besser als irgendjemand, den ich sonst kenne. Sie verstand Perths exzentrisches Verhalten ab dem Moment, in dem wir ins Dorf zogen. Sie erkannte ihren unbeugsamen Willen und ihre
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