Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
dunkler Schatten löste sich aus dem Körper des toten Vampirs, wabernd und mit undurchdringlichen Schlieren durchzogen, in denen es golden glänzte und rötlich schimmerte, floss auf Rebekka zu und in sie hinein. Dann löste sich der Körper von George Drake, von Georgios Santos, dem Vampir, vom Heiligen George in Asche auf. Nur Staub blieb, und der verwehte so, wie die von Melissa de Ville.
Aber mit dem Schatten kamen Erinnerungen, Gedanken, Wünsche und Hoffnungen, die nicht die ihren waren. Alle möglichen Gedanken spukten ihr durch ihren schmerzenden Kopf, zuckten in ihrem Bewusstsein und breiteten sich wie Echos in ihrem Denken aus. Ihr Körper schien in Flammen zu stehen und zugleich zu erfrieren und dann erhielt sie einen Schlag, als habe ein gewaltiger Hammer sie getroffen.
Rebekka flog halb über den Platz und überschlug sich im aufgetürmten Schnee.
„Was ist mit Euch?“, rief von Steinborn schwach.
Rebekka lag auf dem Rücken und keuchte vor Anstrengung. Die Adern an ihrer Stirn schwollen zu dicken Schläuchen an und sie zitterte heftig. Tausend Gedanken in ihrem Kopf und keine Rettung vor ihnen! Rebekka hatte Mühe, sich zu konzentrieren und dann fühlte sie George. Seine Gedanken, was er gedacht hatte und wie er gefühlt hatte und die Tiefe der Gefühle waren überwältigend. Endlich hatte sie einen Anker! George! Er war noch irgendwo hier drinnen, bei ihr! Sie konzentrierte sich auf ihn, auf George, den Drachentöter! Und endlich gelang es ihr, die anderen zurückzudrängen. Sie öffnete die Augen und atmete tief durch. Der Schmerz ebbte ab und wurde erträglicher.
„Ich werde immer in deiner Nähe sein, Liebste!“, flüsterten Georges Gedanken in ihrem Hirn. „So nahe, wie niemand sonst!“
Rebekka taumelte auf ihre Füße. Sie atmete ein paar Mal tief durch. Damit musste sie erst einmal fertig werden!
Sie fühlte sich, als sei sie unter ein Fuhrwerk geraten und gleichzeitig so stark wie nie zuvor. Ihre Kraft war größer, das spürte sie, als sie von Steinborn auf die Füße half. Sie fühlte sich zerschlagen, hätte den Mann aber ohne Anstrengung forttragen können, wäre das nötig gewesen. Der Drache breitete sich in ihr aus.
Sie stützte den Freiherrn, und mit ihrer Hilfe humpelte er vom Schlachtfeld. Nach wenigen Schritten hatte der Sturm ihre Fußabdrücke verweht und der Platz lag leer und verlassen und nur der eingedrückte Eingang des Hauptzollamtes zeugte davon, dass hier ein Kampf stattgefunden hatte.
Epilog
Rebekka stand am Ufer der Themse und wartete auf das Boot, das sie übersetzen würde. Der schmutzige Schnee neben den Straßen begann abzutauen. Ein klarer Himmel stand über ihr, den nur einige kleine weiße Wolken zierten. Nach Monaten schien die Sonne wieder und zauberte selbst dem verdrossensten Kutscher ein Lächeln auf die Lippen.
Rebekka strich ihr schwarzes Samtkleid glatt und blickte auf den Fluss hinaus. Ihr Haar flatterte in einer leichten Brise und gab ihr trotz der eleganten Kleidung einen verwegenen Anstrich. Sie war nun unsterblich. Alles würde sich ändern …
Würde? Hatte sich nicht schon alles geändert, seit ihre Schwester gestorben war? War nicht ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt worden?
Freiherr von Steinborn hatte ihr angeboten, mit ihm auf sein Gut zu kommen, bis der Prozess der Umwandlung beendet sein würde. Aus den Trümmern von Georges Wohnung hatten sie genug Geld für die Rückfahrt nach Deutschland geholt und um eine ganze Weile in Ruhe abwarten zu können.
Was hatte sie Besseres zu tun? Sie hatte das Angebot gern angenommen.
Noch war die Umwandlung nicht abgeschlossen. Sie sprach in ihren Gedanken oft mit George, und der hatte sie über diverse Verstecke unterrichtet, die er eingerichtet hatte.
Sie kannte seine Tarnungen als Navigator oder reisender Wissenschaftler und sie wusste, auf welchen Konten George sein Geld eingezahlt hatte. Sie würde nicht unvermögend dastehen und könnte sich sogar einen gewissen Luxus leisten, aber danach stand Rebekka der Sinne in keiner Weise. Sie hatte Angst.
Sie würde fürs Erste besser die Abgeschiedenheit suchen, denn die Umwandlung hatte Konsequenzen. Unabwendbare Konsequenzen. Und Rebekka hatte vor ihnen eine unsägliche Furcht. Eines Tages würde es soweit sein. Eines Tages würde sie die Konsequenz tragen müssen, die es mit sich brachte, ein Vampir zu sein.
Sie würde Blut trinken müssen oder der Drache würde durchbrechen.
Sie fürchtete sich vor diesem Tag, wie vor noch
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