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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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Weise, wie er das Brot brach, als sei er, gottverlassen wie er war, sich bewusst, dass er das letzte Abendmahl parodierte.
    »Ich werde das Brot nicht mit Euch brechen«, sagte ich.
    Er zuckte erneut mit den Schultern, verstaute den zurückgewiesenen Teil sorgfältig in seinem Bündel und verspeiste den anderen geräuschvoll, mit lautem behaglichem Schmatzen, während wir weitergingen.
    Es war, als sei ich mitten in einem Albtraum aufgewacht und schritte nun durch ein Gleichnis. Als wir uns der Pestgrube näherten, schien die aufgehende Sonne blasser und schwächer zu werden, die Häuser wurden zu Bruchbuden und die Bruchbuden zu Brachland, auf dem nichts wuchs. Eaton erblickte einen Karren neben der Grube und bog vom Weg auf den Pfad ab, der zur Grube führte. Als ich ihm nicht folgte, rief er mich zurück. Brot und Bier hatten ihn in großartige Stimmung versetzt.
    »Wollt Ihr nicht sehen, wovor Ihr gerettet wurdet, Mylord?«
    Ich zögerte. Ich verspürte den Drang, davonzulaufen, aber meine Beine schienen sich in Wasser verwandelt zu haben. Eaton erreichte den rohen, mit groben roten Kreuzen beschmierten Zaun. Der Wind trug den beißenden Kalkgeruch zu mir, doch er genügte nicht, um den darunterliegenden Gestank nach Fäulnis und Verwesung zu überdecken oder die Fliegen fernzuhalten, die den Kopf des Karrenlenkers umschwirrten, als er mehr Kalk nachlegte. Er zog seine Mütze.
    »Mr Eaton! Habt Ihr etwas für mich?«
    Eaton blickte lauernd zu mir zurück. »Heute nicht, Bryson. Bisschen spät im Jahr.«
    Bryson stimmte zu und erklärte, dass es ein schlechtes Jahr gewesen sei, aber langsam würde es besser. Fieber breitete sich unter den Truppen aus, und er habe ordentlich zu tun, um sie zu beerdigen. Er ziehe nach Norden, noch hinter Highpoint, wo die beiden Armeen einander umkreisten.
    »Sie sollten lieber anfangen, solange sie noch ein paar Männer übrig haben«, witzelte er.
    Ihre Unterhaltung verursachte mir Übelkeit, doch zur gleichen Zeit empfand ich eine ungeheure, prickelnde Erregung, weil dieser edle Streit, jener Zusammenstoß, der Englands Schicksal besiegeln würde, kurz bevorstand. Ich beschloss, dabei zu sein und mich hervorzutun oder zu sterben. Wenn ich überlebte, könnte ich das großartigste Flugblatt über den Krieg schreiben, das je gedruckt worden war! Von diesen Überlegungen angefeuert, wandte ich mich von ihnen ab und eilte davon. Als das Grün wieder spross, hinter diesem Leichengrund, erblickte ich das Gasthaus, in dessen Stall wir unsere Pferde untergestellt hatten. Ich hatte keine Ahnung, wo Chipping Norton lag, wo ich Will treffen sollte, doch Gott würde mir den rechten Weg weisen.
    Ich hörte Eaton hinter mir hereilen und beschleunigte meine Schritte. »Tom … was ist los?«
    In seiner Stimme schwang etwas mit, das ich nie zuvor darin gehört hatte: Besorgnis. Aber ich wusste, dass sie ebenso trügerisch war wie eine Falschmünze. Ich blieb so abrupt stehen, dass er fast in mich hineinrannte, und drehte mich zu ihm um. »Ich habe Euch gesehen, wie Ihr letzte Nacht zum Stonehouse Arms gegangen seid.«
    Zu meinem Erstaunen lachte er und gab es bereitwillig zu. In seinem Lachen lag sogar ein Hauch von Erleichterung. »Wusste ich’s doch, dass mir jemand folgte. Ist das alles?«
    »Alles? Ihr seid in ein Gasthaus gegangen, in dem die Brüder Stonehouse und Captain Gardiner übernachteten!«
    »Ich verstehe.« Er ging ein paar Schritte in tiefes, eindringliches Schweigen versunken. »Und Ihr glaubt, ich würde Euch eine Falle stellen, ist es nicht so?«
    »Was soll ich sonst glauben?«
    »Ja, was solltet Ihr sonst glauben? Ihr könnt genauso wenig vertrauen wie ich, Tom, und nichtsdestoweniger mag ich Euch dafür.« Inzwischen hatten wir das Gasthaus erreicht, und er deutete auf die Bank davor, doch ich setzte mich nicht. »Habt Ihr mich das Gasthaus betreten sehen?«
    Ich musste zugeben, dass ich das nicht hatte.
    »Oder mich mit Richard Stonehouse oder Gardiner sprechen sehen?«
    »Nein.«
    Er erklärte mir, dass er bei den Ställen gewesen war, um Lord Stonehouse’ Spion über Richards nächste Schritte auszuhorchen, damit wir ihnen nicht über den Weg liefen.
    »Warum habt Ihr mir nicht gesagt, dass Ihr dorthin geht?«
    »Ihr habt geschlafen. Und ich wusste, dass Ihr so reagieren würdet.« Unvermittelt sprach er mit seinem alten Ungestüm, seine barsche Stimme triefte vor Verachtung, doch ob es mir galt oder vielleicht ihm selbst oder dem Leben im Allgemeinen, erfuhr ich

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