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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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die ich fragte, schüttelten den Kopf. Ein Betrunkener war überzeugt, ihn zu kennen, aber dann widersprach er sich ständig – am Hauptplatz müsst Ihr links gehen, nein rechts, und wenn Ihr an die Stelle kommt, wie war noch gleich der Name des Gasthofs? –, so dass ich ihn verzweifelt stehen ließ. Er folgte mir und schimpfte laut, er wüsste genau, wo es sei. In meiner Verzweiflung beschloss ich schließlich, Bündel hin oder her, die Stadt zu verlassen. Doch genau in diesem Moment erkannte ich den zerfallenen Anleger vor einem Haus wieder. Das Gasthaus befand sich eine Straße weiter.
    Dort angekommen, schnappte ich mir mein Bündel und holte mein Geldsäckchen aus der Spalte zwischen den Balken, wo ich es versteckt hatte. Ich stopfte es gerade in meine Tasche, als ich hörte, wie die Haustür zugeknallt wurde und Eaton den Wirt grüßte.
    Ich holte mein Messer heraus, zog die Bettdecke über mich und gab vor zu schlafen. Als er den Raum betrat, hörte er auf zu pfeifen, und ich zwang mich, regelmäßig zu atmen. Als er sich über mich beugte, roch ich seinen Bieratem, und ich packte mein Messer fester. Irgendetwas, eine Wanze oder Laus, begann mein Bein heraufzukrabbeln, aber ich wagte nicht, mich zu rühren. Zumindest, dachte ich, würde er mich nicht töten. Er brauchte mich, um den Anhänger von Matthew zu bekommen.
    Seine Stiefel fielen einer nach dem anderen zu Boden, und wie üblich war er auf der Stelle eingeschlafen. Doch jedes Mal, wenn ich mich erhob, knackten die alten Holzdielen, und ich spürte seinen Blick auf mir. In jener Nacht hatte ich das Gefühl, gar nicht zu schlafen. Gleichwohl erwachte ich, als sich das schwache Licht der Morgendämmerung durchs Fenster stahl und Eaton, bereits in Stiefeln, sein Bündel über die Schulter geworfen, neben mir stand.
    Die Decke war zur Seite gerutscht. Er blickte auf das Messer, das immer noch neben meiner Hand lag. »Ihr geht wohl kein Risiko ein.«
    Noch im Halbschlaf, wusste ich nicht, ob er wirklich vor mir stand oder eine Gestalt aus einem Albtraum war. Ich riss das Messer hoch. Es blieb in seinem Umhang hängen, und mit einem verärgerten Aufschrei packte er mein Handgelenk und nahm mir das Messer ab. »Seht Euch meinem Umhang an!«
    Ich hätte es auf der Stelle mit ihm ausgetragen, aber er hatte mein Messer, das er sich jetzt in den Gürtel steckte. Missmutig starrte ich zu ihm empor.
    »Was ist los, Tom?«
    Ich tat, als sei ich zu verschlafen für eine Antwort. Ich konnte ebenso durchtrieben sein wie er. Wenn ich zu meinem Pferd gelangen könnte, hätte ich eine Chance zu entkommen. Er schlug vor, auf dem Weg zu den Pferden bei einem Bäcker, den er kannte, etwas zu essen zu kaufen. Ich hob mein Bündel auf, spritzte mir im Hof etwas Wasser ins Gesicht und folgte ihm durch die ruhigen Straßen. Bislang war stets ich derjenige gewesen, der randvoll mit Geplapper und Fragen gewesen war, in dem Versuch, sein grimmiges Schweigen zu durchbrechen; nun bombardierte er mich umgekehrt mit Fragen. War ich krank? Hatte er mich auf irgendeine Weise verärgert? Ich verharrte in mürrischem, einsilbigem Schweigen, das seinem in nichts nachstand. Zunächst war das gar nicht so schwer, denn der Schlaf hing immer noch an mir. In den Gassen war es feucht und düster, und in den Straßen hing ein fahles Grau, als seien einige der Wolken über unseren Köpfen zu uns herabgesunken. Die wenigen Menschen, die unterwegs waren, hatten ihre Kragen hochgeklappt und würdigten uns keines Blickes.
    Der einzige Mensch, der unverkennbar wach und vollkommen vergnügt war, war der Bäcker. Ich wollte an der Bäckerei vorbeieilen, eingehüllt in mein Schweigen, doch Eaton ging hinein, um einen Laib Brot und ein kleines Bier zu kaufen. Mürrisch lehnte ich beides ab. Eaton hob eine Augenbraue, denn normalerweise hatte ich einen geradezu beängstigenden Appetit. Er zuckte mit den Schultern und setzte sich auf eine Bank draußen vor der Bäckerei, trank schmatzend sein Bier und erklärte, er könne die nussige Gerste aus Oxfordshire herausschmecken, die ein Bier zum echten Bier mache, anders als unser Londoner Pisswasser.
    Nichts geht über den Duft frisch gebackenen Brotes am Morgen, besonders, wenn man am Abend zuvor nur wenig gegessen hat. Der Brotlaib war so heiß, dass Eaton ihn von einer Hand in die andere warf, als er ihn peinlich gerecht teilte. Der köstliche aufsteigende Duft machte meinen Mund wässrig, und mein Magen zog sich zusammen, doch es war die spöttische Art und

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