Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)
nie. »Nachdem ich Crow getötet hatte und nach allem, was ich über Richard gesagt habe, dass er den Familienbesitz ruinieren würde, glaubt Ihr tatsächlich, dass ich für ihn arbeiten würde?«
»Ja. Wenn Ihr der Ansicht wärt, er würde gewinnen.«
Seine Narbe pochte, als wollte sie sich auf mich stürzen. Dann wandte er sich ab, um die Beherrschung nicht zu verlieren. Er riss einen Stock aus der Hecke und schlug sich damit unablässig an die Seite. »Ich glaubte, ich sei die sonderbarste aller Kreaturen Gottes, weil er mich dem Teufel überlassen hatte, und ich war glücklich damit, denn es war sehr einfach. Die Menschen hatten Angst vor mir, und ich wusste, wer ich war.« Er drehte sich um und richtete den Stock gegen mich. »Aber Euch hat er noch sonderbarer gemacht. Er hat Euch zu dem aufrichtigen Tom Neave gemacht oder wer immer Ihr auch seid. Aufrichtig, aber nicht dumm, eine Kombination, die ich nie zuvor erlebt habe.«
Er schleuderte den Stock fort. »Ihr würdet Euch am liebsten davonmachen, was? Dann werdet Ihr das hier brauchen.«
Er gab mir mein Messer und ging zu den Ställen, wo unsere Pferde bereits gesattelt wurden. Wenn ich aus ihm nicht klug wurde, so wurde ich aus mir selbst kaum klüger. Während er in die Schankstube ging, um die Rechnung zu begleichen, hätte ich einfach entkommen können, doch jetzt war ich nicht willens, mich von ihm zu trennen.
Als er aus dem Gasthaus kam, sagte ich: »Ich war dort, wo Kate Beaumann in London gewohnt hat.«
Er saß auf und hörte aufmerksam zu, als ich ihm berichtete, was die Countess mir erzählt hatte. Er starrte über die braune Landschaft auf die sich windende Straße. »Aha. Sie wird vor uns da sein. Danke.«
Er sagte kein Wort mehr, starrte auf die vor uns liegende Straße und hätte genauso gut allein reiten können, so wenig sprach er mit mir oder nahm mich auch nur zur Kenntnis. Wir ritten über Wiesen und durchquerten einen Fluss, bis wir einen Weg einschlugen, den ich für einen alten Grünen Weg hielt, einen Viehtreck durch das Hügelland. Mir fiel ein, dass der Schiffszimmerer mir erzählt hatte, dass Matthew die Grüne Straße genommen habe, und plötzlich war ich aufgeregt. Genau diesen Weg hoch über dem Hügelland musste er vor vielen Jahren entlanggefahren sein, als er mit dem Anhänger geflohen war. Er war mit geheimnisvollen Steinhaufen und Kreuzen markiert. In der Ferne schien ein in die Kreide geritztes weißes Pferd sich im wirbelnden Nebel mit uns zu bewegen. Eaton deutete mit seiner Peitsche darauf und erklärte, dort begännen die Ländereien von Highpoint.
Wir gelangten in ein von beiden Parteien umkämpftes Gebiet. Gewehrfeuer und Kanonendonner waren zu hören. In dem Tal vor uns wurde eine Burg belagert. Als wir hinabstiegen und uns dem Hauptweg näherten, bog Eaton in ein Wäldchen ab und bedeutete mir, still zu sein. In der Ferne ritt ein Trupp von vielleicht zwanzig Männern, mit dem roten Erkennungszeichen der Cavaliere. Eaton, dessen Augen schärfer waren als meine, sagte, einer von ihnen sei Richard, und trieb mich zur Eile an.
In diesem gottverlassenen Tal kamen wir durch ein Dorf, in dem die Parlamentssoldaten dabei waren, das Blei vom Kirchendach abzuziehen, um Kugeln daraus zu gießen. Sie verlangten von uns, dass wir uns ihrer »Pilgerfahrt« anschlössen, um die Kirche vom Papismus zu befreien. Doch es war eine Sache, Bischöfe zu hassen, eine andere, zuzusehen, wie Bücher, die für mich fast wie lebende Wesen waren, und Kruzifixe in ein Feuer geworfen wurden, um das betrunkene Soldaten tanzten. Wir eilten durch den Kirchhof weiter. Vor einem Grabstein blieb Eaton stehen. Sir Henry Pearce lautete die Inschrift, und auf dem Wappen war eine Wildkatze mit erhobener Tatze zu sehen.
»Das Wappen der Pearces«, sagte er. Er deutete auf die Wildkatze. »Ein angemessenes Symbol für Eure Mutter.«
Er verfiel wieder in sein typisches Schweigen, weigerte sich, mehr zu sagen, außer dass die Pearces von altem Adel waren und dass ihnen vor hundert Jahren der Großteil des Tales gehört hatte, das wir gerade durchritten.
Zurück auf dem Grünen Weg stellte ich schockiert fest, dass Eaton den Soldaten ein paar Pistolen samt Kugeln und Schießpulver gestohlen hatte, während sie feierten. Achselzuckend erklärte er, wir seien zu schlecht ausgerüstet, um Skrupel zu zeigen; wir hätten lediglich die Plünderer ausgeraubt. Das zumindest entsprach der Wahrheit. Im Bündel eines Soldaten hatte ich einen gestohlenen
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