Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)
als er seine Geschichte erzählt hatte, schien sie sich meiner Anwesenheit kaum bewusst zu sein.
Margaret entließ schließlich die Magd, die ihr beim Anziehen half – aus Gründen der Sparsamkeit, wie sie sagte. Eine Zeitlang war ihr jeden Morgen schlecht. Sie ließ jedoch nicht nach dem Arzt schicken, sondern befahl Kate, ein Heilmittel von Matthew zu holen. Es enthielt Mutterkorn, um ein ungewolltes Kind loszuwerden, obwohl Kate zu diesem Zeitpunkt davon nichts wusste.
Margaret wies Kate an, Eaton nach dem Namen eines Pfarrers zu fragen, der heimlich eine Trauung durchführen würde, und behauptete, sie würde für eine Freundin fragen. Glaubte Kate ihr? Es war eher so, dass sie es nicht in Frage stellte. Natürlich war sie naiv, blind für das, was vor sich ging, doch sie lebte in ihrer eigenen abgeschlossenen Welt. Eaton machte ihr einen Heiratsantrag. Sie stellte fest, dass sie etwas für diesen seltsamen, ungeschliffenen Mann empfand. Und ganz bestimmt wollte sie nicht für den Rest ihres Lebens Gesellschafterin bleiben. Sie sagte ihm, sie würde ihm ihre Antwort am folgenden Tag mitteilen.
Der absonderliche Höhepunkt dieser Entwicklung, der die gesamte Situation zuspitzte, war Margarets Erklärung, sie würde Earl Staynton verkaufen. Nach all ihren Beteuerungen, sie würde die Ländereien ihres Vaters wieder aufbauen, ganz zu schweigen davon, dass sie den Besitz der Stonehouse’ übernehmen wollte, war dies eine Überraschung. Aber sie brauchte das Geld. Wofür, sagte sie nicht, doch Kate glaubte, dass sie beabsichtigte, nach London zu fliehen. Es war der frühe Nachmittag des 20. September 1625. Eaton kam auf seinem rotbraunen Wallach vorbeigeritten, um Margaret einen Preis für Earl Staynton zu nennen und um Kates Antwort auf seinen Heiratsantrag zu hören.
Halb glaubte Kate, halb hoffte sie, dass er Margaret raten würde, nicht zu verkaufen. Wo würden sie leben? Welche Gefühle er Kate auch immer entgegenbringen mochte, Eaton konnte seine lebenslange Gewohnheit nicht ablegen, hart und verbissen zu verhandeln. Von der Summe, die er nannte, wurde noch das Geld abgezogen, das Margaret den Stonehouses schuldete, sowie der Lohn für die Arbeit, die Eaton seiner Behauptung nach in das Pearce-Land gesteckt hatte. Schnell war klar, dass nur ein Bruchteil dessen übrig bleiben würde, mit dem Margaret gerechnet hatte. Sie beschuldigte Eaton, sie betrügen zu wollen, und befahl, sie im Karren – ihre Kutsche war zu diesem Zeitpunkt schon längst verkauft – nach Highpoint zu fahren. Kate fühlte sich ebenfalls betrogen und weigerte sich, über eine Heirat zu sprechen. Eaton indes ging nicht, sondern folgte ihr wie ein Hund und sagte, er würde nicht verschwinden, ehe sie ihm geantwortet hätte. Sie kehrte zu ihrer Stickarbeit zurück, aber als sie etwa eine Stunde später das Geräusch einer Kutsche hörte und nach draußen kam, war er immer noch dort. Er schritt auf und ab, den Hut in der einen, die Peitsche in der anderen Hand.
Henry, der Kutscher aus Highpoint, tippte sich an den Hut. »Bitte steigt ein, Ma’am.«
»Warum? Was ist geschehen?«
»Ich weiß nicht, Ma’am, aber ich soll Euch abholen und nach Highpoint bringen.«
Während Henry die Treppe herunterklappte, schlug Eaton mit dem Peitschengriff gegen seine Stiefel. »Ich brauche eine Antwort!«
»Nein!«, schrie sie, als die Kutsche über die mit Schlaglöchern übersäte Auffahrt davonrumpelte. »Nein, nein, nein!«
Kate rief die Worte jetzt so laut, dass die Vögel im Küchengarten erschreckt aufflatterten und zwei Soldaten, die am Rand des Gartens vorbeigingen, stehen blieben und zu uns herüberstarrten. Doch sie schien sich der Männer und mir überhaupt nicht bewusst zu sein. Es war, als befände sie sich wieder vor Angst bebend in der schaukelnden Kutsche.
Das Gesinde in Highpoint befand sich in einem Zustand bestürzter Unruhe. Sie hörte Lord Stonehouse’ laute Stimme und lief die Treppe hinauf und den Flur entlang, wo sie ihn und seine beiden Söhne sah. Richards Miene zeigte Heiterkeit, die er indes sorgsam vor seinem Vater verbarg. Edward, der gerade erst angefangen hatte, Augengläser zu tragen, schob diese unablässig zurück, sobald sie von der Nase zu rutschten drohten.
»Sie hat mich betrogen, sie hat uns alle betrogen, Sir!«, schrie Lord Stonehouse.
»Sie … sie ist eine verheiratete Dame, Vater«, sagte Edward.
Kate hatte Edward noch nie so erlebt. Gewöhnlich sanftmütig und zögerlich, hielt er dem Blick
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