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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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Ich war so von Mrs Morland und meinen eigenen Problemen in Anspruch genommen gewesen, dass ich nicht mitbekommen hatte, wie die Männer den Gepäckkarren beluden, um am nächsten Morgen in der Dämmerung aufbrechen zu können. Ich bat Will eindringlich, eine kleine Gruppe Männer hierzulassen, um Highpoint House zu verteidigen, da Mrs Morland mit Richards Rückkehr gerechnet hatte. Will weigerte sich. Er hatte bereits zu viele Männer verloren. Dem König war es gelungen, Shrewsbury zu erreichen, und es wurde befürchtet, dass er jeden Moment einen Ausfall wagen und in Richtung Süden auf London zumarschieren würde. Essex war in Worcester, und Will hatte eine Eildepesche erhalten mit der Aufforderung, sich ihm anzuschließen.

    In jenem Herbst regnete es beinahe ununterbrochen, die Pausen waren nur von kurzer Dauer, und der Regen drohte jeden Moment wieder einzusetzen. Ich fand Kate im Küchengarten, wo sie Kräuter sammelte. Die Ränder ihres Umhangs waren dunkel von der Nässe, und Tropfen hingen an ihrem Handrücken, während sie Majoran schnitt.
    »Es tut mir leid, dass ich Euch wegen Mrs Morland verärgert habe«, sagte ich.
    Ihre Stimme klang gleichmütig, gleichwohl anklagend. »Ich dachte, du wolltest sie mit ihrer Tochter aussöhnen, Tom.«
    »Das wollte ich auch! Aber sie war so verbittert und unversöhnlich.«
    »Du hast sie nicht korrigiert, als sie dich für Richard hielt.«
    Sie ging zu einer Reihe Lavendel und schnitt einige Ähren davon ab. Eine schwache, zaghafte Sonne zauberte Farben auf die Regentropfen auf jedem Zweig, als sie sie in den Korb warf. Auf einmal war ich so erbost über ihre Ruhe, darüber, dass sie alles verdammte und nichts beantwortete, dass ich herausplatzte: »Hättet Ihr Eaton geheiratet, wenn ich nicht geboren worden wäre?«
    Sie taumelte, als hätte ich sie geschlagen, ließ den Korb fallen, so dass die Kräuter auf die Erde fielen. Alle Farbe war mit einem Mal aus ihrem Gesicht gewichen. Aus Angst, sie könnte in Ohnmacht fallen, führte ich sie zu einer Bank in einer Laube. Unablässig wiederholte ich, wie leid es mir täte, doch sie unterbrach meine Entschuldigungen mit einer knappen Geste. Sie atmete schwer. Ich ging zum Korb zurück, verrieb Zitronenmelisse mit Lavendel und dem Regenwasser, das daran haftete, und gab es ihr als kleines Riechtäschchen in einem Lindenblatt.
    Sie lächelte schwach. »Matthews Sohn.«
    »Unter anderem.«
    Sie begann ruhiger zu atmen. »Eaton hat dir erzählt … was hat er dir erzählt?«
    Ich fühlte mich schuldiger als je zuvor, weil ich die Geheimnisse verriet, die Eaton im Seven Stars eher dem niederbrennenden Feuer als mir anvertraut hatte. Aber jetzt, nachdem ich angefangen hatte darüber zu reden, musste ich auch weitermachen. Mag sein, dass ich seiner rauen, schroffen Geschichte einen poetischen Glanz verlieh, dass ich Gefühle auf seiner Seite hinzufügte, die ich allein aufgrund der von ihm erzählten Fakten bei ihm vermutete. Sie sagte so gut wie nichts, doch ich setzte mich für ihn ein, als läge mein eigenes Herz in ihren Händen. Wenn man nur das betrachte, was geschehen sei, was er getan habe, wie plump und unverblümt sein Handeln auch immer gewesen sein möge, zeige das dann nicht, dass er aufrichtig sei, dass er – ich musste es sagen, ich musste einfach –, dass er sie liebte?
    Sie zitterte, und ich dachte, sie würde weinen, bis ich merkte, dass sie lachte. »Tom, ach Tom, es ist ja, als würdest du um mich werben!«
    »Er würde diese Worte ebenfalls benutzen, wenn er könnte, ich schwöre es!«, rief ich leidenschaftlich.
    »Du kannst einem Menschen ins Herz schauen, nicht wahr?«
    »Ja, genau, ich glaube, das kann ich!«
    Sie lachte, bis ihr die Tränen in die Augen traten. Sie zupfte an den Lavendelspitzen und ließ sie auf den Schoß ihres Kleides fallen, als sei sie ein kleines Mädchen, das Er-liebt-mich-er-liebt-mich-nicht spielte. Dann flossen ihr Tränen über die Wangen, und ich begriff, dass sie nun tatsächlich weinte, dass ihre Ruhe gar keine Ruhe war, sondern eine fest verschlossene Tür, hinter der sie seit dem Tag meiner Geburt ihre Gefühle eingesperrt hatte.
    Ich legte meinen Arm um sie, und jeder, der in den Garten gekommen wäre, hätte uns trotz des großen Altersunterschieds für ein Liebespaar gehalten. Einen Moment klammerte sie sich an mich, dann erhob sie sich, um zu gehen, doch ein plötzlicher Regenschauer ergoss sich über den Garten. Wir drängten uns wieder zurück in die Laube,

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