Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
Vom Netzwerk:
wandte sich erneut der Flasche zu, zögerte und drehte sich bedauernd um. Dann sah er mich, wie ich über dieses Hin und Her lächelte, und ehe ich wieder einen ernsten Ausdruck annehmen konnte, erwiderte er zu meiner allergrößten Überraschung das Lächeln. Er schenkte sich Wein nach und deutete auf mich.
    »Ich dachte, ich hätte den Teufel höchstselbst ins Haus geholt, den Druckerteufel, war es nicht so, George?«
    »Ein höchst geschickter Teufel«, sagte George und ließ mich nicht aus den Augen.
    »Ach komm schon, George!« Seine Geste schloss nicht nur die gut ausgestattete Werkstatt mit ein, sondern auch die neue Truhe aus Zedernholz in den Raum, in dem wir aßen, mit ihren Flaschen und Kerzenhaltern. Nicht aus Silber, aber aus dem teuersten Zinn, das poliert beinahe so aussah wie Silber. »Ist das alles kein Zeichen für die Gnade Gottes?«
    George richtete seinen ruhigen Blick unverwandt auf den Master. »›Im Glück erkennt man den Freund nicht. Oder gute Diener.‹ Jesus Sirach, 12,8.«
    Der Wein brachte eine vollkommen andere Seite an Mr Black zum Vorschein. Er sah genauso streng aus wie immer, aber ich schwöre, dass er ein Zwinkern in den Augen hatte.
    »Also gut, George. ›Wer sich selbst nichts gönnt, wem kann der Gutes tun? Er wird seinem eigenen Glück nicht begegnen.‹ Jesus Sirach, 14,5.«
    Ich hatte noch nie zuvor gehört, dass Mr Black eines von Georges Bibelzitaten übertrumpfte. George wirkte höchst verärgert. Mr Black klopfte ihm auf die Schulter.
    »Kommt, Ihr Herren! Trinkt!«
    George weigerte sich, und als Mr Black sich meinen Krug näherte, sagte er: »Der Junge hat genug, Sir.«
    Mr Black winkte ab. »Er hatte so gut wie nichts.«
    »Aye, plus das, was er in der Schänke getrunken hat«, sagte George.
    Ich sprang auf. »Ich gehe nicht in die Schänke!«
    »Du hast danach gestunken, als du hereinkamst.«
    »Ich wurde in einen Kampf verwickelt.«
    »Eine Tavernenschlägerei!«
    »Hört auf! Ihr weckt noch das ganze Haus auf!«
    Zum ersten Mal galt Mr Blacks Zurechtweisung uns beiden, nicht nur mir. Und zum ersten Mal befragte er mich, ohne automatisch davon auszugehen, dass ich der Schuldige war.
    »Bist du in eine Schänke gegangen?«
    Ich zögerte. Die Besuche der Schänke hatten einige der schlimmsten Prügelstrafen nach sich gezogen, und sie waren der häufigste Grund, warum Lehrjungen aus den Zünften ausgeschlossen wurden. Aber das lag daran, dass sie tranken, würfelten und herumhurten. Ich hatte nicht einmal etwas getrunken oder auch nur einen Würfel geworfen.
    »Nein, Sir«, sagte ich.
    »Habt Ihr sein Zögern bemerkt, Herr?«, fragte George.
    »Sagst du die Wahrheit?« Die Strenge war wieder in Mr Blacks Tonfall zurückgekehrt und lag im Widerstreit mit seiner Fröhlichkeit.
    »Ja, Sir!«
    George bewegte leise die Lippen, aber ich hörte sein Gebet. »O Herr, leite ihn, lass ihn seinen Fehler erkennen …«
    »Hör auf, George!«
    George schwieg abrupt. Sein blasses Gesicht schien sich zu verzerren und zu schrumpfen, seine Lippen bewegten sich noch immer, aber es kam kein Ton heraus. Mr Black drehte sich mit einer heftigen Bewegung um und warf dabei fast den Stuhl um. Schwerfällig ließ er sich am Kopf der Tafel nieder, auf dem mit Leder bezogenen Sessel mit hoher Lehne, den er erst vor Kurzem gekauft hatte, und wirkte wie ein Richter.
    George fand seine Stimme wieder. »Fragt ihn, wie er in den Kampf geraten ist.«
    »Ich wurde angegriffen. Diebe, die versuchten, die Rede zu stehlen.«
    »Warum hast du uns das nicht vorher erzählt?« Georges Stimme war ätzend vor Zweifel.
    »Dafür war keine Zeit.«
    »Merricks Lehrjungen?«, fragte Mr Black.
    »Nein, Sir. Ich habe sie nie zuvor gesehen. Einer hatte ein Schwert.«
    Ungläubig schaute George zur Decke, doch Mr Black lehnte sich weit vor.
    »Ein Edelmann?«
    »Ja. Nein. Ich weiß nicht.«
    »War er vielleicht früher einer gewesen?«
    »Ja.«
    »Beschreibe ihn.«
    »Ein mageres Gesicht. Ein Bart wie der König. Er trug einen Biberhut.«
    »Wie halb London«, sagte George.
    »Und der andere?«
    »Ein Handlanger. Schultern wie ein Bulle.«
    George lachte. »Das ist ein Märchen aus einem dieser Blätter, die es für einen halben Penny zu kaufen gibt! Er lügt!«
    Mr Black sprang auf. Seine gute Laune war ebenso rasch verschwunden, wie sie gekommen war. Er ergriff seinen Stock, den ich in den letzten Monaten immer seltener zu spüren bekommen hatte. »Stimmt das? Oder lügst du?«
    »Nein, Sir!«
    Ich duckte

Weitere Kostenlose Bücher