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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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eine Lunte. Das Parlament hatte das Recht, die königlichen Minister zu bestätigen. Das Recht? Der König von Gottes Gnaden wählte seine eigenen Minister. Allein das Parlament hatte das Recht, Gesetze zu erlassen. Allein? Ohne den König?
    Und da, wie durch ein Wunder unbeschmutzt und unmissverständlich, stand das größte Fass Schießpulver von allen, aufgeschrieben in Mr Inks schräger Schrift: Das Parlament hatte das Recht, die Streitmacht zu kontrollieren.
    Zaudernd kam Mrs Black die Treppe herunter, um zu sehen, was hier vor sich ging, und weckte dabei ihre Tochter auf. Ich erhaschte einen Blick auf Anne in ihrem Nachtgewand am Fuß der Treppe und hoffte, sie würde anhand des angeregten Geschnatters zwischen mir und ihrem Vater feststellen, dass er mich in ganz neuem Licht sah. Aber sie wünschte ihrem Vater lediglich eine gute Nacht und wandte sich mit einem angeekelten Naserümpfen von mir ab. Diese Nase mit ihrer winzigen Wölbung nach oben, von der ich glaubte, keine Skulptur könne sie nachahmen, zuckte, und schon fühlte ich mich elend. Unweigerlich wurde ich mir des Gestanks und des Drecks von Smithfield bewusst, der mir anhaftete, wozu sich noch die Tinte gesellte, die ich auf die Form auftrug, zu der mehrere Schließplatten zum Drucken zusammengefügt waren.
    Ich hörte ihr Lachen auf der Treppe sowie das verhasste Wort Affe. Ich hatte viel zu viel Angst, sie noch einmal zu verfluchen, also hasste ich sie. Ich hasste die gesamte Familie Black. Ich hasste es, ein Lehrjunge zu sein. Mehr als alles andere auf der Welt wollte ich meine Stiefel von mir schleudern und wieder bei Matthew auf der Werft sein.
    Nachdem wir einen Andruck gemacht und schließlich das Nachrichtenblatt gedruckt hatten, brach ich das Eis im Eimer auf dem Hof auf, wusch ab, was ich an Schmutz von meinem Gesicht und meinen Händen bekam, und begann den kalten Brei zu essen und das Bier zu trinken, das Sarah für mich aufgehoben hatte. Mr Black nahm sich etwas Wein und blickte voller Stolz auf das neue Nachrichtenblatt, das noch feucht im Kerzenlicht glänzte. Auf der ersten Seite zeigte es ein schönes Porträt des Königs, dessen Haar sich unter dem Dreispitz in üppigen Locken auf den Schultern kringelte, sowie ein bescheideneres Bild von Mr Pym, dessen spitzer Bart bereits abplatzte, weil wir den Block schon so häufig benutzt hatten.
    Es war Mr Blacks Idee gewesen, die brisanten Forderungen des Parlaments in Achtung gebietenden, gut sichtbaren Lettern zu setzen:
Eine GROSSE REMONSTRANZ des PARLAMENTS
an seine MAJESTÄT den KÖNIG
Der einzige & wahre Bericht von der Verhandlung des Parlaments, in welcher Seine Majestät gebeten wird, das allerdemütigste Flehen seiner Untertanen zu vernehmen
    Ich hatte mein Bier gerade in zwei großen Zügen geleert, als Mr Black zu George sagte: »Nimm dir von dem Wein und schenk auch Tom etwas ein.«
    George hob die Augenbrauen, und es sah aus, als wollten sie sich nie wieder senken. Ihm wurde sonst nur an seinem Namenstag Wein angeboten, und mir hatte Mr Black noch nie welchen gegeben. Kaum, dass er mich einmal »Tom« genannt hatte. Ich war immer »dieser Junge«, »der sündige Halunke« oder »der kleine Teufel«. Erst in letzter Zeit, seit ich fast so groß war wie er, meine Stiefel regelmäßig anbehielt und plötzlich nützlich für ihn war, hatte er angefangen mich »Mr Neave« zu nennen, wenn auch mit einer ordentlichen Portion Sarkasmus.
    Mr Black nahm einen Schluck Wein, räusperte sich und sah mich lange an. Mein Magen verkrampfte sich. Jetzt würde er mich fragen, wie die Papiere und ich selbst in so einen erbärmlichen Zustand geraten konnten. Doch sein Blick wanderte zurück zu den trocknenden Nachrichtenblättern, die immer noch im Kerzenschein glänzten, und sein Gesicht war von dem Triumph erfüllt, dass die Rede am nächsten Tag auf der Straße zu lesen sein würde.
    »Gut gemacht, Tom«, sagte er.
    Die Worte klangen steif und ungelenk aus seinem Mund, da er ebenso wenig daran gewöhnt war, sie auszusprechen, wie ich daran, sie zu hören. Tatsächlich dauerte es einen Moment, mehrere Momente, bis ich sicher war, dass kein versteckter Spott auf den nachfolgenden Tadel hinwies. Erst als er noch mehr Wein in meinen Krug schenkte, sein Glas hob und sich sein Gesicht mit einem Lächeln darauf aus dem Schatten löste, begriff ich, dass er es ernst meinte.
    Das Lächeln wirkte noch seltsamer auf mich als die Worte. Ohne jede Vorwarnung traten mir Tränen in die Augen. Oft

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