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Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pestsiegel: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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muss.«
    Sie wandte sich zum Haus.
    »Wenn er es wirklich gut mit dir meinte, würde er es deinem Vater erzählen.«
    Sie blieb stehen. Sie stand jetzt im Licht, und ich konnte erkennen, dass ihre Hände, die sie ständig aneinander rieb, vor Kälte ganz weiß waren. Ich sehnte mich danach, ihre Hände zu berühren, sie in meine zu nehmen, aber ich wagte es nicht. In ihre Stimme lag eine Spur des alten Spotts.
    »Aber dir kann ich vertrauen?«
    »Ja.«
    Ich sprach mit solchem Ungestüm, dass sie furchtsam zusammenschrak, nur um mich anschließend so eindringlich zu mustern, dass ich den Blick niederschlagen wollte, es jedoch nicht konnte oder wagte. Ihr Blick schien direkt zu meiner Seele vorzudringen, wie es weder ein Prediger, noch mein Vater oder meine Mutter je geschafft hatten.
    »Hast du dieses Gedicht geschrieben?«
    »Ja! Und es ist ernst gemeint, jedes Wort davon. Alles, was ich zu dir gesagt habe.«
    Und so war es. In diesem Moment erkannte ich es so scharf und deutlich wie das Mondlicht auf den Eissplittern, die ich aus dem Eimer gebrochen hatte. Zitternd starrte sie mich an, doch ehe sie etwas sagen konnte, hörten wir, wie jemand von Cloth Fair auf den Hof einbog. Gleichzeitig sah ich ihre Mutter ans Fenster treten. Ich sprang in den Schatten.
    Es war der Kannengießer, der auf der anderen Seite des Hofs lebte. Seine Kleidung war gewöhnlich staubig von dem Kalk, mit der er die Platten und Becher aus den Gussformen holte, doch jetzt war sie sauber. Für ihn liefen die Geschäfte ebenso schlecht wie für den Schiffsbauer.
    Sein Gang war schwankend. Er schenkte Anne kaum einen Blick.
    »Guten Abend, Mr Reynolds.«
    »Guten Abend, Anne.«
    Mrs Black hatte sich vom Fenster zurückgezogen. Die Intensität des Augenblicks war verflogen. Keiner von uns sagte ein Wort. Anne hob ihre Schürze an. Plötzlich schlug sie eine Hand vor den Mund, um ein Lachen zu unterdrücken.
    »Wie siehst du denn aus!«
    »Gut, würde ich meinen«, sagte ich steif, mit einem Hauch von Entrüstung, doch auch mit dem Gefühl der Erleichterung, weil wir uns wieder auf dem vertrauten Terrain spöttischen Geplänkels befanden.
    Ich zeigte ihr meine Schuhe. Im Dämmerlicht konnte man den Spalt, wo sich das Oberleder von der Sohle löste, kaum erkennen, und ich fand, sie hatten besonders feine Schnallen.
    »Diese Schuhe werden sogar bei Hofe getragen.«
    »Welcher Hof?« Sie bemühte sich, nicht zu kichern. »James’ oder Elizabeths?«
    Sie konnte ihr Lachen nicht länger zurückhalten, und ich hatte Angst, man könnte sie hören. »Ich musste meine Kleidung wechseln.«
    »Wie die Leute in deinen Flugschriften?«, neckte sie. »Weil jemand versucht, dich umzubringen?«
    Eine Bewegung am Fenster zog unseren Blick an. Die Kerzen in der Kammer warfen eine schwankende Silhouette an die Wand, als Dr. Chambers seine Tasche packte. Hin und wieder, so stellte ich fest, wurden aus der Verzweiflung heraus gute Ideen geboren.
    »Kannst du Zahlen lesen?«, flüsterte ich drängend.
    »Natürlich!«, erwiderte sie empört.
    Ohne ein weiteres Wort packte ich sie an der Hand und rannte mit ihr ins Haus. Wasser spritzte aus dem Kessel, und sie ließ ihn beinahe fallen. Ich nahm ihn ihr ab und stellte ihn in die Küche zurück. Jetzt schien sie überzeugt zu sein, dass ich irre war, und sie war nahe daran, zu schreien. Ich ging ins Kontor, nahm das Rechnungsbuch und deutete auf den Buchstaben T, den sie, wie ich glaubte, kannte.
    Und während ich flüsternd die Bezeichnung der Anschaffungen vorlas, überflog sie mit wachsender Verwirrung die Zahlen dahinter. Sie kannte ein paar Buchstaben von ihren Stickarbeiten und die Zahlen vom Einkaufen. Wir hörten, wie die Tür zur Schlafkammer oben geöffnet wurde. Ich ließ das Buch beinahe fallen und konnte nicht finden, wonach ich gesucht hatte. Anne bat mich stumm, zu gehen, die Hände flehend ineinander verschlungen.
    Ich fand den Eintrag.
8. August 1637. Gezahlt an P. Lely, für ein Porträt in Öl & Rahmen, 20 Pfund.
    Sie verstand die Worte nicht, starrte jedoch in so großer Verwunderung auf die Ziffern, dass sie nicht auf Dr. Chambers Stimme reagierte.
    »Ich werde morgen wieder vorbeischauen.«
    Von Mr Black kam keine Antwort, aber seine Frau sagte: »Seht! Er schreibt etwas!« Ich hörte, wie der Doktor in die Kammer zurückkehrte.
    »Zwanzig Pfund !«, rief Anne aus.
    So viel verdiente ein geschickter Schreiber in einem Jahr. Ich erklärte ihr, wofür es gezahlt worden war.
    »Ein Bild? Von

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