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Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers

Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers

Titel: Peter Neururer - Aus dem Leben eines Bundesliga-Trainers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lötz , Peter Neururer
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gesprochen. Bin mit den zweien allerdings nicht klargekommen«, gibt Eichberg zu. »Allerdings habe ich den beiden zu ihrem Gehalt und den Punktprämien noch eine Mark pro Zuschauer im Parkstadion angeboten. Und das sollen Sie auch bekommen.«
    Neururer empfindet diesen Zusatz als merlwürdig, es ist ihm aber völlig egal, denn das grundlegende Angebot bleibt davon ja unberührt. Er macht sich keine weiteren Gedanken dazu, ist rundum glücklich und fahrt nach Aachen zurück.
    Mit Aachen wird in aller Eile eine Ablösesumme für Neururer vereinbart, zudem übernimmt Eichberg, wie angekündigt, auch noch Teile des Gehalts von Rolf Grünther, Neururers Amtsnachfolger bei der Alemannia. Zwei Wochen vor seinem 34. Geburtstag und keine 24 Stunden nach dem ersten Gespräch unterschreibt Neururer einen Vertrag mit einer Laufzeit bis 1990, der auch für den Fall des Abstiegs in die Oberliga Westfalen Gültigkeit besitzt. Aber Schalkes vierter Trainer in der laufenden Saison will von Amateur-Fußball nichts wissen. Er übernimmt eine Mannschaft, mit der er, glaubt er, gar nicht absteigen kann.
    Der erste Arbeitstag auf Schalke beginnt für Peter Neururer mit einem Problem. Es ist nicht das schlechte Wetter allein, über ganz Nordrhein-Westfalen regnet es, das die Anfahrt an diesem 11. April 1989 für den neuen Cheftrainer des FC Schalke zum Problem macht. Pünktlichkeitsfanatiker Neururer ist an diesem Dienstagmorgen um kurz vor 8 Uhr in Aachen losgefahren, das Training auf Schalke ist für 10 Uhr angesetzt. Er kommt mit seinem Wagen gut durch, als er jedoch in Gelsenkirchen auf die zum Stadion führende Kurt-Schumacher-Straße auffahrt, steht er im Stau.
    Die »Bild«-Zeitung hat an diesem Morgen weniger den Kopf als die Seele der Schalker Fans angesprochen - und augenscheinlich den richtigen Knopf gedrückt. Mit Neururer, so das Blatt, komme der Ruhrpott schlechthin nach Hause, ein Schalke-Fan, der endlich seinen Lieblingsverein trainieren dürfe. Das zieht - stimmt aber nicht, denn allenfalls Bekannte und Freunde Neururers sind Anhänger von S04. Er selbst dagegen hat sein Herz in Kindertagen an den 1. FC Köln verloren.
    Angesichts des riesigen Menschenauflaufs, der nicht zu übersehenden Erwartungshaltung wird dem Trainer schlagartig und wirklich erstmals die ganze Dimension der Situation bewusst. Was, wenn du das hier nicht packst? Was, wenn du Schalke nicht davor bewahren kannst, in die Amateur-Oberliga abzusteigen?.
    Er betritt die gigantischen Räumlichkeiten des Parkstadions. Schalke-Legende Klaus »Tanne« Fichtel, sein Co-Trainer, grüßt ihn - er ist jetzt Mitarbeiter Neururers. Spieler, die der neue Chefcoach bis dato nur aus dem Fernsehen kennt, geben ihm die Hand: Andi Müller, gerade von Hannover 96 gekommen, Werner Vollack, der mit Bayer Uerdingen das Europapokal-Wunder gegen Dynamo Dresden geschafft hat und dritter Mann in der Nationalmannschaft gewesen ist - und auch der junge Jens Lehmann.
    Ehe er sein erstes Training auf einem der Nebenplätze hinter der riesenhaften Haupttribüne des Stadions leitet, ruft Neururer noch schnell seine Frau Antje an: »Schatz, ich bin hier gut angekommen, du kannst dir gar nicht vorstellen, was hier los ist. Tausende von Leuten sind da. Eine riesige Erwartungshaltung - das darf nur nicht in die Hose gehen.« Neururer legt auf, geht raus und wird von den Schalke-Anhän-gern warmherzig empfangen. Sie glauben, dass der Mann, der zum zweiten Mal in seiner kurzen Karriere Diethelm Ferner nachfolgt, einer von ihnen ist.
    Die Mannschaft steht vor Neururer. Und er muss sich nun darauf konzentrieren, Selbstbewusstsein auszustrahlen. Er darf jetzt keinen Anflug einer Schwäche zeigen, sonst endet die Mission gleich hier. Dann ist egal, ob es noch elf Spiele und elf Möglichkeiten zu punkten gibt.
    Aber Neururer ist unsicher. Er hat keine Vorstellung, wie er mit diesen Spielern umgehen soll. Für die meisten von ihnen ist er ganz sicher ein Niemand. Essen trainiert, Aachen trainiert, aber Schalke, das ist größer. In dieser Situation tut Peter Neururer das, was er immer tut, wenn er nicht weiß, was er tun soll. Er tut das, von dem er weiß, dass er es am besten kann: Peter Neururer sein. Intuitiv spricht er los, direkt, klar, und die Mannschaft hört ihm zu. Peter Neururer kommt gut an, er spricht die Sprache der Spieler, er schafft es, sie gleich mitzunehmen. Er fühlt sich gut, sicher und angekommen.
    Nach der ersten Einheit sind die Sorgen Neururers wie weggeblasen. Er hatte es

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