Peter Nimble und seine magischen Augen
Gärten an. Die Stadt erhielt den Namen HazelPort, und das Volk krönte Lord Hazelgood zu seinem König. Wir Raben wurden zur Königlichen Leibgarde ernannt. Alles war friedlich, zumindest für eine Weile.«
Sir Tode, der ein gutes Gespür für den Verlauf einer Geschichte hatte, stöhnte. »Auftritt des verschmähten älteren Bruders.«
»Verschmäht und hasserfüllt«, sagte Simon. »Währendder Jahre, in denen der Palast erbaut wurde, verzehrte Lord Incarnadine sich vor Neid und Eifersucht. Er war seines Geburtsrechts beraubt worden, und er schwor sich, diese Kränkung niemals zu verzeihen. Er weigerte sich, auch nur einen Fuß in den Palast seines Bruders zu setzen, und hauste mit ein paar Tieren und gestörten Verbrechern ein Stück außerhalb. Jahr um Jahr lud König Hazelgood seinen Bruder ein, sich an dem Bau zu beteiligen, und Jahr um Jahr wurde das Angebot ausgeschlagen.
Im gleichen Maße, wie die Türme wuchsen, wuchs auch Lord Incarnadines Verbitterung. Schließlich stach er in einer kalten Nacht in See. Niemand weiß, wohin er in jenen Jahren gereist ist, aber es ging das Gerücht, er sei auf der Suche nach dunkler Magie gewesen, wie sie dieses Land noch nie gesehen hatte. Und in all der Zeit hatte er nur ein einziges Ziel vor Augen – «
»Rache!«, sagte Sir Tode mit ein bisschen zu viel Begeisterung.
»Rache«, bestätigte Simon traurig. »Und sie kam am Vorabend eines großen Festes. Der Palast war fertig, und die Menschen hatten begonnen, Familien zu gründen. So auch König Hazelgood, der sich in eine schöne Frau namens Lady Magnolia verliebt hatte. Die beiden erwarteten die Geburt von Zwillingen: einem Jungen und einem Mädchen. Zu Ehren dieses wunderbaren Ereignisses hatten die Einwohner von HazelPort beschlossen, ein großes Fest zu feiern.
In der Nacht, als der Prinz und die Prinzessin geboren werden sollten, versammelten sich alle Bewohner des Königreichs im großen Innenhof. Die Leute jubelten, als König Hazelgood und Königin Magnolia ihre Erben präsentierten. Das Mädchen, das zuerst auf die Welt gekommenwar, wurde öffentlich auf den Namen Prinzessin Peg getauft.«
»Das bin ich«, sagte Peg und errötete.
»Und wie hieß der Junge?«, fragte Peter den Raben.
»Das zweite Kind bekam nie einen Namen. Denn genau in jener Nacht war Lord Incarnadine heimlich in das Königreich zurückgekehrt und hatte sich verkleidet unter das Volk gemischt. Er brachte eine Armee von nie zuvor gesehenen Ungeheuern mit – eine Meute blutrünstiger Tiere, Affen aus einem fernen Land, bis an die Zähne bewaffnet. Ich weiß nicht, wo er diese Kreaturen gefunden hat oder wie es ihm gelungen ist, ihre Gefolgschaft zu erlangen. Er hatte sie durch unterirdische Abwasserkanäle hereingeschmuggelt, und dort warteten sie auf seinen Befehl.
Als König Hazelgood seinen Untertanen das zweite Kind präsentierte, stieß Lord Incarnadine einen Schlachtruf aus, und seine grausame Armee ging zum Angriff über. Die Ungeheuer fielen über die Menge her und töteten und fraßen die Menschen.« Überwältigt von seinen Gefühlen, hielt Simon einen Moment inne. »Es war ein Massaker.«
Peter zog eine Grimasse und strich mit den Fingern über die Narben an seinem Unterarm. Er wusste, wie skrupellos die Affen sein konnten. »Hat die Königliche Leibgarde sie nicht verteidigt?«, fragte er.
»Ein Teil davon, ja. Aber ein Großteil unserer Armee war bereits anderweitig im Einsatz. Incarnadine hatte sich mit den Dieben des Königreichs verbündet – denn auch in einem glücklichen Königreich gibt es immer ein paar Übeltäter. Unmittelbar vor der Taufe hatte die Königliche Leibgarde entdeckt, dass sämtliche schlafenden Kinder aus ihren Betten entführt worden waren.«
»Sie sind ›geclippt‹ worden«, sagte Peter nachdenklich.Er erinnerte sich daran, wie der alte Dieb sich in der Bußwüste geweigert hatte, ihm zu helfen. »Das tu ich nie wieder!«, hatte er gerufen, bevor er in der Dunkelheit verschwunden war.
»Sie haben uns ausgetrickst«, sagte Simon verbittert. »Die Diebe versteckten die Kinder tief unten in den Tunneln, wo niemand ihre Schreie hören konnte, und dann segelten sie mit Säcken voll Gold davon – dem Lohn für ihre Niedertracht. Incarnadine hatte ihnen die Säcke gegeben, weil er wusste, dass wir denken würden, da sind die Kinder drin. Als unsere Wachen ihre Flucht meldeten, nahm der Captain den größten Teil der Kompanie mit, um die Verfolgung aufzunehmen. Erst nachdem der Schwarm den
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