Peter Voss der Millionendieb
einen solchen Mann gehen die Zeitungen durchs Feuer.«
»Tatsache ist, daß er bis jetzt jeden Verbrecher erwischt hat«, entgegnete Stockes, der noch immer nicht von Peters Plan überzeugt war.
»Steht in den Zeitungen!« lächelte Peter Voss. »Über die, die er nicht gekriegt hat, wird er schon nichts veröffentlichen lassen. Aber zugegeben, er hat sie alle gekriegt: Diese Verbrecher standen eben auch alle unter der Zeitungshypnose. Sie hielten ihren Verfolger für einen Menschen mit höheren Fähigkeiten. Das machte sie unsicher, und schon hatte er sie beim Wickel. Aber ich garantiere Ihnen, daß Bobby Dodd nur ein ganz gewöhnlicher Mensch ist wie Sie und ich. Nicht dumm, durchaus nicht, anständiger Durchschnitt, dafür ist er Amerikaner, er versteht nicht nur bei den Zeitungen sein Geschäft zu machen. Die Zeitungen aber dürfen sich nur für die gute Mittelmäßigkeit begeistern. Das liegt in der Natur ihres Geschäfts. Ich gehe jede Wette ein, daß ich Bobby Dodd ein ganzes Jahr lang an der Nase herumführe, ohne daß er auch nur einen Rockzipfel von mir zu Gesicht bekommt. Ein ganzes Jahr, Mr. Stockes, bis Ihre Kupferaktien in die Höhe geklettert sind!«
»Das wollen Sie für mich tun?« stöhnte Stockes und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Schwer zu sagen, ob er vor Bewunderung oder Angst schwitzte.
»Mr. Stockes«, sagte Peter Voss einfach und strich sich durchs Haar. »Sie haben mich vor zwei Jahren drüben auf der St. Louis Bridge festgehalten, als ich so ziemlich am Ende war und in den Mississippi springen wollte. Sie haben von mir zwei Boxhiebe eingesteckt und doch nicht losgelassen. Ohne Sie wäre ich heute ein toter Mann. Und das wäre mir höchst unangenehm, besonders da ich seit acht Wochen sehr glücklich verheiratet bin.«
»Aber Dick Patton!« seufzte Jim Stockes.
»Wenn er überzeugt ist, daß ich Ihnen das Geld wirklich gestohlen habe, wird er Ihnen Stundung gewähren, bis man mich erwischt hat. Natürlich wird er auf Bobby Dodd bestehen. Solange er noch die kleinste Hoffnung hat, das Geld zu bekommen, muß er Stockes & Yarker halten, sonst wäre er ein schlechter Kaufmann, und das ist er nicht. Wenn Sie aber morgen zu ihm gehen und ihm Ihre Fehlspekulationen gestehen, wird er Sie fallenlassen wie einen Zigarettenstummel und froh sein, zehn Prozent aus dem Konkurs zu fischen.«
»Aber Bobby Dodd!« warf Stockes ein, schon halb für den mehr als abenteuerlichen Plan gewonnen. »Sie unterschätzen den Mann wirklich.«
»Oder Sie unterschätzen mich!« lachte Peter Voss. »Bobby Dodd hat bei all seinen bisherigen Verfolgungen auf der Gegenseite immer einen guten Verbündeten gehabt, das war das böse Gewissen der Verbrecher. Bei mir fällt das weg. Und außerdem werde ich Ihnen jetzt ein Geständnis machen, Mr. Stockes. Sie haben mir Ihr Vertrauen geschenkt, ohne sich nach meinem Vorleben zu erkundigen. Und darüber sollen Sie jetzt das Nötigste erfahren, nur damit Sie einsehen, daß ich mich vor zehn Bobby Dodds nicht zu fürchten brauche. Ich bin nämlich ein Junge, der so ziemlich mit allen Hunden gehetzt ist. Mit meinem Allerweltsgesicht kann ich in jede Maske hineinkriechen. Jawohl, auch Schauspieler bin ich gewesen, an einer österreichischen Wanderbühne. Bis zu meinem siebenten Jahr war ich bei meinen Eltern. Mein Vater war ein höherer Medizinalbeamter in Hamburg. Er starb früh, und meine Mutter folgte ihm bald, Gott hab sie selig! Verwandte hatte ich nicht, man steckte mich also ins Waisenhaus. Ein braver Amtsgerichtsrat wurde mein Vormund und holte mich nach Rothenburg. Schließlich sollte ich Schlosser werden. Doch statt zur Werkstatt lief ich eines Tages nach Hamburg zum Hafen, kroch in den Kohlenraum eines englischen Trampdampfers und kam erst auf See an Deck. Erst gab's was zu essen, dann Prügel. Aber ich hatte meinen Willen durchgesetzt. Acht Jahre habe ich mich so in der Welt umhergetrieben, als Stiefelputzer und Kameltreiber, als Kellner und Bierkutscher, als Polizeimann und Tramp. Ich war Cowboy in Texas und Heizer auf einem Mississippiboot. In Frisco habe ich Kisten genagelt, und in New York bin ich als Sandwichman herumgelaufen. Zwischendurch war ich immer wieder an Bord, auf See, als Matrose, als Steward, als Kohlenzieher und sogar als Zahlmeister. Ich habe in China Opium geschmuggelt und war auf Madagaskar Krankenwärter in einer Cholerabaracke. In Iquique lag ich drei Tage in Eisen, weil ich meinem Kapitän den Pott mit den madigen Bohnen über den
Weitere Kostenlose Bücher