Pfefferbeißer - Harz Krimi
wie Sie vielleicht wissen – Kriminalrat
Keilberth versprochen, Sie und Ihre Kollegen mit allen Kräften bei der Suche
nach dem Mörder unseres geschätzten Kollegen Hauke zu unterstützen.«
Eine Floskel, dachte Sina, aber geschickt angebracht. Soll heißen, dass
es ihr schwerfallen würde, wem gegenüber auch immer das Gegenteil zu behaupten.
Sie spürte den Adrenalinstoß, war sich selbst dankbar, sich vor dem
Gespräch ein paar Fragen zurechtgelegt zu haben. Auch wenn sie mit
Improvisieren schon oft erstaunliche Erfolge erzielt hatte, in diesem Fall war
es riskant. Sandrock würde jede Schwäche gnadenlos ausnutzen und Keilberth
später berichten.
»Ich will Ihnen Ihre Zeit nicht stehlen, Herr Sandrock. Aber im Zuge
der Ermittlungen ist es unerlässlich, im privaten wie auch im beruflichen
Umfeld des Opfers Nachforschungen anzustellen«, schlug Sina im Gegenzug den
gleichen offiziellen Tonfall an.
»Natürlich, natürlich«, beeilte er sich zu sagen, »fragen Sie nur«,
und legte ein gönnerhaftes Lächeln auf.
»Zunächst möchte ich Sie fragen: Wie war Ihr Verhältnis zu Helmut
Hauke, und wie hat er kurz vor seinem Tod auf Sie gewirkt?«
»Menschlich, meinen Sie?«
»Auch.«
»Nun ja, Hauke und ich hatten ein kollegiales Verhältnis und haben
über die Jahre gut zusammengearbeitet. Natürlich ging nicht immer alles reibungslos.
Aber das ist normal. Über seine persönlichen Befindlichkeiten, wenn ich so
sagen darf, kann ich mich allerdings kaum äußern. Wir waren nicht näher
befreundet.«
»Laut Zeugenaussagen stand Herr Hauke in letzter Zeit unter großer
Spannung. Ist Ihnen das auch aufgefallen?«
Er zuckte mit den Schultern und legte einen entschuldigenden Blick
auf. »Ich habe täglich mit einer Menge Menschen zu tun, da ist es mir
unmöglich, auf jeden auch privat einzugehen, dafür haben Sie sicher
Verständnis.«
»Könnte diese Spannung, unter der Herr Hauke stand, in Zusammenhang
mit seinem letzten Projekt stehen, der Passage in der Fußgängerzone?«
»Das ist nicht sein Projekt, Frau Kramer.
Das ist unser aller Projekt, das Projekt unserer Stadt, auf das wir sehr stolz
sind und für das wir unser Bestes geben. Helmut Hauke war nur einer der vielen,
die daran mitarbeiten«, ließ Sandrock einen Anflug von Gereiztheit erkennen.
Offensichtlich war Sina seiner Eitelkeit zu nahegekommen. Die Stadt war
schließlich er , nicht Hauke.
»Natürlich«, versuchte sie zu neutralisieren, hatte aber nicht vor,
mit dem OB einen Eiertanz aufzuführen oder
sich von ihren Fragen abbringen zu lassen. »Gab es in letzter Zeit
Meinungsverschiedenheiten zwischen Hauke und Ihnen? Auseinandersetzungen in dieser
Angelegenheit?«
Sandrock überlegte kurz.
»Nicht dass ich wüsste«, sagte er dann. »Natürlich stehen wir alle unter
großem Erfolgsdruck, und es müssen Entscheidungen getroffen werden, die nicht
jedem gefallen. Vielleicht hat sich Kollege Hauke da etwas besonders zu Herzen
genommen. Aber Näheres ist mir nicht bekannt.«
Bis hierher zeigten seine Antworten kaum Profil, an dem Sina hätte
ansetzen können. Sie griff nach der Akte in ihrem Schoß und legte sie auf die
polierte Platte des Kirschholzschreibtisches, genau zwischen Sandrock und sich.
Sie sah ihm in die Augen. Er hielt ihrem Blick stand, ohne die leiseste Spur
von Unsicherheit.
Natürlich kennt er die Akte, dachte Sina, und er ist sich sicher,
dass darin nichts Verfängliches steht.
»Wenn ein so großes Projekt ansteht, gibt es bestimmt öffentliche
Ausschreibungen. Waren es wirklich nur zwei Firmen, die sich für die
Finanzierung beworben haben?«
Sandrock schien ein wachsendes Vergnügen an ihren Fragen zu
empfinden.
»Aber natürlich. Alles ist nachweislich den vorgesehenen Weg gegangen.
Nur – das wird Sie vielleicht erstaunen – gab es kaum Interessenten.
Eine solche Investition ist keine Einbahnstraße zum Erfolg. Die birgt auch
erhebliche Risiken, verstehen Sie?«
Er lehnte sich entspannt in seinem Sessel zurück und referierte in
selbstgefälligem Ton. »Zwei Interessenten sind im Laufe des Verfahrens
abgesprungen. Am Ende sind zwei weitere verblieben, deren Namen Sie dem Dossier
entnehmen können.«
»Und wer hat schließlich die Nase vorn gehabt?«
»Die Entscheidung steht noch aus. Das werden Sie in Kürze in der
Zeitung lesen können«, antwortete er gut gelaunt. »Bitte entschuldigen Sie,
aber ich weiß wirklich nicht, was das mit dem Mord an unserem Ratsherrn Hauke
zu tun haben sollte.« Er warf einen
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