Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman
eine Weile Gesellschaft leisten können. Sie hätten Freunde werden können, vereint durch eine zerstörte Kindheit und ein Leben in Einsamkeit. Vielleicht wäre dann alles anders gekommen, für sie beide.
Dennoch hatte er auch das Gefühl, dass Katarina ihm Gerechtigkeit geschenkt hatte. Ihre haarsträubenden und unverzeihlichen Taten hatten ihn befreit. Er verachtete, was sie getan hatte, aber sie selbst konnte er nicht verachten. Sie war die Starke gewesen, sie ging erhobenen Hauptes aus einer Situation hervor, in der sie gedemütigt worden war. Sie hatte immer froh und stolz ausgesehen, während er tiefer und tiefer in Schwermut versunken war. Aber irgendwo auf dem Weg hatte sie einen Schritt in die falsche Richtung getan.
Er selbst war nicht ohne Schuld. Seine Zeugenaussage im Zusammenhang mit den beiden ersten Morden wäre für die Polizei von großem Wert gewesen. Wenn er erzählt hätte, was er wusste, hätte er weiteres Blutvergießen verhindern können, aber das war ihm nicht klar gewesen, bis er von dem Mord an Lise-Lott Nilsson gelesen hatte, und da war er wie gelähmt gewesen durch seine eigene Verwicklung in die Angelegenheit.
Trotzdem war eine große Last von seinen Schultern genommen worden. Katarina hatte ihn von seinem Joch befreit und war dabei selbst untergegangen. Jetzt war es an der Zeit, von vorne zu beginnen, es von Neuem zu versuchen. Verantwortung für sein Leben zu übernehmen. Für Katarina.
Er spürte ein plötzliches Verlangen, nach draußen zu gehen. Es war Viertel nach fünf, und die Straßen waren voller Menschen, Menschen auf dem Heimweg von der Arbeit und Menschen, die schon ihre Weihnachtseinkäufe machten. Am Sonntag war der erste Advent, und es hatte wieder begonnen zu schneien. Der Schnee fiel in dicken Flocken und wirbelte hübsch durch das Licht unter den Straßenlaternen. Er wollte dort sein, er wollte dort unten auf der Straße mit dabei sein, wo es Menschen gab, und er wollte keine Angst mehr vor ihnen haben.
Er zog seine Schuhe an und seine Jacke und lief die Treppe hinunter, auf den Bürgersteig hinaus und über die Straße. Dann drehte er sich um und betrachtete die Fassade des Hauses, in dem sich seine Wohnung befand. Sein Blick wanderte von Fenster zu Fenster und blieb schließlich an seinem eigenen hängen. Aus der Küche strömte ein warmes und freundliches Licht, das von den schweren Gardinen mit dem blauen Karo auf warmem, gelbem Grund gedämpft wurde. Und mitten im Fenster, zwischen zwei üppigen Weihnachtssternen, verbreitete der Adventsleuchter seine freundlichen Strahlen. Er wandte sein Gesicht dem Himmel zu, schloss die Augen und ließ die Schneeflocken auf seiner warmen Haut schmelzen.
ÜBER DIE AUTORIN
Carin Gerhardsen, geb. 1962, ist in Katrineholm aufgewachsen und lebt nun mit ihrer Familie in Stockholm. Sie ist Mathematikerin und reüssierte in der IT -Branche. Seit einiger Zeit schreibt sie ebenfalls mit großem Erfolg Kriminalromane.
PFEFFERKUCHENHAUS ist ihr Debüt und der Beginn der sogenannten »Hammarbyserie«.
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