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Pforten der Hoelle

Pforten der Hoelle

Titel: Pforten der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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Zimmer nur eine Folie, die eine fotorealistische Darstellung zeigte und die nun in der Mitte zerrissen worden war. Jenseits dieses Lochs kochte glühendes Licht wie von glutflüssiger Lava, und die sengende Hitze, die April entgegenschlug, unterstrich den Vergleich noch. Trotzdem blieb das Zimmer rings um den Riß von dieser Hitze unberührt.
    Aber daran verschwendete April keinen bewußten Gedanken. Denn das Feuer innerhalb des Lochs stellte nicht mehr als die Hintergrundkulisse zum eigentlichen Geschehen dar.
    Was April tatsächlich den Atem raubte und ihr Blut gefrieren ließ waren die - Dinge, die von jenseits des Risses (aus einer anderen Welt?) herübergriffen: krallenbewehrte Klauen, schuppig und hornig; dunkle, schleimglänzende Tentakel, die sich wie im Takt einer furchtbaren Melodie wiegten.
    Und sowohl die Klauen als auch die Tentakel, die unmittelbar aus der wabernden Glut zu langen schienen, hatten ein Ziel gefunden -einen monströs verwachsenen Körper, weder Mensch noch Tier, eine Bestie. Krallen gruben sich in den teils pelzbewachsenen Leib, während er in der würgenden Umarmung der Tentakel hing. Schreie aus entmenschlichter Kehle schmerzten April in den Ohren.
    »May ...!« entfuhr es ihr. Wo war ihre Schwester?
    Da! Sie kauerte auf ihrem Bett, das bleiche Gesicht von Schweiß glasiert, und beobachtete das fürchterliche Drama schreckensstarr einerseits - und zufrieden andererseits .
    Irgendwo zwischen Aprils wirbelnden Gedanken rastete etwas wie ein Schutzschalter mit fast hörbarem Klick ein. Augenblicklich legte sich das Chaos hinter ihrer Stirn. Alles, was mit Angst und Schrecken zu tun hatte, verging. Sie versuchte nicht länger, das Unbegreifliche zu begreifen oder auch nur ansatzweise zu verstehen. Sie nahm einfach hin, was da passierte.
    Die Klauen und Tentakel zerrten das brüllende Monstrum zu sich, und die Glut hinter dem klaffenden Riß gewann an Intensität, wogte heftiger, wie in gieriger Vorfreude auf das Opfer.
    Doch nicht alle Klauen und Tentakel zogen sich zurück. Während die Bestie - und obgleich April wußte, daß sie in diesem Wesen den Mörder ihrer Eltern vor sich hatte, verspürte sie einen Anflug von Mitleid mit ihm - in dem Loch verschwand, tasteten die verbliebenen Auswüchse im Zimmer umher. Wie blind zunächst noch, und dann zielgerichtet.
    Nach den beiden Geschwistern!
    *
    May war den zuckenden und tastenden Gliedmaßen näher. April konnte beobachten, wie der erste Tentakel die Haut ihrer Schwester berührte, und fast meinte sie, die kalte Berührung am eigenen Leibe zu spüren. May wich zurück, doch schon wurde ihr Rückzug von weiteren dieser kopflosen Schlangengebilden aufgehalten.
    Sie begann verzweifelt mit den Armen zu fuchteln, aber es waren keine Abwehrbewegungen, die sie vollführte. Für April sah es vielmehr aus, als versuchte May etwas wie einen unsichtbaren Vorhang zu schließen.
    Aber was es auch war, das May vorhatte, es gelang ihr nicht. Der sich tiefer und tiefer in ihre verzerrten Züge grabende Schrecken verriet das Maß ihrer stetig wachsenden Anstrengung, und doch half alles Mühen nicht.
    April indes - verstand.
    Woher das Wissen kam, wußte sie nicht. Es war, als wäre es schon immer in ihr gewesen und in diesem entscheidenden Augenblick erst nutzbar geworden.
    Im gleichen Moment jedoch begegnete Mays Blick dem ihren, und es schien ihr, als bestünde jenes geschwisterliche Band zwischen ihnen in dieser Sekunde als etwas Tatsächliches, fast Greifbares; wie eine Leitung, über die Dinge flossen.
    »Was hast du getan ...?« flüsterte April erschrocken.
    »Ich weiß es nicht«, gab May heulend zurück. »Aber ich kann es nicht mehr aufha-aaahhh!«
    Der Hieb eines Tentakels ließ May vornüber stürzen, und schon senkte sich eine hornige Klaue auf sie nieder, die sich in der nächsten Sekunde in ihren Rücken graben würde.
    »April!« schrie May. »Hilf mir!«
    »Ja!«
    April tat es. Irgendwie. Sie wußte nicht, wie sie es bewerkstelligte, nur ein seltsamer Gedanke begleitete ihr Handeln:
    Wir sind wie die beiden Teile eines zerbrochenen Ganzen ...
    Das Glosen der Glut verlosch. Der Riß in der Realität schloß sich. Als würden unsichtbare Hände die Wirklichkeit restaurieren. Die Klauen und Tentakel, die sich durch das Loch gereckt hatten, wurden gekappt, fielen zu Boden, vertrockneten binnen Sekunden, bis nur noch Staub, im Mondlicht wie Silber glitzernd, von ihrer vergangenen Existenz zeugte.
    Davon jedoch bekamen weder April noch May

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