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Phantasmen (German Edition)

Phantasmen (German Edition)

Titel: Phantasmen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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nicht«, sagte Emma. Sie fuchtelte mit dem Gewehr in die Richtung der Tasche, in der der Laptop verschwunden war. »Du kannst das nicht einfach mitnehmen.«
    Er überhörte ihren Einwand und ging neben dem Toten in die Hocke, klopfte dessen Hosentaschen ab und fluchte erneut. Keine Schlüssel. Sie mussten während der holprigen Fahrt herausgerutscht sein, womöglich noch zwischen den Geistern.
    Ich baute mich vor ihm auf. »Hey!«
    »Was?«, fragte er, ohne mich anzusehen, stand auf und ging zurück zum Wagen.
    Ich wechselte einen Blick mit Emma und gab ihr mit einem Wink zu verstehen, nur ja nicht versehentlich abzudrücken. Wobei ein Loch in seinem Stiefel ihn immerhin dazu gebracht hätte, unsere Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen.
    »Was soll das werden?«, fragte ich, als er erneut im Wagen herumstöberte und dabei alle möglichen Dinge über die Schulter hinaus in die Wüste warf.
    »Ist das euer Auto?«
    »Nein«, sagte Emma.
    »Gut.« Das klang, als hätte er die Antwort bereits gekannt. Als Nächstes flatterte der Flyer aus dem Handschuhfach ins Freie.
    Ich trat neben Emma und drückte sanft den Gewehrlauf nach unten. Sie ließ es geschehen, so als fiele ihr erst jetzt auf, dass sie eine Waffe hielt.
    »Gehört ihr zu ihm?«, erklang es aus dem Wagen. Offenbar suchte er gerade den Fußraum ab.
    »Nein.« Ich hoffte, meine Betonung machte ihm klar, dass ihn das nichts anging. Allerdings schien er nicht sonderlich empfänglich für subtile Andeutungen zu sein.
    »Du kannst nicht einfach seine Sachen durchwühlen«, sagte Emma, obwohl sie gerade erst das Gleiche getan hatte.
    »Der Kerl hat mich durch halb Europa verfolgt«, rief er. Er sprach fließend Englisch, hatte aber einen Akzent, den ich nicht auf Anhieb zuordnen konnte. Nicht Deutsch oder Holländisch, vielleicht eine skandinavische Sprache. »Ich hab ihn erst vor ein paar Tagen abgehängt.«
    »Und dann hast du ihn verfolgt?«, fragte Emma misstrauisch, ohne eine Antwort zu erhalten.
    Kurz darauf zog er die Reisetasche ins Freie und entleerte sie kopfüber auf den Boden. Kleidungsstücke fielen heraus, obenauf landete ein Kulturbeutel.
    »Ihr müsst von hier verschwinden.« Er ging in die Hocke und untersuchte die Sachen. »Es sind noch andere auf dem Weg hierher.«
    »Welche anderen?«, fragte ich.
    Er öffnete den Beutel und kippte Zahnbürste, Creme und einen Nassrasierer heraus.
    Mir platzte der Kragen. Während er noch neben den Sachen des Toten hockte, ging ich zu ihm und gab ihm einen Stoß gegen die Schulter. »So geht das nicht. Du kannst hier nicht einfach auftauchen, diese Chuck-Norris-Nummer abziehen und –«
    Er war so schnell auf den Beinen, dass ich erschrocken einen Schritt zurückstolperte. Er packte mich am Handgelenk und brachte sein Gesicht ganz nah an meines. »Ich hab hier zu tun. Nehmt euren Wagen und haut ab. Hier wird es bald ziemlich ungemütlich werden, und dann solltet ihr am besten weit weg sein. Nach Möglichkeit auf der anderen Seite der Sierra.« Er nickte in die Richtung der Berge im Norden. »Ich hab euch gewarnt, aber ich werde euch nicht an der Leine von hier wegführen. Für so was hab ich keine Zeit.«
    Ich schlug ihm mit der freien Hand ins Gesicht. Es war keine zimperliche Ohrfeige, sondern ein ausgewachsener Fausthieb, und wenn der ihm nicht wehtat, dann war er ein verdammter Roboter.
    »Faen!« , entfuhr es ihm, ein Schimpfwort, das ich damals zum ersten Mal hörte. Sein Griff um meinen Arm blieb so schmerzhaft wie zuvor.
    »Lass sie sofort los!«, sagte Emma.
    Sie stand hinter ihm und hatte ihm die Mündung des Gewehrs in die Lende gerammt. Wenn er schnell war, würde er den Lauf vielleicht zu packen bekommen. Aber etwas in Emmas Stimme mochte ihn warnen, dass sie es ernst meinte.
    Seine Finger lockerten sich, aber ich konnte nur auf die Verfärbung auf seinem Wangenknochen blicken, wo mein Schlag ihn getroffen hatte. Vielleicht würden wir noch erleben, dass ein Bluterguss daraus wurde, ehe er uns umbrachte.
    Ich wich ein Stück von ihm zurück und gab auch Emma ein Zeichen, auf Abstand zu gehen. Vielleicht hatte er eine Waffe – ich traute ihm ein Springmesser zu, irgend so ein Angeberding, mit dem man an den Theken von Bikerkneipen herumspielte –, aber er machte keine Anstalten, danach zu greifen.
    »Okay«, sagte er nach einem Moment. »Ich hätte dich nicht anfassen sollen. Dafür geht der eine Schlag in Ordnung. Aber versuch das nicht noch mal.«
    Hatte ich nicht vor. Sagte ich aber nicht. »Wenn

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