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Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition)

Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition)

Titel: Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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„Ist gutes Zeug. Krieg ich immer zu meinem Geburtstag von so einem Neger geschenkt.“
    „Das heißt Afrikaner, Mann.“
    „Aber der kommt aus Amerika.“
    „Dann heißt er Afroamerikaner.“
    „Aber der Stoff ist aus Kolumbien.“
    „Zeig mal her.“
    Der Kunde tippte seinen Finger in das Pulver, dann schmierte er es auf sein Zahnfleisch. Danach nickte er beifällig.
    „Gutes Zeug.“
    Jesus breitete zwei Linien auf dem Tresen aus, die die beiden durch einen Strohhalm in die Nase zogen.
    „Und noch einen Johnny dazu, dann ist das ein fetter Geburtstag für dich.“
    Jesus goss nach. Die beiden grunzten zufrieden, nachdem sie den Whisky getrunken hatten.
    „Cooler Job, wenn man immer den Seelentröster bei sich hat.“
    „Naja, könnt mir was Besseres vorstellen“, knurrte Jesus und wischte mit dem Hemdsärmel über seine Nase. „Muss 24/7 auf Achse sein, das schlaucht. Früher hatte ich ein cooleres Leben. War Politiker, hab immer mal ein paar Reden gehalten, und die Leute kamen mir hinterhergelaufen. Das war lässig.“
    „Warum haste damit aufgehört?“
    „Hab Mist gebaut und die falschen Leute angepisst. Musste untertauchen. Ich hab sogar meinen eigenen Tod vorgetäuscht. Musste drei Tage in einer Höhle aushalten, bis die mich geholt und ins Zeugenschutzprogramm gesteckt haben.“
    „Krass.“
    „Ja, krass.“
    Er goss nach, obwohl er nicht mehr sehr genau treffen konnte. Die Hälfte des Whiskys ging auf den Tresen. Aber der Kunde bemerkte es nicht. Er kippte den Drink runter, dann studierte er den Schneefall draußen vor der Tür, der immer stärker wurde.
    „Ist das ein Scheißwetter, Mann. Da siehste ja die Hand vor Augen nicht.“ Seine Zunge hatte Schwierigkeiten, geradeaus zu reden. Es klang wie „Hanf or Augich.“
    „Willste eine rauchen?“
    „Klar.“
    Jesus drehte mit ungeschickten Fingern eine Tüte. „Das Gras ist von seinem anderen Typen, der mir an meinem Geburtstag auch immer Geschenke macht. Ich glaube, der ist schwul.“
    „Solange die Tunte gutes Gras besorgt, kann er rummachen, mit wem er will.“
    „Seh ich auch so.“
    Jesus zündete die Tüte an und nahm einen intensiven Zug, dann reichte er sie dem Kunden. Auch der sog tief den Rauch ein, dann seufzte er zufrieden.
    „Haste noch einen Typen, der dir irgendwas schenkt, was man hier gebrauchen könnte? Ecstasy? Speed?“
    „Nur so ein Penner, der mir Myrrhe andrehen will. Aber das braucht doch keiner.“
    „So ein Scheiß. Den würd ich davonjagen.“
    Jesus betrachtete jetzt auch ausgiebig das Schneetreiben. „Mann, bei diesem Wetter jagste keinen Hund mehr vor die Tür. Da kommt doch keiner mehr her.“ Er seufzte.
    „Kannste die Bude eigentlich dichtmachen.“
    Jesus steckte die angefangene und eine weitere Flasche Whisky ein. „Dann nimm deinen Arsch hoch und lass uns eine Schneeballschlacht machen.“
    Der Kunde nickte und folgte Jesus torkelnd hinaus in die Nacht.
    Die beiden versuchten, den Schnee zu Bällen zu formen und sich damit zu bewerfen. Als ein Schneeball Jesus voll auf die Nase traf, ging er in die Knie.
    „Mann, ich seh Sterne“, staunte er. „Und weiße Gestalten, die um mich tanzen.“
    „Geister?“
    „Keine Ahnung, sie haben Flügel.“
    „Dann war das Zeug von dem Neger vielleicht doch nicht so gut.“
    Der Kunde half Jesus auf die Beine, und beide liefen stolpernd und rutschend durch die Winternacht. Aus einem Fenster schallte Musik: „Stille Nacht, Heilige Nacht“.
    Der Kunde brüllte dagegen an. „He, ihr Penner, nichts mit ‚Stille Nacht‘, mein Kumpel hat heute Geburtstag! Feiert das anständig und singt lieber ‚Happy Birthday‘!“ Er begann, das Geburtstagslied zu grölen.
    „Happy Birthday to you.“ Jesus stimmte mit ein.
    Sie liefen torkelnd auf der Straße und sangen lauthals. Die Straßen und Wege waren zugeschneit und menschenleer. Jedenfalls fast.
    Als sie an einer Kreuzung zu einer schmalen Gasse ankamen und gerade „Hoch soll er leben“ anstimmten, tutete es lautstark, und ein Güterzug raste auf sie zu.
    Der Kunde wollte Jesus wegzerren und zur Seite ziehen, doch Jesus breitete die Arme aus.
    „Komm zu mir, du beladenes Ungetüm. Ich …“
    Niemand konnte hören, was er noch sagen wollte, denn in diesem Moment rammte der Güterzug den Körper. Es klatschte laut. Jesus wurde in die Luft geschleudert und landete mehrere Meter weiter im Schnee.
    Der Kunde lief eilig zu ihm. Doch Jesus rührte sich nicht mehr. Seine Arme waren noch immer ausgebreitet. Sein

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