Phantom der Tiefe
ein erfahrener Pilot namens Edir Birecik, und er war es auch, der permanenten Funkkontakt zur Basis am Van-See hielt. Die dortige Luftüberwachung hatte via Satellit unerklärliche Lichterscheinungen im Gipfelbereich des Großen Ararat - von den Einheimischen Büyükagri Dagi genannt - ausgemacht. Zeitgleich hatten die Bewohner der nahegelegenen Siedlung Dogubeyazit bei der zuständigen Polizeistation Sturm geläutet. Die Polizei hatte das beobachtete Phänomen bestätigt und unverzüglich an ihre Präfektur weitergeleitet. Am Ende der Kette war das ohnehin in Bereitschaft befindliche Militär eingeschaltet worden .
»Basis an Geschwaderführer. Beschreiben Sie, was Sie sehen!«
Lieutenant Birecik räusperte sich. Dann sprach er in das Mikrofon, das in die Sauerstoffversorgung seines Helmvisiers eingebaut war: »Der Gipfel scheint - zu brennen! Oder besser: zu glühen! Die Kameras haben es im ersten Vorbeiflug aufgezeichnet. Trotzdem sieht es nicht nach einem Vulkanausbruch aus .«
»Wonach dann?« drängte die Stimme aus dem Funk, als Birecik eine Pause machte, die dem Sprecher im Stützpunkt zu lang wurde.
»Ich - weiß es nicht!«
»Was ist mit den anderen?«
Die Frage, die in jeder Mig gehört wurde, war ein Schlag ins Gesicht des Geschwaderführers. Aber darauf schien in der Basis niemand mehr Rücksicht nehmen zu wollen.
Erst nach der direkten Ansprache jedes einzelnen Piloten erfolgte die Antwort.
Sie lautete einhellig: Nein! Auch keiner der anderen Kampfpiloten hatte auch nur eine Idee, was die Ursache dieses glutroten Schimmers sein mochte, der die Kuppe des Großen Ararat wie eine Sonnenkorona umwaberte!
»Gehen Sie bei Ihrem nächsten Anflug noch näher heran!« befahl die übergeordnete Stelle am Van-See. »Wir erwarten eine konkrete Analyse des gesichteten Phänomens - ich muß Ihnen nicht erklären, in welch sensibler Grenznähe sie sich bewegen! Die Ursache der Vorkommnisse muß restlos aufgeklärt werden, sonst .«
Schlimmer als eine ausgesprochene blieb die unausgesprochene Drohung in der dünnen Luft der Mig-Kanzel hängen. Edir Birecik meinte einen Eiszapfen über sein Rückgrat streichen zu fühlen.
»Verstanden!« bellte er ins Mikro.
Dann erteilte er die nötigen Befehle, um die Formation zu verändern. V-förmig, die Spitze nach hinten gerichtet, als wollten sie den gewaltigen Berg in die Zange nehmen, jagte das Geschwader in viereinhalbtausend Metern Höhe auf die größte der beiden Bergkuppen zu.
Und dieses Mal griff das düstere Glühen mit hypnotischer Kraft nach den Gehirnen der Piloten.
»Geschwaderführer melden! Geschwaderführer, wo bleibt der Bericht? Warum melden Sie sich -?« Die Stimme aus dem Stützpunkt stockte, als sich zwei der fünf beweglichen Punkte berührten und vom grün schimmernden Radarschirm verschwanden - dann überschlug sie sich: »Leutnant Birecik ...!«
Keine Antwort. Die letzten drei Markierungen strebten nun auch aufeinander zu und - »Bei Allah und dem Propheten!«
Dann gab es auch die letzten drei Migs und ihre Insassen nicht mehr .
*
Anum hielt den Lilienkelch felsenfest in seinen Händen - auch wenn die Bilder, die er im Bodensatz des magischen Gefäßes sah, seinem Zorn neue Nahrung verliehen.
Was für eine entartete Welt! dachte er angewidert und sah zu, wie die stählernen, von Menschenhand erbauten Vögel auf sein Betreiben hin miteinander kollidierten.
Ein glühender Trümmerregen ergoß sich über die Ebene. Nach dem Aufschlag kam es zu weiteren Explosionen, deren Natur Anum nicht gleich durchschaute:
Waffen!
Waffen von gewaltiger Zerstörungskraft, mit denen diese »Metallvögel« bestückt gewesen waren, explodierten dort unten, und Anum fragte sich - mußte sich fragen -, was geschehen wäre, wenn diese Waffen den Dunklen Dom ins Visier genommen hätten.
Hätte er noch schlafend in seiner Kammer gelegen, wäre dies nicht nur der endgültige Untergang der Dunklen Arche gewesen, sondern auch sein Tod!
Menschenhände hätten ausradiert, was die Urmutter einst ersonnen und geplant hatte .
. .. bevor sie sich von uns abwandte, dachte Anum.
Es berührte ihn wie das Vakuum des Weltenraums.
Auch wer ursächlich hinter Lilith Eden, hinter Felidaes 4 Kelchdiebstahl und dem Niedergang der Alten Rasse allgemein steckte, hatte er aus der EWIGEN CHRONIK erfahren ...
Ewig ... dachte er. Nichts ist wirklich ewig!
Die Erkenntnis tat weh.
Weil sie alles in Frage stellte.
Er war stets der Liebling seiner Mutter gewesen. Schon zu Zeiten
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