Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)
bringt«, sagte der Haddsch.
»Zum dritten Akt? Guter Mann, mit ein bisschen Glück können wir den zweiten noch ewig ausweiten«, sagte Colonel Vivian.
»Ich habe eingehend darüber nachgedacht«, sagte Philby senior. »Wir sollten nicht darauf zählen, dass sich die Russen endlos für dumm verkaufen lassen. Wenn der NKWD unserem SIS nur ein bisschen ähnelt, wird sich eine neue Generation Analytiker hocharbeiten, und einer davon wird sich einen Namen machen wollen. Und wie ginge das besser als durch die Enttarnung eines britischen Agenten? Er wird Kims Telegramme analysieren, von 1934 an, als Kim dem damaligen, später nach Moskau zurückbeorderten, hingerichteten Residenten erklärt hat, er habe meine Papiere durchgesehen und keinen Hinweis darauf gefunden, dass ich für den Geheimdienst arbeite.«
»Was wahr ist«, sagte Colonel Vivian.
»Wahr genug, um einer Überprüfung standzuhalten«, stimmte der Haddsch ihm zu. »Eine sorgfältige Analyse wird dennoch zutage fördern, dass der Großteil der durch meinen Jungen weitergegebenen vermeintlichen Geheimnisse entweder englischen Interessen diente – wie die Informationen über den Zeitpunkt der deutschen Invasion Sowjetrusslands – oder schlicht erfunden war. Nehmen Sie nur Ihre Geschichte von den britischen und irischen Flughäfen voller B-29-Bomber mit diesen neuen atomaren Dingern. Am Ende werden die Russen herausbekommen, dass sie nicht stimmte, und ein Analytiker, der sein Fach versteht, wird die Frage aufwerfen, ob mein Junge das wusste, als er die Information weitergab, was ihn als Doppelagenten entlarven würde.«
»Als Dreifachagenten«, warf Colonel Vivian ein.
Colonel Menzies und St John Philby sahen Colonel Vivian an, der sich voller Unbehagen die Wange kratzte. Colonel Menzies wandte sich erneut dem Haddsch zu. »Fahren Sie fort, St John.«
»Ich denke, sobald da Zweifel entstehen, wird sich das Blatt wenden, und sie werden meinen Jungen verdächtigen, ein Doppelagent zu sein. Ja, ich denke
Doppelagent
ist die treffendere Bezeichnung.«
»Was Sie da sagen, ist ziemlich beunruhigend«, räumte Colonel Menzies ein. »Können wir dem zuvorkommen?«
»Das können und das sollten wir«, sagte der Haddsch. »Ich würde behaupten, die durchschnittliche Lebensdauer eines Agenten mit zwei Leben liegt bei rund zehn Jahren. Kim ist 1940 an Bord gekommen. Wenn ich richtig liege, bleiben uns also noch fünf Jahre.«
»Was dann?«, fragte Colonel Vivian.
»Spätestens 1950 sollte wir dafür sorgen, dass mein Junge als langjähriger Sowjetagent enttarnt wird.«
Die beiden Colonels starrten den Haddsch an. Sprachlos.
»Verstehe ich Sie richtig, Sie sagen …«, kam es aus Colonel Vivian heraus.
»Sie erlauben sich einen Scherz mit uns«, sagte Colonel Menzies.
Philby schien äußerst zufrieden mit sich. »Mir war nie etwas ernster«, verkündete er, »und es sollte einfach umzusetzen sein. So könnten die Amerikaner zum Beispiel in alten codierten sowjetischen Diplomatendepeschen Sätze finden, die besagen, dass einer ihrer Agenten innerhalb des F. O. während seiner Zeit in der britischen Botschaft in Washington an den Wochenenden seine schwangere Frau in New York besucht hat. Das würde direkt zu Kims altem Freund aus Cambridger Zeiten führen, Donald Maclean …«
»Damit müssten wir Maclean enttarnen!«, rief Colonel Vivian.
»Er ist schließlich wirklich ein sowjetischer Agent«, erinnerte der Haddsch seine Zuhörer.
»Das stimmt«, murmelte Colonel Menzies.
»Mein Junge«, fuhr Philby senior fort, »würde im Zuge seiner Gegenaufklärungs-Aktivitäten entdecken, dass die Amerikaner Maclean auf die Spur gekommen sind. Daraufhin könnte er Guy Burgess kontaktieren, damit dieser Maclean sagt, er solle die Beine in die Hand nehmen. Wenn es Kim gelingt, Burgess Angst zu machen, verliert der womöglich die Nerven und schließt sich Maclean an. Das würde uns von zwei sowjetischen Spionen befreien, ohne sie öffentlich anklagen zu müssen. Wenn die beiden dann in Moskau eintreffen, werden die Amerikaner die Schlinge um den Hals meines Jungen immer enger ziehen. Schließlich war er seit Cambridge, also seit den frühen Dreißigern, der Genosse der beiden. Ganz sicher würde sich jemand daran erinnern, dass es Burgess war, der damals Kims Namen für eine Anwerbung durch den SIS ins Spiel gebracht hat. Und wer sonst hätte Maclean warnen sollen, wenn nicht Kim?«
Die beiden Colonels hingen an den Lippen des Haddsch, als würde er die Handlung
Weitere Kostenlose Bücher