Phillips Bilder (German Edition)
auf den Arm.
„Hast du schon angefangen?“, frage ich.
„Ja, aber ich arbeite auch stundenweise bei Benni im Projekt. Ich muss mich langsam zusammenreißen.“
Benjamin nimmt das Tablett und räumt den Tisch ab. „Ich will zur Villa.“
„Gut.“ David gibt ihm einen Kuss und ich schaue Richtung Straße, aber der Garten ist so zugewachsen und versteckt, dass man uns nicht sehen kann. Ich lebe in einer Stadt, wo mir jeden Tag auf dem Weg zur U-Bahn mindestens ein Männerpaar begegnet, das sich an den Händen hält. Aber kaum bin ich wieder hier, drehe ich mich um.
„Kann ich mitkommen?“, frage ich Benjamin.
„Klar.“ David geht ins Haus und wir wenden uns Richtung Straße. Die Kamera hänge ich mir über die Schulter. Wir gehen die Dorfstraße entlang, biegen in einen Weg ein, der am Bach entlang führt. Gern würde ich Benjamin über Seth ausfragen. Wann er wiederkommt. Ob sie mit ihm vögeln. Wer Niko ist. Ich frage stattdessen: „David studiert doch Biologie oder so was?“
„Ökologie.“
„Und du?“
„Ich hab Landschaftsbau gelernt. Jetzt arbeite ich seit Kurzem im Kunstbauernhof.“
„Dachte, die veranstalten Kino und Theater und so.“
„Ja, aber auch ökologische Projekte. Biologisches Gärtnern, Kurse für Schulklassen. Ich hab da schon Zivi gemacht.“
In einem Vorgarten arbeitet eine ältere Frau. Sie richtet sich auf, als wir herankommen. Benjamin grüßt sie freundlich, ich beeile mich auch, ‚Guten Tag‘ zu sagen und sie grüßt zurück. Im Augenwinkel sehe ich, wie sie uns unverhohlen nachstarrt, als wir weitergehen.
„Wie haltet ihr es hier aus, als Schwule?“
„Mit Aushalten hat das nichts zu tun. Ist schon okay. Ins Gesicht gesagt hat uns noch keiner was. Wahrscheinlich tratschen sie, dass sich die Balken biegen. Ein paar grüßen nicht, aber auf die kann ich sowieso verzichten.“ Benjamin reißt einen Grashalm vom Wegrand ab und kaut auf dem Ende herum.
„Wir wären auch die totalen Außenseiter, wenn wir Heteros wären. Wir sind doch sowieso die spinnenden Ökos.“
„Stammst du von hier?“
„Ja. Paar Leute sind ganz nett eigentlich. Aber mit den meisten kann ich nichts anfangen.“
Wir gehen jetzt wieder auf der Dorfstraße und mir fällt auf, dass Benjamin barfuß ist. Ich deute auf seine Füße. „Du musst es mit dem Öko aber auch nicht übertreiben.“
„Ich laufe einfach gern barfuß. Solltest du auch ausprobieren.“
„Lass mal.“
Benjamin biegt in einen Pfad ein, der über eine mit Obstbäumen bewachsene Wiese führt. Er geht ein paar Schritte vor mir und bewegt sich völlig sicher zwischen dem hohen Gras.
„Pass auf, der Bach“, er springt über Steine auf die andere Seite, „Geht’s?“
Mit meinen Turnschuhen rutsche ich auf den Steinen fast ab, Benjamin hält mir die Hand entgegen und zieht mich ans andere Ufer. Wir gehen einen Hang hoch und vor uns erhebt sich eine kleine Villa mit einem Türmchen.
„Das ist sie.“
Ich bleibe neben Benjamin stehen. Er schaut zu der Villa hoch und in seinem Gesicht ist ein Ausdruck, den ich nicht einordnen kann, eine Erinnerung oder Sehnsucht. Er ist schön in diesem Moment und ich sage nichts.
„Komm“, er wendet sich ab, geht um das Haus herum, „Ich kümmere mich um den Garten.“
Hinter der Villa ist das Gras gemäht, aber schon wieder so hoch, dass mein Vater umgehend den Rasenmäher anwerfen würde.
„Wer wohnt hier?“
„Ein Rechtsanwalt. Er ist nicht oft da, deswegen hat er mich für den Garten angestellt.“
Wir gehen weiter, an einem Teich mit einem Engel vorbei und durch eine Wand aus alten Rhododendren. Dahinter ist das Gras höher, mit Wildblumen durchsetzt. Vor einem alten Pavillon mit geschnitzten Verzierungen stehen Liegestühle aus Teakholz, daneben wächst Bambus, unter dem sich ein quadratisches Wasserbecken versteckt. An der Ziegelmauer, die den Garten umschließt, blüht ein üppiges Staudenbeet.
„Hast du das gestaltet?“, frage ich.
„Hab nur das, was schon da war, ergänzt, mit dem Bambus zum Beispiel. Das ist nichts weiter.“
„Finde ich schon.“
Gemeinsam tragen wir mehrere Kannen Wasser zu dem Blumenbeet, dann schneidet Benjamin verblühte Stauden ab. Aus einer Schale pflanzt er Stockrosen vor die Mauer. Schließlich gehen wir zurück Richtung Haus. Benjamin kontrolliert den Abfluss des Teiches, schneidet ein paar Zweige von einer Weide, die sich zu tief über das Wasser beugen. Dann wendet er sich zur Rückseite der Villa, zu einer blassgrün
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