Phillips, Carly - Costas-Sisters 01 - Kuess mich Kleiner!
schnell wollte Quinn Sams Pflegeeltern sein Vertrauen nicht entziehen. Dafür war er schon von Natur aus zu hartnäckig.
Er fuhr sich mit der Hand durch sein ohnehin schon vom Wind zerzaustes Haar. Er würde bei Felice vorbeischauen, bevor er sich wieder auf seine eigentlichen Probleme konzentrierte.
Sein Chevy Blazer stand auf der anderen Straßenseite. Aber die frische Herbstluft und die Aussicht, ein bisschen allein zu sein, lockten ihn. Er hatte noch ein bisschen Zeit, bevor er wieder in seine derzeitige Undercover-Identität schlüpfen musste. Diese Pause wollte er so gut wie möglich nutzen. Quinn ging zur Promenade der Islet Pier. Dieser Ort war seine Zufluchtsstätte, seit er denken konnte.
Um diese Jahreszeit war der Strand verlassen und die Imbissbuden geschlossen. Das würde auch bis zum Frühling so bleiben. Quinn sog die salzige Luft tief in seine Lungen und spürte, wie die friedliche Stimmung des Ortes ihn erfüllte. Bis sie jäh gestört wurde.
Eine Frau mit rabenschwarzem Haar schritt die Stufen zum Strand in Richtung Pier hinunter. Sie ging direkt unter Quinn entlang. Der Wind zerzauste ihr langes Haar, das um ihre Schultern wehte. Ihr klassisches Profil war unverwechselbar. Die Ähnlichkeit traf ihn wie ein Schlag in den Magen.
»Unmöglich!«, knurrte er. Schließlich hatte er sich persönlich um Zoe Costas gekümmert!
Quinn beruhigte sich etwas, doch plötzlich fiel ihm die andere Möglichkeit ein. Sie war noch schlimmer als die erste. Wenn die Frau da unten an der Islet Pier nicht Zoe war, musste sie ihre Zwillingsschwester sein. Ari, die Collegedozentin, die angeblich weit weg und sicher in Vermont hockte. Jedenfalls hatte Zoe das geschworen. Zoe hatte beteuert, dass Ari ihretwegen nicht nach Ocean Isle zurückkehren und ihnen in die Quere kommen würde. Nie im Leben. Ganz gleich, wie traurig sie auch sein würde, wenn sie von dem angeblichen Tod ihres Zwillings erfuhr. Ari würde ihre Studenten niemals mitten im Semester im Stich lassen und nach Hause fliegen. Sie würde in ihrer eigenen Welt um ihre Schwester trauern, in ihrer geistig normalen Welt, in die sie sich schon Vorjahren geflüchtet hatte. Das hatte Zoe ihm hoch und heilig versichert.
Mist! Quinn schüttelte den Kopf. Offenbar waren sich die beiden Schwestern so fremd geworden, dass Zoe nicht mehr wusste, was ihre Zwillingsschwester tun und lassen würde. Denn ganz offensichtlich war Ari gekommen.
Und damit stand Quinn vor einem Problem.
Bevor er sich entscheiden konnte, wie er es angehen wollte, hörte er eine männliche Stimme, die das Rauschen der Wellen übertönte. Quinn reagierte instinktiv. Er sprang von der Pier auf den Strand und riss Ari zu Boden. Im gleichen Moment peitschte ein Schuss auf.
Ariana landete unsanft im Sand und spürte einen stechenden Schmerz in der Brust. Sie rang nach Luft, aber gleichzeitig nahm sie den Mann wahr, der da auf ihr lag. Und außerdem registrierte sie, dass da eben jemand auf sie geschossen hatte.
Auf sie!
Die Wellen schlugen an den Strand, und die Möwen kreischten in der Luft. Ariana hörte jedoch nur das angestrengte Keuchen des Mannes und spürte dessen heißen Atem auf ihrer Haut. Trotz ihrer misslichen Lage durchströmte sie ein Gefühl von Weiblichkeit, das sie schon lange nicht mehr empfunden hatte.
Sekunden verstrichen, ohne dass sie sich gerührt hätten. Der Mann lag nicht nur mit seinem ganzen Körper auf ihr und drückte sie in den Sand, er roch auch noch außerordentlich gut. Männlichkeit und Entschlossenheit gingen von ihm aus. Entweder hatte er ihr das Leben gerettet oder den Schuss selbst abgefeuert. Ariana hatte keine Lust, so lange zu warten, bis sie Letzteres herausgefunden hätte.
Als er sich von ihr herunterrollte, sprang sie deshalb augenblicklich auf und rannte im Zickzack über den Strand davon. Doch in dem schweren Sand kam sie nicht gut vorwärts. Sie hatte nicht einmal die halbe Strecke bis zur Straße geschafft, als ihr Verfolger sie einholte. Er schlang seinen Arm um ihre Hüfte und zerrte sie hinter eine verlassene Imbissbude.
»Was sollte das denn sein?« Für ihren Geschmack atmete er viel zu ruhig. Jedenfalls im Vergleich zu ihrem eigenen angestrengten Keuchen.
»Zickzack«, stieß sie verängstigt hervor.
Er stand hinter ihr, und sie hörte seinen belustigten Unterton, als er fragte: »Haben Sie das aus der Fernsehserie The In-Laws? «
Ariana war überhaupt nicht nach Lachen zumute. Sie hatte sich früher in alte Filme geflüchtet, um
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