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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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Raum ziemlich sorgfältig, merkte mir die Linie vom Sessel zur Tür, das eine große Fenster mit den Schnitzereien im Rahmen, die ich nicht lesen konnte, den Standort der drei Tabletts, die anscheinend aus Gold waren. Auf einem Ständer in einer Ecke befand sich eine Vase mit Blumen, die wohl rot und gelb waren, aber ich war mir nicht sicher. Und so weiter. Ich betrat den nächsten Raum, immer noch vollkommen lautlos. Ich kann das, müßt ihr wissen.
    Die Küche war groß, aber kaum eindrucksvoll. Viel Arbeitsflächen, ein bißchen wenig Platz für Vorräte. Ich hätte hier gerne gekocht, glaube ich. Die Messer waren gut gepflegt worden, und die meisten schienen auch sauber geschmiedet zu sein. Die Kochtöpfe waren entweder sehr groß oder sehr klein, und neben der Kochstelle lag jede Menge Holz. Der Kamin führte dahinter durch die Wand nach draußen. An der gegenüberliegenden Wand befand sich eine Spüle mit Handpumpe, die im fahlen Licht, das ich erzeugte, schimmerte. Wer mußte die wohl polieren?
    Und so weiter. Ich ging durch jeden Raum, überzeugte mich, daß es keinen Keller gab, und sah davon ab, mich oben umzuschauen. Dann bin ich wieder nach draußen in die kalte Brise aus Salzwasser und totem Fisch und umkreiste alles erneut, diesmal ohne Licht. Viel habe ich dabei nicht erfahren, außer daß es schwierig ist, sich lautlos zu bewegen, wenn man ständig über Gartengeräte stolpert. Als ich zu meinem Versteck zurückkehrte, dauerte es nur noch eine knappe Stunde bis Tagesanbruch. Inzwischen kam von Osten her genug Licht, so daß ich beinahe was erkennen konnte, also nutzten Loiosh und ich die Zeit, um nach einem Ort in der Nähe des Palastes Ausschau zu halten, der uns als Versteck dienen konnte. Um eine stundenlange Suche in einen Satz zu fassen: Wir fanden nichts. Wir verließen die Stadt und liefen abseits der Hauptstraßen, bis wir uns einigermaßen tief in einem Dickicht befanden, das recht sicher aussah. Noch war es kühl, aber bald würde es wärmer werden. Ich wickelte mich fest in meinen Umhang und fiel langsam in etwas, das als Schlaf durchgehen konnte.
    Am späten Nachmittag erwachte ich.
    »Machen wir es heute, Boß?«
    »Nein. Aber wenn heute alles glattgeht, machen wir es morgen.«
    »Wir haben bald keine gepökelten Kethnas mehr.«
    »Gut. So langsam würde ich auch lieber verhungern.«
    Trotzdem, Loiosh hatte recht. Ich aß ein bißchen von dem, was übrig war, und pirschte an den Stadtrand. Ja, der Palast sah tatsächlich vollkommen ungeschützt aus. Wahrscheinlich hätte ich direkt hineinmarschieren und es erledigen können, wenn ich sicher gewußt hätte, wo der König sich aufhielt. Ich kroch etwas näher heran, hinter einem verrottenden, eingefallenen Fruchtstand verborgen, der vor Jahren schon verlassen worden war.
    Der Himmel hatte sich gerade verdunkelt, und ich beschloß, dies wäre so ziemlich die beste Tageszeit für mein Vorhaben; wenn es noch hell genug war, daß ich sehen konnte, die einbrechende Nacht aber meine Flucht decken würde. Ich warf einen Blick auf meine Notizen über Eingänge und den Palastgrundriß und überlegte mir, daß ich heute einen Testlauf durchführen würde, also alles ausprobieren, was ich konnte.
    Hineinkommen war einfach, weil das Küchenpersonal die Hintertür nicht abschloß, und nach dem Abendessen war dort niemand mehr. Ich lauschte sehr lange, bevor ich die Diele hinunter in die enge Öffnung unter der Treppe weiterging. Dort zu warten war nervenaufreibend, weil ich ständig Schritte und die Unterhaltungen der Bediensteten anhören mußte.
    Nach einer halben Stunde hatte ich den richtigen Zeitpunkt: Wenn der König seinen Speisesaal verließ, um sich nach oben zurückzuziehen. Ich sah ihn vorbeilaufen: eine hagere Gestalt, nicht sehr alt, mit angeklebten Haaren und hellen grünen Augen. Gekleidet war er recht einfach, in rote und gelbe Roben, ohne irgendwelche Würdenzeichen, abgesehen von einer schweren Halskette, auf die eines der Symbole graviert war, die ich im Thronsaal oder Audienzzimmer, oder was es auch war, gesehen hatte. Neben ihm lief ein kleiner Kerl mit einem kurzen Speer über der Schulter. Ich hätte sie beide erledigen können, aber ein Grund dafür, daß ich noch am Leben bin, ist, daß ich immer äußerst vorsichtig bin, wenn mein eigenes auf dem Spiel steht.
    Sie liefen, wie ich schon sagte, direkt an mir vorbei, ohne mich im Dunklen unter der Treppe wahrnehmen zu können. Als sie über meinem Kopf nach oben gingen, erprobte

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