Phönix
sanftgrün beginnt und am Hals wie Feuer brennt. Als ich sie das erstemal zu Valabar eingeladen habe, hat sie dieses Kleid mit einem weißen Edelstein als Brosche getragen.
Ich spuckte den Grashalm aus und nahm mir einen neuen, während ich auf den Sonnenuntergang wartete, damit ich unbemerkt durch die Straßen wandern konnte. Als es soweit war, zögerte ich erneut, war unentschlossen, bis Loiosh, mein Begleiter und Vertrauter, mir von seinem Sitzplatz auf der rechten Schulter zwischen die Gedanken sprach.
»Paß auf, Boß, willst du Verra wirklich erklären, daß du plötzlich Gewissensbisse bekommen hast und sie sich einen anderen suchen muß, der den Wicht umlegt?«
Ich entfachte mit der Baumrinde ein kleines Feuer, das ganz ordentlich brannte, und darin vernichtete ich meine Notizen. Dann löschte ich es und verstreute die Asche, zog einen Dolch unter dem linken Arm hervor, prüfte Spitze und Schärfe und machte mich auf in die Stadt.
Das Blut eines Königs klebte mir auf dem rechten Handrücken, als ich den Palast verließ und mich fortschlich. Die kurzen Augenblicke nach einem Attentat sind die gefährlichsten, und dieser Auftrag war ohnehin schon so schwammig, daß ich auf keinen Fall Fehler machen wollte. Es war früher Abend, und in weniger als einer Stunde wäre es völlig dunkel. Selbst so wie jetzt glaubte ich nicht, daß ich groß auffiele. Ich duckte mich hinter ein großes Holzgestell, das ich mir vorher ausgesucht hatte, und gestattete mir noch immer nicht zu rennen. Gemächlich ging ich an den Stadtrand. Ich wickelte das Messer, rot vom Blut des Königs, in ein Stück Stoff und steckte es in meinen Umhang.
Loiosh war draußen geblieben, über dem Palast, und flog weiter in der Nähe herum.
»Irgendwelche Verfolger?«
»Keine, Boß. Aber ziemlicher Aufruhr. Sie suchen nach dir, aber es sieht nicht gerade gut organisiert aus.«
»Gut. Schaut irgend jemand zu Boden? Gibt es Anzeichen von Ritualen oder Zaubersprüchen?«
»Weder noch. Nur jede Menge kopfloses Gerenne, und – Moment. Eben ist jemand herausgekommen und – ja, er schickt Leute in verschiedene Richtungen aus. Aber keinen in die richtige.«
»Wieviele Richtung Hafen?«
»Vier.«
»Na schön. Komm wieder her.«
Eine oder zwei Minuten darauf landete er auf meiner rechten Schulter.
»Du behältst das Messer bei dir, Boß?«
»Wenn sie mich erwischen, ist das Messer auch egal. Ich will es nicht hierlassen, weil sie womöglich Hexer haben.«
»Das Meer?«
»Genau.«
Als ich schließlich ein gutes Stück von der Stadt entfernt war, verfiel ich in leichten Trab. Mit diesem Teil des Fluchtplans war ich nicht allzu glücklich, aber etwas Besseres war mir nicht eingefallen. Ich versuche, in Form zu bleiben, aber ich trage immer mehrere Pfund Besteck mit mir herum, ganz zu schweigen vom Rapier in einer Scheide, die beinahe bis zum Boden reicht und nicht dafür gemacht wurde, damit zu rennen. Ich trabte eine Weile, dann ging ich schnell, dann trabte ich noch etwas. Ein kleiner Bach tauchte auf, und ich platschte ein Stück hindurch, und als sich unsere Wege trennten, hatte ich immer noch trockene Füße; ein Wunder erzeugt von Darrlederstiefeln und Chreothaöl.
Alles, was ich tun mußte, war, vor dem Morgen zum Hafen zu gelangen, mir eines der kleinen Boote schnappen und es so weit aufs offene Meer segeln, daß ich mich teleportieren konnte. Interessant war unter anderem, daß ich nicht wußte, wie weit das sein würde, wenn ich also beobachtet und verfolgt würde, könnte es knifflig werden. Allerdings schätzte ich, daß ich bestimmt zwei Stunden vor Anbruch der Dämmerung dort sein würde. Der Trick war, wesentlich früher dort zu sein als die, die mich verfolgten, und sie benutzten die Straße. Wenn sie eher dort waren und ich den Hafen bewacht vorfände, müßte ich mich verstecken und auf eine gute Gelegenheit warten.
»Hier ist irgendwo jemand, Boß. Warte. Mehr als einer. In der Nähe. Wir sollten uns besser –«
Irgendwas traf mich, und ich stellte plötzlich fest, daß ich auf dem Rücken lag, und dann, daß ich die linke Schulter nicht bewegen konnte und mir alles weh tat. Neben mir lag ein rundlicher Stein, den jemand, wie ich schlußfolgerte, auf mich geschleudert hatte. Ich lag unter Schmerzen da, bis Loiosh sagte: »Boß. Da kommen sie!«
Gewöhnlich kann ich mich gut an Kämpfe erinnern, denn mein Großvater hatte mich gelehrt, jede unserer Übungssitzungen im Kopf zu behalten, damit wir später meine
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