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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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war allerdings nicht abgeschlossen, als meine Beine wieder funktionierten, konnte ich also problemlos nach draußen.
    Es war hell, aber nicht mehr sehr. Loiosh landete auf meiner Schulter. »Hier lang, Boß. Ich habe ein Versteck bis zum Anbruch der Nacht gefunden.«
    »Dann mal los«, sagte ich, und er führte uns, und bald schon saß ich in einem Graben um ein Maisfeld, umgeben von einer Baumgruppe. Niemand hatte mich ankommen sehen. Zu verschwinden, nahm ich an, würde schwieriger werden.
     
     
    Dieser spezielle Teil der Insel wurde intensiv beackert; äußerst intensiv, verglichen mit Dragaera. Ich war Straßen nicht gewöhnt, die Ackerland durchschnitten, als gäbe es nur diesen einen Weg für sie. Außerdem wollte ich von der Hauptstraße wegbleiben, damit ich kein Mißtrauen erregte, also lief ich parallel zu ihr, etwa eine halbe Meile entfernt durch schmutzig braune Felder, aus denen winzige Pflanzen dieser und jener Art sprossen, die diverse Vogelarten ernährten. Loiosh jagte zum Spaß ein paar von den Vögeln. Die Häuser waren kleine Hütten aus dunkelgrünen Schindeln. Anscheinend bestanden ihre Dächer aus langen Schößlingen, die an der einen Seite aus dem Boden kamen und auf der anderen wieder darin verschwanden. Sie sahen nicht so aus, als könnten sie den Regen abhalten, aber so genau habe ich auch nicht hingeschaut. Das Land an sich war leicht hügelig; entweder lief ich bergauf oder bergab, allerdings nie besonders steil. Durch dieses Gelände kam ich langsam voran, und ich wurde schneller müde als ich gedacht hatte, aber ich hatte es auch nicht eilig, also legte ich öfter eine Pause ein. Im Rücken hatte ich den Wind vom Meer, ein bißchen kalt und etwas stechend; nicht unangenehm.
    Auf beiden Seiten der Straße wuchsen inzwischen einige Bäume, solche mit komischer, altweißer Borke, hohen Ästen und fast runden Blättern. Es wurden immer mehr, bald auch hier und da die bekannteren Eichen und Rotnußbäume, bis ich schließlich eher im Wald als durch Ackerland lief. Ich überlegte, ob man dieses Gebiet wohl eines Tages abholzen würde, wenn die Insulaner mehr Land benötigten. Aber wäre das je der Fall? Wieviel Ackerbau betrieben sie denn und wieviel Fischerei? Wen interessierte es? Ich lief weiter und überprüfte hin und wieder meine Karte, um sicherzugehen.
    Wir blieben beim Gehen abseits. Auf dem Weg sahen wir ab und zu Reisende, meistens zu Fuß, manche aber auch auf Ochsenkarren mit viereckigen Gespannen. Vögel trällerten Melodien, die ich nie zuvor gehört hatte. Der Himmel war wie im Imperium ständig bedeckt, aber irgendwie schien er höher zu sein, und es sah so aus, als könnte er hier auch mal klar sein, wie er es im Ostreich war.
    Am späten Nachmittag traf ein zweiter Weg auf den, an dem wir entlangliefen. Ich fand ihn auf meiner Karte und wußte, die Stadt lag nahe, und die Karte stimmte. Nach dragaeranischen Maßstäben war es keine sonderlich große Stadt, und in den Augen eines Ostländers war sie ziemlich seltsam. Da waren Anhäufungen von Hütten hier und da: Bauten aus Leinen auf hölzernen Rahmen oder gar Steinrahmen, was sehr merkwürdig war; und ein paar, die waren an zwei Seiten offen, und Tische standen davor, als wären es Orte der Anbetung oder aber etwas völlig anderes. Ich habe es nie herausgefunden. Es sah aus wie eine Stadt, die nachts vollkommen leer ist. Vielleicht war sie es ja; jetzt blieb keine Zeit, das zu prüfen. So oder so, in unserer Nähe waren kaum Leute.
    Ich versteckte mich in einer Abfallgrube, während Loiosh umherflog und mir einen besseren Unterschlupf suchte, sowie einen sicheren Weg dorthin. Loiosh forschte noch etwas herum und entdeckte ein graues Steingebäude, drei Stockwerke hoch, das ein wenig abseits der Straße umgeben von einem kleinen Garten stand. Um den Garten gab es keine Mauern, und Wege aus Steinen und Muscheln in diversen hellen Farben führten zur unscheinbaren Eingangstür. Der Standort stimmte mit dem des Palastes und der Beschreibung, die wir von ihm hatten, überein. Da haben wir’s.

 
     
LEKTION
DAS PERFEKTE ATTENTAT
     
     
    Man kann auf Millionen verschiedene Arten sterben, wenn man jedes einzelne lebenswichtige Organ aufzählt, jede Art, wie es versagen kann, alle Gifte der Erde und des Meeres, die solches Versagen auslösen können, all die Krankheiten, denen man, ob Dragaeraner oder Mensch, zum Opfer fallen kann, die Tiere, die Unbilden der Natur, die Mißgeschicke aus dem täglichen Leben, sowie jedwede

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