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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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Art, jemanden absichtlich umzubringen. Eigentlich ist es so gesehen merkwürdig, daß man überhaupt je einen Auftragsmörder engagiert oder daß die Leute lange genug leben, um irgendwas auf die Beine zu stellen. Und doch sterben die Dragaeraner, die gemeinhin zweitausend Jahre und länger leben, in der Regel erst, wenn ihre Körper es nicht mehr schaffen, altersschwach, genau wie wir, nur nicht ganz so schnell.
    Aber das tut nichts zur Sache. Ich hatte den Auftrag angenommen, dafür zu sorgen, daß eine bestimmte Person stirbt, und das bedeutete, ich konnte nicht einfach hoffen, daß sie an einer Gräte erstickt, sondern ich mußte sicherstellen, daß sie stirbt. Also. Es gibt Tausende Arten, jemanden umzubringen, wenn man an all die Zaubersprüche denkt, jede Art, all die Gifte anzubringen, jeden Fluch, den ein Hexenmeister aussprechen kann, jedes Mittel, ein zufälliges Ableben zu inszenieren, jeden Stoß mit jeder Art von Waffe.
    Ich habe mich nie eingehend mit Giften befaßt, Unfälle sind kompliziert und schwierig zu arrangieren, gegen Zauberei kann man sich zu leicht verteidigen, und die Künste eines Hexenmeisters sind, wohlwollend ausgedrückt, unvorhersehbar, folglich beschränken wir die Auswahl doch auf die verschiedenen Todesarten durch die Klinge. Auch hier gibt es Hunderte von Möglichkeiten, manche leichter, aber weniger zuverlässig, andere sicher, aber schwierig auszuführen. Zum Beispiel ist es verhältnismäßig einfach, jemandem die Kehle durchzuschneiden, und tödlich ist es gewiß, allerdings dauert es einige Sekunden, bis das Opfer in einen Schockzustand verfällt. Kann man sicher sein, daß er kein Zauberer ist, der die Fähigkeit besitzt, sich zu heilen? Das Herz zu erwischen, wird den Schock natürlich rascher herbeiführen, aber man trifft es schwieriger, weil die ganzen Rippen im Weg sind.
    Und es gibt noch mehr Komplikationen: etwa, hat er Freunde, die ihn wiederbeleben könnten? Wenn ja, möchte man es zulassen oder muß man sicherstellen, daß die Wunde nicht nur tödlich, sondern danach auch unheilbar ist? Ist das der Fall, wird man vermutlich sein Gehirn zerstören wollen oder wenigstens sein Rückgrat. Natürlich kann man es tun, nachdem das Opfer gestorben oder hilflos ist, aber die paar Sekunden können zwischen Entkommen und Entdecktwerden entscheiden. Solange das Imperium in bezug auf die Umstände, unter denen man einen anderen erledigen darf, so wischiwaschi ist, bleibt das Nicht-entdeckt-Werden ein wichtiger Faktor. Man führt den Auftrag aus, dann verschwindet man, idealerweise ohne sich zu teleportieren, weil man während der zwei bis drei Sekunden des Teleports hilflos ist und nicht nur identifiziert, sondern sogar verfolgt werden kann, wenn man richtig Pech hat.
    Der Schlüsselfaktor ist also, alle Umstände auf seine Seite zu bringen: Man kennt den Tagesablauf des Opfers, man hat die Waffe parat, und man weiß genau, wo man es tut und wohin man dann geht und wie man die Mordwaffe loswird, wenn man fertig ist.
    Es dürfte aufgefallen sein, daß diese Vorgehensweisen kaum damit übereinstimmen, daß man in ein fremdes Königreich wandert, ohne Kenntnisse der Kultur oder Geographie, und versucht, jemanden umzubringen, den man nicht einmal erkennen würde, geschweige denn, daß man über seinen möglichen körperlichen, magischen oder göttlichen Beistand Bescheid wüßte.
    Es war immer noch mitten in der Nacht, und die Dunkelheit hier war beträchtlich finsterer als die in Adrilankha, wo immer ein bißchen Licht aus Gasthaustüren oder den oberen Fenstern von Wohnungen oder den Laternen der Phönixwachen, die ihre Runde machen, auf die Straße tröpfelt. Im Osten kann es sogar ein paar Sterne geben – funkelnde Lichtpunkte, die man im Imperium nicht sehen kann, weil sie höher als die orangerote Wolkendecke liegen. Aber hier: gar nichts, außer dem winzigsten Glitzern, das durch die Vorhänge der Fenster hoch oben im Palast drang, und einem dünnen Strich aus der Vordertür. Wir warteten, am Rande der Stadt, mehrere langweilige Stunden. Vier Dragaeraner verließen das Gebäude, alle mit Laternen, und einer kam an. Das Licht im dritten Palaststockwerk erlosch, und wir warteten eine weitere Stunde. Ich fragte mich, wie spät es war, wagte aber nicht, etwas zu tun, nicht mal etwas so Einfaches wie das Gestirn zu erreichen.
    Vor Tagesanbruch kehrten wir in unser Versteck zurück. Während Loiosh aufpaßte, daß ich nicht gestört wurde, nach Beilagen zu den gepökelten

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