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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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mir, aufzustehen, wenn auch unter Beschwerden, und ich mußte nicht schreien, was noch schwieriger war. Aus dem Beutel mit Hexereiutensilien nahm ich mir ein paar Sachen, zum Beispiel Kelschblätter zur Stärkung und ein übelschmeckendes Gebräu aus verschimmeltem Brot und ein Puder aus Kinehra, Nelkenöl und Schmerzwurz. Das wickelte ich in weitere Fetzen aus der Bekleidung meiner Feinde, tränkte es mit meinem Feldbeutel und brachte es schließlich fertig, es gegen das Stück Stoff auf meinem Rücken auszutauschen. Irgendwie hatte die Blutung aufgehört, aber der Verbandswechsel hatte die Wunde geöffnet, und sie tat ganz schön weh. Also nahm ich noch etwas Kinehra, den Rest davon, und vermischte es mit Wermutöl, wiederum Nelkenöl, Korfina und zermahlenen Piniennadeln, tränkte die in Stoff von Loioshs Opfer gewickelte Mixtur und preßte sie mir an die Schulter.
    Ich spuckte das Kelschblatt aus, überlegte, daß ein neues zu kauen mich vermutlich umbringen würde, und rappelte mich auf. Das Stoffstück auf meinem Rücken verrutschte, also mußte ich es wieder geraderücken und mit dem Gürtel von dem Blauäugigen festbinden. Das andere hielt ich so fest, biß die Zähne zusammen und schleppte mich zügig, ha!, durch den Wald.
    Ungefähr hundert Meter muß ich geschafft haben, bevor mir schummerig wurde und ich mich hinsetzen mußte. Nach einigen Minuten versuchte ich es erneut und kam vielleicht ein Stück weiter. Ich setzte mich, bis ich genug geflucht hatte, und entschied mich schließlich doch für ein neues Kelschblatt. Anscheinend hat es gewirkt, denn ich glaube, ich habe es eine gute Meile weit geschafft, bevor ich wieder anhalten mußte.
    »Loiosh, in welche Richtung laufen wir?«
    »Immer noch zum Hafen, Boß. Ich hätte mich schon gemeldet, wenn du vom Weg abgekommen wärst.«
    »Ach. Gut.«
    Sonst sagte ich nichts, weil selbst das Sprechen mich auslaugte. Ich rappelte mich auf und schlurfte hastig weiter. Jeder Schritt war wie – ach, nein, ich will gar nicht mehr daran denken, und ihr wollt es auch nicht wissen. Wir waren weniger als drei Meilen vom Kampfschauplatz entfernt, vielleicht fünf vom Hafen, als Loiosh sagte: »Da vorne ist jemand, Boß.«
    »Oh«, machte ich. »Kann ich jetzt sterben?«
    »Nein.«
    Ich seufzte. »Wie weit weg?«
    »Knapp dreißig Schritte.«
    Ich blieb augenblicklich stehen und schob mich hinter einen großen Baum. »Gibt es einen Grund, daß du ihn eben erst bemerkt hast, Loiosh?«
    »Weiß ich nicht, Boß. Diese Leute haben nicht viel psychische Energie. Möglicherweise – er ist weg.«
    »Ich kann keinen Teleport spüren.«
    »Da bin ich platt, Boß. Er ist einfach – was ist das denn?«
    »Das« war ein Geräusch, so ähnlich wie ein tiefes Brummen, das allmählich höher klang. Wir hörten gebannt zu. Gab es darin Wellen und Schwingungen? Ich war mir nicht sicher. Der Baum hatte eine merkwürdige hellgrüne Rinde, die weich an meiner Wange lag. Ja, da waren Schwingungen in dem Brummen, eine zarte Andeutung von Rhythmus.
    »Es ist irgendwie hypnotisierend, Boß.«
    »Ja. Sehen wir mal nach.«
    »Hä? Wieso? Wir wollen doch hier nicht gesehen werden, oder?«
    »Wenn er nach mir sucht, können wir ihm nicht entgehen. Wenn nicht – glaubst du wirklich, ich kann die komplette Strecke bis zur Küste schaffen? Ganz zu schweigen davon, daß ich ein verraverdammtes Boot steuern soll, wenn wir da sind?«
    »Oh. Was willst du machen?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht lege ich ihn um und klaue alles, was er an Nützlichem dabei hat.«
    »Meinst du, du würdest ihn schaffen?«
    »Kann sein.«
    Er hockte in einer kleinen Senke in den Feldern, im Schneidersitz, mit vollkommen geradem Rücken und trotzdem anscheinend entspannt. Die Augen hatte er geöffnet, und er schaute mehr oder weniger zu uns herüber, aber er schien uns nicht näher kommen zu sehen. Ich konnte sein Haus nicht erraten; er war so blaß wie die Tiassa, so dünn und sehnig wie die Athyra und hatte die schrägen Augen und spitzen Ohren der Dzur. Vom Gesicht her, den hohen Wangenknochen und dem spitzen Kinn, könnte er ein Dragon gewesen sein oder vielleicht ein Phönix. Seine Haare waren hellbraun und wirkten im Kontrast zu seiner Haut dunkler. Er trug weite Hosen in dunkelbraun, Sandalen und eine Art blaue Weste mit Fransen. Ein großes schwarzes Juwel hing ihm an einer Kette um den Hals. Ich glaubte nicht, daß man ihn in den Schlachtenclub lassen würde, wenn er sich nicht vorher andere Schuhe besorgte.
    Unter

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