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Picasso kann jeder

Picasso kann jeder

Titel: Picasso kann jeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schuster
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erlaubt es, die eigene Intuition besser zu nutzen.

13. Störungen der Kreativität
Kreative Blockaden: Das leere Malpapier
    Der erste Strich auf dem leeren Papier ist oft schwierig. Denn erst wenn irgendetwas da ist, kann man damit in Interaktion treten und darauf reagieren. Manchmal wird diese Blockade so hartnäckig, dass das kreative Vorhaben aufgegeben wird. Max Ernst, der diese Art der Blockade kannte, hatte eine gute Idee: Er pauste alle möglichen Strukturen ab, wie Holz- oder Blattmaserungen, und dann konnte er mit diesen ersten Marken auf dem Papier leicht weitermachen.
    Marion Milner schildert in ihrem Buch (1988, englischer Titel: »On not being able to paint«), wie sie eine Blockade bei ihrem Mal-Hobby erlebte. Sie entdeckte schließlich für sich die Kritzelmalerei: Sie brachte einige ganz absichtslose Striche auf das Papier und schaute dann, was sie darin entdeckte (genannt: Kritzelzeichnen, mess-painting). Dadurch kam sie nicht nur zu ungewöhnlichen Bildentwürfen, sondern die Darstellungen brachten jetzt auch seelisch relevantes Material hervor. Sie dachte über ihre Kindheit nach, und es gelang ihr, selbst einen therapeutischen Prozess einzuleiten.
    C. G. Jungs Methode der aktiven Imagination wäre eine nächste Stufe eines solchen therapeutischen Prozesses, der aber auch Kreativität freisetzt. Man denkt sich in Träume und bildhafte Fantasien hinein und agiert in ihnen bildhaft. In seinem »Roten Buch« (2009) hat er seine Erfahrungen detailliert festgehalten. Weil die aktive Imagination aber auch Konflikte und traumatische Erlebnisse wiederbeleben kann, sollte man sie unter der Aufsicht eines Psychotherapeuten durchführen. Eine Therapieform, die mit dieser Methode arbeitet, heißt »Katathym-Imaginative Psychotherapie« (KIP, früher: »Katathymes Bilderleben«, begründet von Hanscarl Leuner, vgl. Leuner 1995).
Blockaden vor dem leeren Schreibpapier,
vor dem leeren Bildschirm
    Auch der erste Satz eines Textes bereitet häufig Kopfzerbrechen, danach fließen die Worte leichter. Vielleicht lassen sich solche Blockaden ähnlich wie beim Malen lösen. Suchen Sie sich in Werbungen oder in anderen Texten Sätze oder Satzbruchstücke. Fangen Sie damit an. Später kann der erste Satz ja noch einmal geändert werden.
    Bei dauerhaften Schreibblockaden erleben Autoren, dass sie »ausgeschrieben sind«, keine Ideen, aber auch keine Lust zum Schreiben weiterer Texte haben. Das kann verschiedene Gründe haben. Vielleicht hat – wie bei Goethe – eine leichte depressive Stimmung überhand genommen (analysiert von Kretschmer 1931). Vielleicht ist der eigene Konflikt, der das Schreiben bislang motivierte, ausreichend bearbeitet. Vielleicht ist auch der autobiografische Stoff ausgegangen, und auf die Erfindung ist man nicht eingestellt. Manchmal mag ein verständnisvoller Psychotherapeut helfen, manchmal eine Veränderung des Lebens, manchmal eine veränderte Einstellung zur Kreation. Dann ist eine individuelle Diagnose nötig.

Robert Louis Stevenson schreibt die Schatzinsel »nur so runter«, jeden Tag ein Kapitel, das er abends seiner Familie vorliest. Nach 16 bis 20 Kapiteln stellt sich ein Schreibstau ein, die Worte fließen nicht mehr. Die Handlung geht auch nicht so recht voran. Dann, Monate später in Davos, ging es wieder. Jeden Tag schreibt er wieder ein Kapitel.
Manchmal hilft es vielleicht auch einfach abzuwarten, oder ein Ortswechsel ist hilfreich.
Ein Versiegen oder ein Übermaß von Ideen
    Dieses Phänomen kommt bei manisch-depressiven Erkrankungen vor. Während einer Depression ist der Fluss der Gedanken wie gelähmt. Sie kreisen grübelnd um einige »Sorgenthemen«, vielleicht sogar um den drängenden Wunsch, sich selbst umzubringen. Über allen Handlungen und Entscheidungen liegt eine bleierne Lähmung. Dies schließt Kreativität weitgehend aus. Es gibt aber Hilfe: Ein Psychiater kann die Diagnose stellen und die geeigneten Medikamente verschreiben. Das beseitigt die Symptomatik im Allgemeinen in wenigen Tagen oder Wochen (ergänzend zur medikamentösen Behandlung ist auch eine Psychotherapie hilfreich). Dann funktionieren auch die Assoziationsverläufe wieder mit der gewohnten Leichtigkeit. Manchmal wechselt diese seelische Krankheit von einer depressiven Phase in eine aufgeregt-agitierte Phase (manische Phase), in der sich der Kranke gar nicht vor Einfällen retten kann. Handlungsideen werden ohne vernünftige Kontrolle umgesetzt. Für Künstler kann diese Phase nutzbar sein.

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