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Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)

Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)

Titel: Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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wohnen
die bösen Nachbarn, sie heißen Lipkowitzki. Das hat Nönn einmal erwähnt. Um was
es bei dem Streit genau geht, weiß ich nicht. So sehr hat mich das bisher nicht
interessiert.«
    Das Gelände
war wegen des bereits erwähnten Grünzeugs schwer zu überschauen. Teils überwucherte
Jägerzäune trennten die Grundstücke.
    »Okay, dann
klingeln wir zuerst bei Herrn Nönn.«
    Wolf war
anderer Meinung. »Ja, gehen Sie mal vor. Ich sondiere zunächst das Gelände.«
    Bevor ich
etwas sagen konnte, war er über den Jägerzaun gestiegen und verschwand im Garten
von Nönn. Mist, musste er ausgerechnet jetzt mit dem Detektivspielen anfangen? Wir
hatten bisher weder einen Plan noch mit den beteiligten Personen gesprochen. Wie
wollte Wolf da irgendetwas finden, das für die Nachbarschaftsstreitigkeiten verantwortlich
sein konnte? Ich schüttelte über soviel Unkenntnis den Kopf und ging Richtung Nönns
Anwesen.
    »Hallo,
Sie da!«
    Die schrille
Stimme kam vom Haus der Lipkowitzkis. Ich drehte mich um und sah eine frauenähnliche
Gestalt, die mich an eine zwei Meter große Catcherin im Rentenalter erinnerte. Wie
eine Kämpfernatur hatte sie sich aufgeblasen, um mir diese drei Begrüßungsworte
zuzurufen. Kurioserweise stand vor ihr ein kleines Männlein, schätzungsweise höchstens
ein Fünftel ihrer Körpermasse wiegend und ihr größenmäßig bis zur Brust reichend.
    »Na, geh
schon, Marcel«, herrschte sie ihn an. »Sag, was du zu sagen hast.«
    Sie sprach
den Namen des zerbrechlich wirkenden männlichen Wesens nicht ›Marcel‹ aus, sondern
›Makel‹. Das erinnerte mich an ein TV-Interview, das ich vor einigen Jahren gesehen
hatte. Hier sprach ein Gast den ebenfalls anwesenden Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki
vehement mit ›Makel Reich‹ an. Schließlich platzte diesem, wie so oft, der Kragen.
»Mein Name ist Reich-Ranicki«, polterte er. Der andere Gast meinte daraufhin staubtrocken:
»Entschuldigen Sie bitte, das wusste ich nicht. Da können Sie mal sehen, wie schnell
ich den Fernseher ausschalten kann, wenn Sie auf Sendung sind.«
    Das Männlein
kam zögernd aus dem Vorgarten herausgelaufen und stand schließlich vor mir auf dem
Gehweg. Hinter ihm stampfte die Dame des Hauses nach, wahrscheinlich kam es dadurch
zu einer messbaren Unwucht der Erdrotation.
    »Verzeihen
Sie bitte, mein Herr«, begann er mit einer Fistelstimme. »Sie parken mit Ihrem Wagen
vor unserem Haus.«
    »Ja, und«,
entgegnete ich und ahnte Übles.
    Ihr dauerte
die Diskussion zu lange. »Du sollst ihm sagen, dass er seinen Karren wegfahren soll,
aber schnell!« Das Kerlchen zuckte zusammen. »Ja, das wollte ich Ihnen sagen«, bestätigte
er die Aufforderung in meine Richtung.
    »Und warum
sollte ich das tun? Wollen Sie mit Ihrer Frau erst Rücksprache halten oder dürfen
Sie mir diese Frage alleine beantworten?«, sprach ich zu der armen Sau.
    »Ja, ich…«,
er sah sich kurz um. »Also, das ist so –«.
    »Schluss
jetzt!« Ihre Stimme überschlug sich. »Mach’s kurz Marcel. Tritt ihm eine Delle in
seinen Karren und fertig. Wir lassen uns nicht provozieren.«
    Oha, das
konnte heiter werden. Das war ja schlimmer als Frau Ackermann nebst Punkersohn.
    »Mal langsam,
mein Herr und meine –«, ich sah sie etwas schräg an und ergänzte: »Dame. Klären
Sie mich, bitte, mal auf. Stehe ich mit meinem Wagen auf Ihrem Privatparkplatz?«
    »Der regt
mich auf, Marcel. Mach was, damit er verschwindet.« Sie trat mit ihrem Fuß heftig
auf, und ich war mir sicher, dass in Süddeutschland die Seismografen ausschlugen.
    So kam ich
nicht weiter. Ich zückte meinen Dienstausweis und machte auf förmlich.
    »Ihre Personalien,
bitte!«
    Der kleine
Marcel zuckte zusammen, und fast hatte ich den Eindruck, als würde er einem Kreislaufzusammenbruch
erliegen.
    »Reiß dich
zusammen, mein Männel«, schalt ihn seine Begleiterin. »Wir haben uns nichts zu Schulden
kommen lassen.«
    Sie blickte
in Richtung Nönns Anwesen. »Den da drüben müssen Sie verhaften und einlochen, Herr
Inspektor! Wir sind die Guten!«
    »Inspektor
gibt’s nicht mehr«, antwortete ich in Kottan-Manier. »Und verhaften dürfen nur Richter.
Ihren Nachbarn knöpfe ich mir später vor. Zunächst sind Sie dran.«
    Ich zückte,
um mich noch wichtiger zu machen, meinen Notizblock.
    »Wie sind
Ihre Namen?«
    Kleinlaut
antwortete der männliche Part dieser seltsamen Symbiose: »Marcel Lipkowitzki. Und
das ist meine Ehefrau Brunhilde.«
    »Reicht
Ihnen das jetzt, Herr Polizeibeamter?« Sie

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