Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)
schwer?«
Robert Nönn
meldete sich zu Wort. »Verstehen Sie jetzt, Herr Palzki? Damit Frau Lipkowitzki
freies Sichtfeld hat, soll ich meinen Garten umgestalten. Ich liebe es halt etwas
urwüchsiger und ins Schlafzimmer will ich mir auch nicht schauen lassen.«
»Ihr Schlafzimmer
geht in die andere Richtung, Nönn. Ich kann Ihnen nur in die Küche und das Wohnzimmer
sehen. Jedenfalls, wenn Sie endlich das Zeugs abgeschnitten haben. Mein Sicherheitsbedürfnis
ist schließlich wesentlich höher einzustufen als Ihr störendes Unkraut.«
Wolf stand
stumm daneben. Auch er schien mit dieser außergewöhnlichen Rechtsauslegung überfordert
zu sein.
Mir lag
nichts daran, die Sache im Moment eskalieren zu lassen.
»Sehr geehrte
Frau Lipkowitzki, die Rechtslage kann ich spontan auch nicht beantworten. Ich bin
nur ein einfacher Polizist und für so schwierige Fälle nicht ausgebildet. Haben
Sie es mal im Guten versucht und sich mit Herrn Nönn zusammengesetzt? Vielleicht
kann man einen Kompromiss finden?«
»Mit dem
kann man nicht vernünftig Tacheles reden«, antwortete sie. »Auf meine Argumente
geht der überhaupt nicht ein.«
Nönn wurde
es zu bunt. »Welche Argumente? Sie haben mir eine Fensterscheibe eingeschmissen
und den Briefkasten demoliert. Und ein paar andere gemeine Sachen gemacht.«
Sie zuckte
mit den Schultern. »Wenn mein Männel ab und zu etwas wild zu mir ist, kann ich mich
nicht immer beherrschen, das liegt in meinem Naturell.«
Sie schnappte
ihren Marcel am Arm und beendete unser Treffen.
»Komm, wir
gehen rein, Männel. Ab sofort wird eine härtere Gangart eingelegt. Dass sich unser
Nachbar mit der Polizei verbündet, ist eine Kriegserklärung!«
Nachdem
die beiden verschwunden waren, erzählte Nönn: »Meine Frau geht alleine gar nicht
mehr aus dem Haus, Herr Palzki. Helfen Sie uns bitte, was können wir gegen diese
Person unternehmen?«
»Ich werde
mir etwas überlegen«, tröstete ich ihn und wandte mich an den Kanzleidirektor. »Watson,
haben Sie im Garten etwas entdeckt oder können wir zurückfahren? Ich denke, unsere
Mission ist erst mal erfüllt.«
Wolf schüttelte
den Kopf. Ich nahm die Gelegenheit wahr, uns zu verabschieden. Herr Nönn arbeitete
die nächsten Stunden zu Hause im Home-Office und würde erst heute Nachmittag in
Speyer zur gemeinsamen Fahrt nach Otterberg erscheinen.
Wolf lief
zweimal um seinen Wagen und kontrollierte jeden Millimeter seines heiligen Bleches.
»Dieser
Frau traue ich alles zu.«
Nach der
zum Glück erfolglosen Suche, bei der er an der einen oder anderen Stelle Mückendreck
von der Motorhaube gewischt hatte, fuhren wir los.
8
Endlose Flure
Unterwegs erzählte ich ihm von dem
Gespräch mit Nönns Nachbarin.
»Glauben
Sie, Herr Palzki, dass sie es war, die Nönn und Fratelli im Dom aufgelauert hat?«
»Möglich
ist alles«, antwortete ich. »So ein Weib kann auf die tollsten Ideen kommen. Vielleicht
hat sie Nönn zufällig im Dom gesehen und das Attentat spontan geplant? Ich weiß
es nicht. Dann wäre Fratelli nur ein Zufallsopfer gewesen. Das würde aber nicht
die anderen Anschläge erklären. Ich kann mir eigentlich kaum vorstellen, dass diese
Frau unseren Chefredakteur mit Absicht verfolgt, nur um eine günstige Gelegenheit
abzuwarten, um ihm eins auszuwischen.«
»Oder ihn
umzubringen.«
»Oder das«,
bestätigte ich. »Aber warum sollte sie diesen großen Aufwand betreiben? Sie scheint
mir geistig eher einfach gestrickt zu sein. An ihrer Stelle würde ich dem unliebsamen
Nachbarn am Gartenzaun auflauern und ihm eins auf die Mütze geben.«
Wolf erschrak.
»Was? Das würden Sie machen?«
»Natürlich
nicht, ich habe mich nur fiktiv in diese Frau hineinversetzt.«
Ich sah
aus dem Fenster und war überrascht.
»Warum fahren
wir eigentlich die A 61 über den Rhein? Wenn Sie vorhin auf die B 39 abgebogen wären,
hätten wir es näher gehabt.«
»Verlassen
Sie sich auf meine Menschenkenntnis, Herr Palzki. Sie sehen aus, als würden Sie
in der nächsten halben Stunde an Unterernährung sterben. Ich kenne in Speyer Nord
ein schönes Café, da können wir eine Kleinigkeit essen.«
Ich notierte
ihm im Geiste ein paar weitere Sympathiepunkte. »Das kommt mir in der Tat sehr gelegen,
dann habe ich in Zukunft eine Alternativanlaufstelle, falls die ›Curry-Sau‹ mal
wieder zu hat.«
Wolf lachte.
»Hätte mich gewundert, wenn Sie den Kultimbiss nicht kennen würden.«
Kurz darauf
parkte mein Fahrer in Speyer-Nord, das auch die ›Siedlung‹
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