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Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)

Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)

Titel: Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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eine gigantische Plane über das Gebäude zu ziehen.
Seit Tagen gab es weder Regen noch Sturm, was sollte das? Als er mich sah, lachte
und winkte er und zeigte anschließend seine geöffnete Hand mit fünf gespreizten
Fingern.
    »Mit meinem
Koffeinspiegel ist alles in Ordnung«, rief er mir zu. »Guten Morgen, Herr Palzki.
Ich komme gleich zu Ihnen runter.«
    Ich lehnte
mich an meinen Wagen und sah der schweißtreibenden Tätigkeit zu. Doch wie sie es
auch anstellten, die Plane schien ausgeprägt störrisch und vor allem schwer zu sein.
Sie rutschte immer wieder teilweise von dem flachen Satteldach herunter. Schließlich
gaben sie auf, die Plane wurde in den Hof fallen gelassen.
    Fratelli
stieg die Leiter herunter und befahl seinen Helfern: »Legt die Plane ordentlich
zusammen, morgen wagen wir einen neuen Versuch.«
    Fröhlich
kam er auf mich zu gelaufen.
    »Ich hoffe,
Ihnen ist nicht langweilig geworden, Herr Palzki. Leider hat’s beim ersten Versuch
nicht geklappt, aber morgen geht’s mit frischem Elan wieder dran. Wie gefällt Ihnen
das eigentlich?«
    Da ich keine
Ahnung hatte, was er mit dieser Aktion bezwecken wollte, antwortete ich salomonisch:
»Finde ich toll, so wird das Dach wasserdicht. Da kann man sich glatt die Neueindeckung
mit teuren Ziegeln sparen.«
    Fratelli
schaute mich begeistert an. »Na klar, das geht natürlich auch«, jubelte er. »Herr
Palzki, Sie haben mir schon wieder ein neues Argument an die Hand gegeben. Das muss
ich gleich nachher mit Herrn Wolfnauer diskutieren.«
    Den Namen
hörte ich nun zum zweiten Mal. Im Geiste notierte ich ihn mir. Jürgen würde zu dieser
Sache in seinen Datenbanken bestimmt etwas finden.
    Ein sanftes
Brummen ließ mich aufhorchen. Zur Toreinfahrt kam ein Auto herein gefahren. Es war
kein gewöhnlicher Wagen. Ich musste zugeben, dass ich mich trotz meines Berufes
sehr schwer tat, die einzelnen Fahrzeugtypen zu erkennen und auseinanderzuhalten.
Einen VW-Käfer, eine Ente oder seltsame Vehikel wie Smart kannte ich durchaus, bei
dem eben angekommenen Wagen wusste ich nur, dass er mit einem normalen Gehalt unmöglich
zu bezahlen war. Er schien zwar schon älter zu sein, war aber tipptopp gepflegt.
    Fast erwartete
ich, dass auf der Fahrerseite ein Chauffeur heraussprang, um die Luxuslimousine
rannte und einer vornehmen Person die Beifahrertür öffnete. Umso erstaunter war
ich, als Joachim Wolf fröhlich pfeifend ausstieg.
    »Guten Morgen,
die Herren«, begrüßte er unsere Runde. Er deutete auf die Helfer, die gerade die
Plane zusammenlegten. »Was soll das mit der Plane?«
    »Das Dach
ist undicht«, meinte Fratelli und zeigte unbestimmt nach oben. Ohne weiteren Kommentar
ging er ins Gebäude.
    Wolf sah
mich fragend an. »Haben wir noch Zeit für einen Kaffee?«
    Ich nickte,
so hatte ich einmal mehr Gelegenheit, den Verlag von innen zu sehen und meiner Kaffeeschmuggelvermutung
neue Nahrung zu geben.
    Wir gingen
in den Pausenraum, und Fratelli sowie Nina Mönch gesellten sich dazu. Na ja, ein
bisschen Small Talk konnte nicht schaden. Und eines musste man ihnen lassen: Die
Kekse, die mir serviert wurden, hatten Premiumqualität. An der Mitarbeiterverpflegung
wurde nicht gespart. Besonders bemerkenswert fand ich, dass der Chef die gleichen
Kekse aß und den gleichen Kaffee trank wie seine Mitarbeiter. Solche demokratischen
Ansätze sozialen Umgangs waren bei KPD generell ausgeschlossen.
    Der mir
bereits bekannte Mann, von dem ich nichts wusste, außer, dass er ständig »Alles
wird gut« brummelte, kam in den Raum. Er zuckte kurz mit dem Mundwinkel, nickte
uns stumm zu und sagte zu Fratelli: »Ich bin dann mal weg. Meine Frau weiß, wo ich
bin, wenn was wäre.«
    Nachdem
er den Raum verlassen hatte, bemerkte Fratelli meinen fragenden Blick.
    »Entschuldigen
Sie bitte, dass ich Sie nicht vorgestellt habe. Das eben war Mathias Huber, ein
›Pilger‹-Redakteur. Er ist ein guter Mann, aber extrem wortkarg. Zumindest, wenn
er keine Selbstgespräche führt. Außerdem ist er ein Technikmuffel. Stellen Sie sich
einmal vor: Er hat kein Handy, obwohl er ständig unterwegs ist. Nur seine Frau weiß
dann, wo und wie man ihn erreichen kann.«
    Über diese
Aussage wunderte ich mich keineswegs. Die Mitarbeiter waren zwar allesamt nett und
freundlich, aber halt nicht so normal wie wir in der Schifferstadter Polizeiinspektion.
Ich schaute mich um. Nina Mönch aß wieder ihr Nutellabrot, und Fratelli stürzte
Tasse für Tasse seines schwarzen Getränkes hinab. Wolf stand dabei und

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