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Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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der Ruf ertönte: »Hinter uns Meteore!« Bis zu diesem Augenblick hatte Schwerelosigkeit geherrscht, da gewahrte der Held plötzlich, daß die riesige Reaktorwand mit den leuchtendgelben Augen ihrer Instrumente bedrohlich auf ihn zukam: Die Triebwerke waren gezündet worden, und das Raumschiff schnellte vorwärts, er dagegen hatte, da er in der Luft schwebte, die vorherige Geschwindigkeit beibehalten. Zum Glück konnte er sich irgendwie mit den Füßen abstoßen, doch die Beschleunigung entriß ihm den Hörer. Einen Moment hing er an der Telefonschnur, dann kam er zu Fall und wurde platt gegen die Wand gedrückt. Der Hörer pendelte über ihm, und er unternahm verzweifelte Anstrengungen, ihn zu ergreifen. Aber er wog ja mindestens eine Tonne und konnte keinen Finger bewegen. Schließlich bekam er ihn mit den Zähnen zu fassen und gab das rettende Kommando durch. Diese Szene prägte sich mir ein, und noch besser gefiel mir die Beschreibung, wie sie durch einen Schwarm stießen. Eine Staubwolke bedeckte, man höre und staune, ein Drittel des Himmels, nur die hellsten Sterne schimmerten hindurch, doch das ist noch gar nichts, denn plötzlich sah der Held, und zwar auf dem Radarschirm, daß sich aus diesem gelben Taifun ein blaß leuchtender Schweif mit schwarzem Kern näherte. Ich weiß nicht, was das sein sollte, aber ich lachte Tränen. Wie hübsch der Autor sich das alles ausgedacht hatte! Die Wolke, der Taifun, der Telefonhörer – ich sah den guten Mann förmlich vor mir, wie er an der Schnur baumelte; denn daß unterdessen in der Kajüte eine bildschöne Frau wartete, versteht sich wohl von selbst. Sie war Geheimagentin irgendeines kosmischen Tyrannen, vielleicht kämpfte sie auch gegen einen solchen, ich weiß es nicht mehr. Jedenfalls war sie schön, wie es sich gehört. Weshalb ich des langen und des breiten darüber rede? Weil diese Lektüre meine Rettung war. Meteore? Ich habe Wracks von zwanzig- bis dreißigtausend Tonnen wochenlang gesucht und nicht einmal die Hälfte auf dem Radarschirm gesehen. Da ist es einfacher, eine fliegende Revolverkugel zu erblicken. Einmal, wir hatten gerade keinen Schub, mußte ich meinen Mestizen beim Schlafittchen packen; das ist wohl schwieriger als die Sache mit dem Hörer, weil wir beide umherflogen, aber gewiß weniger effektvoll. Ich glaube beinahe, ich komme ins Schwatzen. Ich weiß, aber so hat sich die Geschichte nun einmal entwickelt. Die zweimonatige Jagd war beendet, ich hatte hundertzwanzig- oder hundertvierzigtausend Tonnen toten Metalls im Schlepp und bewegte mich auf einer ekliptischen Ebene in Richtung Erde.
    Freilich, das war gegen die Vorschriften, aber ich hatte keinen Brennstoff für Manöver. Im übrigen sagte ich das ja schon. Mehr als zwei Monate lang mußte ich mich ohne Schub dahinschleppen. Und da trat die Katastrophe ein. Nein, nicht Meteore, schließlich handelte es sich nicht um einen Roman. Mumps, Ziegenpeter. Zuerst der Reaktortechniker, dann beide Piloten, schließlich alle übrigen. Die Visagen schwollen ihnen an, die Augen waren nur noch Spalte, hohes Fieber, von Wachdienst keine Rede. Das tollwütige Virus hatte Ngey an Bord geschleppt, der auf der »Perle der Nacht« Koch, Steward, Hofmarschall und sonst noch allerlei war. Auch er war krank, gewiß, aber macht man den Ziegenpeter nicht auch in Südamerika schon als Kind durch? Ich weiß es nicht. Jedenfalls hatte ich ein Raumschiff ohne Besatzung. Geblieben waren mir nur der Funker und der zweite Ingenieur. Der Funker war immer schon am Morgen nach dem Frühstück betrunken. Doch eigentlich war er nicht betrunken – entweder vertrug er soviel, oder er trank immer nur schlückchenweise, jedenfalls bewegte er sich nicht schlecht, vor allem wenn die Schwerkraft aufgehoben war – und die war die ganze Zeit aufgehoben, zählt man nicht die geringfügigen Kursberichtigungen. Aber er hatte Alkohol in den Augen, im Hirn. Jede Anweisung, jeder Befehl mußten genau kontrolliert werden – ich träumte davon, wie ich ihn nach der Landung verdreschen würde; dort konnte ich mir das nicht erlauben, und schließlich, wie konnte ich einen Betrunkenen schlagen? Ohne Alkohol war er wie eine Ratte, grau, unansehnlich, ungewaschen. Zudem hatte er die angenehme Gewohnheit, bei Tisch in der Messe alle möglichen Leute mit den ungeheuerlichsten Flüchen zu bedenken – allerdings morste er. Ja, er klopfte mit dem Finger Morsezeichen auf den Tisch, einfach so vor sich hin, und ein paarmal wäre es deswegen fast

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