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 Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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blieb ihm jenes Bild im Gedächtnis haften, jene Sekundenbruchteile, da er dem Tod nahe gewesen und ihm schließlich doch noch entronnen war.
    Aber er würde niemals die ganze Wahrheit erfahren, und die Erkenntnis war bitter, daß er seinen Lebensretter auf ebenso hinterhältige wie verdammenswerte Weise getötet hatte – durch einen Schuß in den Rücken.

 
Der Unfall
     
    Aniel kehrte nicht um vier zurück, aber keinem schien das aufzufallen. Es war noch nicht fünf, als es dunkel wurde, und Pirx, weniger besorgt denn verwundert, wollte Krull schon fragen, was das zu bedeuten habe. Dann verkniff er es sich aber – er war nicht der Leiter der Gruppe, und seine Frage hätte womöglich, wenn sie auch berechtigt und völlig harmlos war, eine regelrechte Kettenreaktion an Gereiztheit ausgelöst. Er kannte das, es kam immer wieder mal vor, besonders wenn die Gruppe so vom Zufall zusammengewürfelt war wie diese hier. Drei Männer mit Spezialgebieten, die sich himmelweit voneinander unterschieden, erfüllten eine Aufgabe, die wahrscheinlich alle für ebenso sinnlos hielten wie er selbst. Und das mitten in der Bergwelt eines Planeten, der niemandem etwas nützte. Man hatte sie in einem kleinen alten Gravistaten hergebracht, den sie übrigens hierlassen sollten, weil er schrottreif war, und mitsamt einer Aluminiumfaltbaracke, einer Handvoll Gerät und einer Funkstation abgesetzt, die so heruntergewirtschaftet war, daß sie mehr Ärger mit ihr hatten als alles andere. Binnen sieben Wochen sollten sie mit der »allgemeinen Erkundung des Terrains« fertig sein – als ob das möglich gewesen wäre! Pirx hätte diese Aufgabe niemals übernommen, denn er begriff recht gut, daß es dabei nur um die Erweiterung des Forschungsbereiches ging, der von der Explorationsabteilung der Basis betreut wurde, also um ein weiteres Zifferchen mehr in den Berichten, mit denen die Abteilung ihre Informationsmaschinen fütterte, was sicherlich bei der Planung von Mitteln, Leuten und Kapazität für das kommende Jahr eine gewisse Rolle spielte. Und bloß damit jene in kleine Löcher zerlegte Ziffer auf den Gedächtnisbändern auftauchte, hockten sie nun nahezu fünfzig Tage in dieser Einöde, die unter anderen Umständen vielleicht sogar ganz reizvoll sein konnte, als Klettergelände zum Beispiel. Jegliche Bergsteigerfreuden aber waren ihnen verständlicherweise streng untersagt, und Pirx konnte sich allenfalls während der Triangulations- und seismischen Messungen ausmalen, wie die ersten Abschnitte des Aufstiegs verlaufen müßten.
    Der Planet wurde einfach als Jota Strich 116 Strich 47, Proxima Aquarii bezeichnet. Von allen Planeten, die Pirx zu Gesicht bekommen hatte, glich dieser hier mit seiner kleinen gelben Sonne, den salzigen Meeren, lilagrün gefärbt von Algen, die die Atmosphäre eifrig mit Sauerstoff anreicherten, und dem großen, dreiteiligen, mit den Ansätzen einer Flora überzogenen Kontinent der Erde am meisten. Er hätte sich glänzend zur Besiedlung geeignet, wäre seine Sonne nicht zum Typ G gerechnet worden, einer neuentdeckten Untergattung von G VII, die als unsicher galt, weil man Emissionsschwankungen vermutete. Da also die Astrophysiker ihr Veto eingelegt hatten, mußte man sämtliche Pläne, dieses gelobte Land zu bewirtschaften, ein für allemal begraben, selbst wenn die Umwandlung in eine Nova erst in hundert Millionen Jahren eintreten sollte.
    Pirx bereute es manchmal, daß er sich zu der Expedition hatte breitschlagen lassen, aber dieses Gefühl war nicht ganz aufrichtig. Er hätte sich ohnehin drei Monate lang in der Basis herumdrücken müssen – eher gab es keine Verbindung mit dem Sonnensystem –, und angesichts der Vorstellung, in den Klimagärten der Basis herumzulungern und vor einem stumpfsinnigen Fernsehprogramm zu glucken (eine Unterhaltungskonserve, die mindestens ihre zehn Jahre auf dem Buckel hatte), war er mit Freuden auf das Angebot seines Vorgesetzten eingegangen, der seinerseits froh war, Krull einen Gefallen tun zu können – er selbst hatte nämlich keinen Mann mehr frei, und das Reglement verbot, zwei Leute allein auf Fahrt zu schicken. So mußte Pirx dem Kosmographen wie ein Geschenk des Himmels erscheinen. Krull allerdings war keine Begeisterung anzumerken – weder damals noch später. Anfangs glaubte Pirx sogar, Krull verdächtigte ihn irgendwelcher »Starallüren«, da er als Kommandant eines Raumschiffes plötzlich eingewilligt hatte, ein simpler Explorator zu werden. Es sah aus, als

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