Pilot Pirx
der Presse, ihr hysterischer Ton regten ihn auf. Er bat Pirx, eventuell ein kleines Memorial in Sachen künftiger Landungen auszuarbeiten: Was konnte man für die Erhöhung ihrer Sicherheit tun? Er gab sich so vertrauensvoll, daß Pirx um einen Moment Entschuldigung bat und den Kopf aus der Kabinentür steckte, um sich Heringssalat zu bestellen. Van der Voyt war wie ein liebender Vater zu ihm, bis Pirx plötzlich sagte:
»Sie haben vorhin die Fachleute erwähnt, die die Arbeit der Simulatoren überwachen. Können Sie mir die Namen nennen?«
Van der Voyt staunte mit acht Minuten Verspätung, aber das dauerte nur einen Augenblick.
»Unsere ›Examinatoren‹?« Er lächelte breit. »Lauter Herren Kollegen, Kommandant. Mint, Stoernheim und Cornelius. Die alte Garde ... Für Syntronics haben wir die besten ausgewählt, die wir finden konnten. Sie kennen sie sicherlich.«
Sie konnten sich nicht weiter unterhalten, denn die Beratungen wurden fortgesetzt. Pirx schrieb einen Zettel und reichte ihn Hoyster mit den Worten: Sehr dringend und sehr wichtig. Der Vorsitzende verlas also zuerst folgenden, für die Werftleitung bestimmten Text: 1. In welchem Schichtsystem arbeiten die Chefkontrolleure Cornelius, Stoernheim und Mint? 2. Inwieweit tragen die Kontrolleure die Verantwortung, falls sie Funktionsfehler oder andere Mängel in der Arbeit des überprüften Computers übersehen? 3. Wer hat beim Testen der Computer von »Ariel«, »Anabis« und »Ares« die Aufsicht geführt?
Das rief Bewegung im Saal hervor: Pirx wagte sich ausgerechnet an Männer heran, die ihm näherstanden als irgendein anderer, an ehrenwerte, verdiente Veteranen der Weltraumfahrt! Durch den Mund des Generaldirektors bestätigte die Erde den Empfang der Fragen; die Antworten sollten in zehn bis zwanzig Minuten gegeben werden.
Während er darauf wartete, überkamen ihn Gewissensbisse. Es war nicht gut, daß er diese Informationen auf so offiziellem Weg angefordert hatte. Damit konnte er sich nicht nur die Feindschaft der Kollegen zuziehen, sondern auch die eigenen Positionen im Endkampf schwächen, falls es zu einem Votum separatum kam. Konnte das Experiment, die Untersuchungen über die rein technischen Belange hinaus auf diese Männer auszudehnen, nicht so ausgelegt werden, als gäbe er dem Druck van der Voyts nach? Wenn er darin ein Interesse der Werft sah, würde der Generaldirektor ihn unverzüglich vernichten, er brauchte nur der Presse entsprechende Hinweise zu geben. Er würde ihr Pirx als ungeschickten Bundesgenossen zum Fraß vorwerfen ..., aber er hatte keine andere Chance gehabt als diesen blind abgefeuerten Schuß. Es war zuwenig Zeit, sich auf privaten Umwegen zu informieren. Freilich hegte er keinen bestimmten Verdacht. Wovon hatte er sich also leiten lassen? Von ziemlich trüben Ahnungen gewisser Gefahren, die weder nur von den Menschen noch nur von den Automaten ausgingen, sondern von ihrem Berührungspunkt – von dort, wo sie miteinander Kontakt hatten, denn die Art der Verständigung zwischen Menschen und Computern war so unvorstellbar mannigfaltig. Und dann war noch das, was er vor dem Regal mit den alten Büchern empfunden hatte und was er nicht in Worte zu kleiden vermochte. Die Antwort kam schnell: Jeder Kontrolleur betreute seine Computer vom Beginn der Tests bis zu ihrem Ende, und wenn er seine Unterschrift auf den Akt setzte, der »Reifezeugnis« genannt wurde, übernahm er die volle Verantwortung für übersehene Funktionsmängel. Den Computer von »Ares« hatte Stoernheim überprüft, die anderen beiden Cornelius. Pirx hätte am liebsten sofort den Saal verlassen, doch das konnte er sich nicht erlauben. Er spürte ohnehin schon die wachsende Spannung.
Um elf Uhr waren die Beratungen beendet. Pirx tat, als bemerkte er die Zeichen nicht, die Romani ihm machte, und rannte aus dem Saal, als nähme er Reißaus. Nachdem er sich in seinem Kämmerchen eingeschlossen hatte, sank er aufs Bett und hob den Blick zur Decke. Mint und Stoernheim kamen nicht in Betracht. Blieb also Cornelius. Ein rationell und wissenschaftlich denkender Kopf hätte bei der Frage begonnen, was ein Kontrolleur eigentlich übersehen konnte. Die sofortige Antwort, die da lautete: absolut nichts, hätte auch diese Linie der Nachforschungen abgeschnitten. Pirx jedoch war kein wissenschaftlich denkender Kopf, und eine solche Frage kam ihm gar nicht erst in den Sinn. Er versuchte auch nicht, über den Testvorgang selbst nachzudenken, als spürte er, daß auch das
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