Pippi Langstrumpf
nicht anders als lachen. Sie fanden, es sah komisch aus, wie die schöne Miß Carmencita von einem kleinen rothaarigen Ding festgehalten wurde, das da mit seinen großen Schuhen auf dem Pferderücken stand und so aussah, als ob sie niemals etwas anderes gemacht hätte als im Zirkus auftreten.
Aber der Zirkusdirektor lachte nicht. Er machte seinen rotgekleideten Dienern ein Zeichen, das Pferd anzuhalten.
„Ist die Nummer schon zu Ende?“ fragte Pippi enttäuscht. „Gerade jetzt, wo es so lustig war!“
„Du garschdiges Ding!“ zischte der Zirkusdirektor zwischen den Zähnen. „Mach, daß du fortkommst!“
Pippi sah ihn betrübt an.
„Was ist denn los?“ fragte sie. „Warum bist du böse auf mich? Ich dachte, daß wir Spaß haben sollten.“
Sie rutschte vom Pferd hinunter und setzte sich wieder auf ihren Platz.
Aber jetzt kamen zwei große Diener, um sie hinauszuwerfen. Sie faßten sie an und versuchten, sie hochzuheben. Das ging nicht. Pippi saß ganz still und hielt sich am Sitz fest, und es gab keine Möglichkeit, sie vom Fleck zu rücken, obwohl sie zogen, was sie nur konnten. Und da zuckten sie die Achseln und gingen weg.
Inzwischen hatte die nächste Nummer angefangen. Das war Miß Elvira, die auf dem Seil gehen sollte. Sie hatte ein rosa Tüllröckchen an und einen rosa Schirm in der Hand. Mit ein paar zierlichen Schritten sprang sie auf das Seil. Sie schwenkte die Beine und machte alle möglichen Kunststücke. Das sah reizend aus. Sie zeigte auch, daß sie sogar rückwärts auf dem dünnen Seil gehen konnte. Aber als sie zu der kleinen Plattform am Ende des Seiles zurückkam und sich umdrehte, stand Pippi da.
„Was sagst du jetzt?“ fragte Pippi begeistert, als sie Miß Elviras erstaunte Miene sah.
Miß Elvira sagte gar nichts, sondern sprang vom Seil hinunter und warf sich an den Hals des Zirkusdirektors, der ihr Vater war. Und der Zirkusdirektor schickte wieder seine Diener hin, um Pippi hinauszuwerfen. Diesmal schickte er fünf. Aber da riefen alle Menschen im Zirkus:
„Laßt sie da! Wir wollen das rothaarige Mädchen sehen!“
Und dann stampften sie mit den Füßen und klatschten in die Hände.
Pippi sprang auf das Seil. Und Miß Elviras Künste waren nichts gegen das, was Pippi konnte. Als sie in der Mitte des Seiles war, streckte sie das eine Bein senkrecht in die Höhe, und ihr großer Schuh breitete sich wie ein Dach über ihrem Kopf aus. Sie beugte den Fuß etwas, so daß sie sich mit ihm hinter dem Ohr kraulen konnte.
Der Zirkusdirektor war durchaus nicht zufrieden damit, daß Pippi in seinem Zirkus auftrat. Er wollte sie loswerden. Und deswegen schlich er sich hin und machte den Mechanismus los, der das Seil gespannt hielt, und er glaubte sicher, daß Pippi hinunterfallen würde. Aber das tat Pippi nicht. Sie setzte statt dessen das Seil in Schwung. Das Seil schwang hin und zurück, Pippi schaukelte schneller und schneller, und dann – plötzlich – tat sie einen Sprung in die Luft und landete direkt auf dem Zirkusdirektor.
Er bekam solche Angst, daß er losrannte.
„Das ist mir ein lustiges Pferd“, sagte Pippi. „Aber warum hast du keine Troddeln im Haar?“
Jetzt fand Pippi, daß es Zeit war, zu Thomas und Annika zurückzukehren. Sie kletterte von dem Zirkusdirektor herunter und setzte sich auf ihren Platz, und nun sollte die nächste Nummer anfangen. Das dauerte eine Weile, denn der Zirkusdirektor mußte erst hinausgehen und ein Glas Wasser trinken und sich kämmen. Aber dann kam er herein, verbeugte sich vor dem Publikum und sagte:
„Meine Damen und Herren! Jetzt wärden Sie zu sehen bekommen das greeßte Wunder aller Zeiten, den schdärksden Mann der Welt, den schdarken Adolf, den bis jetzt noch keiner besiegt hat. Bitte sähr, meine Damen und Herren, jetzt kommt der schdarke Adolf.“
Und in die Manege trat ein riesengroßer Kerl. Er hatte ein fleischfarbenes Trikot an und ein Leopardenfell vor dem Bauch. Und er verbeugte sich vor dem Publikum und sah sehr zufrieden aus.
„Sehn Sie, was für Muschkeln“, sagte der Zirkusdirektor und drückte den Arm des starken Adolf, wo die Muskeln wie eine Kugel unter der Haut anschwollen.
„Und jetzt, meine Damen und Herren, komme ich mit einem feinen Angebohd: Wer von Ihnen wagt, einen Ringkampf mit dem schdarken Adolf aufzunehmen, wer wagt zu versuchen, den schdärksden Mann der Welt zu besiegen? Hundert Kronen wärden ausgezahlt an den, der den schdarken Adolf besiegen kann. Hundert Kronen, bedanken Sie, meine
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