Pippi Langstrumpf
Tümpel und zog ihren Schuh an. Und dann marschierten sie los, um Herrn Nilsson zu suchen.
„Hört bloß, wie es klatscht, wenn ich gehe“, lachte Pippi. Das Kleid sagte „klatsch, klatsch“, und in den Schuhen sagte es „schwapp, schwapp“. „Das ist wirklich lustig. Ich finde, du solltest das auch versuchen“, sagte Pippi zu Annika, die so fein mit ihren blonden Seidenlocken, ihrem rosa Kleid und ihren kleinen weißen Lederschuhen daherging.
„Das nächste Mal“, sagte die verständige Annika.
Sie gingen weiter.
„Man kann wirklich böse auf Herrn Nilsson werden“, sagte Pippi. „So macht er es immer. Einmal lief er mir in Surabaja weg und nahm eine Stelle als Hausgehilfe bei einer alten Witwe an. – Das letzte war natürlich gelogen“, setzte sie lachend nach einer Pause hinzu.
Thomas schlug vor, daß jeder nach einer anderen Richtung gehen und suchen sollte. Annika war ängstlich und wollte zuerst nicht, aber Thomas sagte: „Du bist doch nicht feige?“
Eine solche Verhöhnung konnte Annika sich natürlich nicht gefallen lassen. Und so gingen alle drei Kinder nach verschiedenen Richtungen.
Thomas ging über eine Wiese. Herrn Nilsson fand er nicht, aber er sah etwas anderes: einen Stier! Oder richtiger, der Stier sah Thomas, und dem Stier gefiel Thomas nicht, denn es war ein böser und durchaus nicht kinderlieber Stier. Er kam mit gesenktem Kopf und einem unheimlichen Brüllen angestürmt, und Thomas fing vor Schreck an zu schreien, so daß man es im ganzen Wald hörte. Pippi und Annika hörten es auch und kamen gerannt, um zu sehen, was Thomas’ Geschrei bedeutete. Da hatte der Stier Thomas bereits auf die Hörner genommen und warf ihn hoch in die Luft.
„So ein unverständiges Tier“, sagte Pippi zu Annika, die ganz verzweifelt weinte. „So etwas darf man doch nicht tun! Er macht ja Thomas’ weißen Matrosenanzug ganz schmutzig. Ich muß mal ein vernünftiges Wort mit dem dummen Stier reden.“
Und das tat sie. Sie lief hin und zog ihn am Schwanz.
„Verzeihung, daß ich unterbreche“, sagte sie, und da sie kräftig zog, drehte sich der Stier um und sah ein neues Kind, das er auch auf die Hörner nehmen wollte.
„Wie gesagt, Verzeihung, daß ich unterbreche“, sagte Pippi wieder. „Und verzeih, daß ich abbreche “, fügte sie hinzu und brach das eine Horn des Stieres ab. „Dieses Jahr ist es nicht modern, mit zwei Hörnern zu gehen“, sagte sie. „Dieses Jahr tragen alle besseren Stiere nur ein Horn. Wenn überhaupt eins“, sagte sie und brach das andere auch ab.
Da Stiere in den Hörnern kein Gefühl haben, wußte der Stier nichts davon, daß seine Hörner weg waren. Er stieß frisch drauflos, und wenn es jemand anders als Pippi gewesen wäre, dann wäre das Kind zu Mus geworden. Aber Pippi machte das ja nichts aus.
„Hahaha, hör auf, mich zu kitzeln!“ schrie Pippi. „Du ahnst nicht, wie kitzlig ich bin. Haha, hör auf, hör auf, ich lache mich tot!“
Aber der Stier hörte nicht auf, und schließlich sprang Pippi auf seinen Rücken, um eine Weile Ruhe zu haben. So besonders ruhig wurde es aber nicht, denn dem Stier gefiel es durchaus nicht, Pippi auf dem Rücken zu haben. Er krümmte sich nach rechts und links, um sie abzuwerfen, aber sie klemmte nur ihre Beine fest und blieb sitzen. Der Stier raste auf der Wiese hin und her und brüllte, so daß es wie Rauch aus seinen Nasenlöchern kam. Pippi lachte und schrie und winkte Thomas und Annika zu, die ein Stück entfernt dastanden und wie Espenlaub zitterten. Der Stier drehte sich immer rund herum und versuchte, Pippi abzuwerfen.
„Hier tanze ich mit meinem kleinen Freund“, summte Pippi und blieb sitzen. Schließlich wurde der Stier so müde, daß er sich auf die Erde legte und wünschte, es gäbe keine Kinder aufder Welt. Übrigens hatte er niemals gefunden, daß Kinder so besonders notwendig waren.
„Hast du die Absicht, jetzt deinen Mittagsschlaf zu halten?“ fragte Pippi höflich. „Dann will ich nicht stören.“
Sie stieg von seinem Rücken herunter und ging zu Thomas und Annika hin. Thomas hatte ein bißchen geweint. Er hatte eine Wunde am Arm, aber Annika hatte ihr Taschentuch herumgewickelt, und es tat nicht mehr weh.
„O Pippi“, rief Annika ganz aufgeregt, als Pippi kam.
„Sch“, flüsterte Pippi, „weck den Stier nicht auf! Er schläft, und wenn wir ihn wecken, bekommt er bloß schlechte Laune.“
„Herr Nilsson, Herr Nilsson, wo bist du?“ schrie sie in der nächsten Minute mit
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