Pippi Langstrumpf
festhalten, sonst konnte man leicht ins Meer fallen. Für gewöhnlich machte das natürlich nicht so viel aus. Es war nur so, daß es gerade jetzt viele Haie gab, die sehr gern kleine Kinder fraßen.
Trotzdem vergnügten sich die Taka-Tuka-Kinder oft damit, nach Perlmuscheln zu tauchen, aber da mußte immer jemand Wache stehen und „haj, haj“ schreien, sobald sich die Flosse eines Haies zeigte. Drinnen in der großen Höhle hatten die Taka-Tuka-Kinder einen Vorrat von schimmernden Perlen, die sie in den Perlmuscheln gefunden hatten. Sie spielten damit, und sie hatten keine Ahnung davon, wieviel Geld diese Perlen in den Ländern der weißen Menschen wert waren. Kapitän Langstrumpf pflegte hin und wieder ein paar Perlen mitzunehmen, wenn er fortfuhr, um Schnupftabak einzukaufen. Für die Perlen bekam er eine ganze Menge Dinge, von denen er meinte, daß seine Untertanen sie brauchten, aber im großen und ganzen fand er, daß es seinen getreuen Takatukanern gut ging, so wie sie es hatten. Und die Kinder durften gern weiter mit den Perlen spielen wie mit Murmeln.
Annika wehrte mit beiden Händen ab, als Thomas ihr sagte, daß sie an der Bergwand zur großen Höhle hinklettern sollte. Das erste Stück war nicht so schwer. Es war ein ziemlich breiter Absatz, auf dem man gehen konnte, aber nach und nach wurde er schmaler, und die letzten Meter bis zur Höhle mußte man sich festhalten, wo es eine Möglichkeit gab.
„Niemals“, sagte Annika, „niemals!“
An einer Bergwand entlang zu klettern, wo es kaum etwas gab, an dem man sich festhalten konnte, und zehn Meter darunter ein Meer voll mit Haien zu wissen, die darauf warteten, daß man hinunterfallen sollte, das war nicht gerade das, was Annika unter einem Vergnügen verstand.
Thomas wurde sehr ärgerlich.
„Ach, man sollte niemals Schwestern in die Südsee mitnehmen“, sagte er, als er sich an der Bergwand festklammerte. „Sieh mich an! Du brauchst es nur so zu machen …“
Plupp, machte es, als Thomas ins Wasser fiel. Annika fing an, laut zu schreien. Auch die Taka-Tuka-Kinder waren erschrocken. „Haj, haj“, schrien sie und zeigten nach dem Meer hinaus. Da ragte eine Flosse hervor, die in schnellem Kurs auf Thomas zusteuerte.
Plupp, machte es wieder. Das war Pippi, die ins Wasser sprang. Sie langte ungefähr gleichzeitig mit dem Hai bei Thomas an. Thomas schrie gellend vor Schreck. Er fühlte die scharfen Zähne des Hais an seinem Bein kratzen. Aber gerade da ergriff Pippi mit beiden Händen das blutdürstige Biest und hob es über die Wasserfläche.
„Schämst du dich nicht,“ sagte sie. Der Hai schaute sich erstaunt um. Er fühlte sich unbehaglich. Er konnte ja nicht richtig atmen, so hoch oben in der Luft.
„Versprich mir, daß du das niemals wieder tust, dann lasse ich dich los“, sagte Pippi ernsthaft. Und dann warf sie mit voller Kraft den Hai weit ins Meer hinaus. Er hatte es sehr eilig, davonzuschwimmen, und er beschloß, sich sobald wie möglich in den Atlantischen Ozean zu begeben.
Währenddessen war Thomas auf ein kleines Plateau geklettert und saß da, am ganzen Körper zitternd. Sein Bein blutete. Da kam Pippi.
Sie benahm sich sehr komisch. Erst hob sie ihn hoch in die Luft, und dann drückte sie ihn so fest, daß er beinah keine Luft mehr bekam. Dann ließ sie ihn ganz plötzlich los und setzte sich auf die Klippe. Sie legte ihr Gesicht in die Hände. Sie weinte. Pippi weinte. Thomas und Annika und alle Taka-Tuka-Kinder schauten sie erstaunt und erschrocken an.
„Du weinen, weil Thomas beinah aufgefressen“, vermutete Momo.
„Nein“, sagte Pippi mürrisch und trocknete sich die Augen. „Ich weinen, weil kleiner hungriger Hai heute kein Frühstück bekommen hat.“
Pippi redet ein vernünftiges Wort mit Jim und Buck
Die Zähne des Hais hatten nur Thomas’ Haut geritzt, und als Thomas sich beruhigt hatte, wollte er wieder zur großen Höhle hinaufklettern. Da drehte Pippi ein Seil aus Hibiskusbast zusammen und band es an einem Stein fest. Dann kletterte sie leicht wie eine Gemse zur Höhle hinüber und machte das andere Ende des Seiles dort fest. Und jetzt wagte es sogar Annika, zur Höhle hinaufzuklettern. Wenn man ein starkes Seil hatte, an dem man sich festhalten konnte, war es ja keine Kunst.
Es war eine wunderbare Höhle. Sie war so groß, daß alle Kinder ohne Schwierigkeit darin Platz hatten.
„Diese Höhle hier ist beinah besser als unsere hohle Eiche zu Hause bei der Villa Kunterbunt“, sagte
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