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Piratenblut

Piratenblut

Titel: Piratenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernst Guben
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die sonnenbeschienene Straße entlang.
Erschrocken verhielt sie den Schritt.
»Miss Hawbury«, sagte eine tiefe, wohlklingende Stimme.
Sie drehte sich um.
Ein Mann mit tiefbraun getönter Haut trat auf sie zu.
Weit und breit war sonst niemand zu sehen.
    Isolde runzelte die Stirn und wandte sich wieder zum Gehen. Unverschämtheit, dachte sie, was will der Kerl? Sie kümmerte sich nicht um ihn und beschleunigte ihre Schritte. Aber der Fremde war gleich darauf an ihrer Seite und meinte höflich:
    »Ich glaube, daß Ihr mich in diesem Anzug nicht wiedererkennt, zumal ich mir den Bart gestutzt habe. Erinnert Ihr Euch nicht mehr an Algier, daran, daß auch ich mit Euren Freunden in den Steinbrüchen von El Mengub war? Mein Name ist Ibn Kuteiba. Ich war einmal Steuermann auf Baba Alis Schiff »Medina«.«
    Jetzt war Isolde nicht mehr empört. Freudig streckte sie dem Araber die Hand hin und meinte: »Willkommen, Sir, was tut Ihr in Kalkutta? Seid Ihr nicht mehr bei der Flottille der Gräfin de Andalusia?«
    »Doch, Miss Hawbury. Die Gräfin de Andalusia werden wir gleich treffen. Sie steht am nächsten Häuserblock, um Euch dort abzufangen, wenn ich Euch nicht getroffen hätte.«
    »Mein Gott, was ist denn geschehen? Ihr hättet mich doch besuchen können.«
    »Nein, das hätten wir nicht. Wir dürfen uns in Kalkutta nicht sehen lassen. Wir haben uns in die Stadt gewagt, um Mr. Baum, Mr. Ojo und Mr. Jardín zu suchen; denn sie sind hier vor einigen Wochen verschwunden. Wir müssen annehmen, daß sie von den Behörden der Kompanie zurückgehalten werden.«
    Sie hatten inzwischen eine Querstraße erreicht, aus der in diesem Augenblick eine elegant gekleidete Dame trat.
    »Oh, Gräfin Marina«, sagte Isolde. Sie reichten sich die Hände. »Ich kann gar nicht fassen, was mir Mr. Kuteiba über den Pfeifer, Ojo und Jardín erzählt hat.«
    »Nun«, sagte die Gräfin, »wir haben nicht umsonst die Strapazen einer langen Reise zu Pferde
auf uns genommen. Ihr müßt uns helfen, Miß Hawbury. Können wir uns nicht irgendwo
ungestört und ungesehen unterhalten?«
»Wo wohnt ihr?« fragte Isolde.
Marina nannte die Adresse des indischen Hotels.
Isolde schaute etwas unglücklich drein.
    »Das ist schlecht. Dort kann ich unmöglich hingehen. Wollt ihr nicht auf einen Sprung ins Haus kommen?«
    »Das möchten wir nicht wagen. Sind die Tennessys nicht eng mit der Kompanie verbunden?« »Allerdings. Robert Tennessy ist ein enger Mitarbeiter von Sir Warren Hastings.« »Das ist einesteils gut; denn wenn Ihr ein wenig klug seid, werdet Ihr von ihm in Erfahrung bringen können, wo wir den Pfeifer suchen müssen. Andererseits verbietet es sich von selbst, daß wir uns der Gefahr aussetzen, sein Haus zu betreten.«
    »Ich habe eine Idee«, meinte Isolde. »Können wir uns nicht am Nachmittag wie zufällig im Reitpark treffen? Ihr habt doch eure Pferde sicher auch in Kalkutta?« »Glänzender Gedanke«, sagte Marina.
    Sie verabredeten Treffpunkt und Stunde und verabschiedeten sich für jetzt.

    11

    Nach der Aussprache, die sie am Sonntagnachmittag im Reitpark gehabt hatten, warteten die vier in ihrem Quartier auf Nachricht. Endlich, am Mittwoch, erhielten sie einen versiegelten Brief, den ein kleiner Inderjunge überbrachte. Isolde hatte herausgefunden, daß Michel, Ojo und Jardín im Residenzgefängnis saßen. Sie schrieb aber, daß sie keinen Weg sähe, wie man zu den Gefangenen vordringen könnte.
    Sofort nach Erhalt dieser Zeilen machten sie sich alle vier auf den Weg, um sich das Gefängnis aus der Nähe anzusehen. An allen Eingängen standen bewaffnete Posten. Es waren keine Sipoys, sondern Engländer. Starke Gitter schlössen die kleinen Fenster der Zellen ab. Erschwerend war noch, daß Isolde nicht wußte, in welcher Zelle sich die Gefangenen befanden.
    Unverrichteter Dinge kehrten sie wieder in ihre Herberge zurück.
    »Da ist guter Rat teuer«, meinte Ibn Kuteiba. »So ein Gefängnis nach englischem Muster hat es in sich.« Sie ließen die Köpfe hängen. »Wir müssen herausbekommen, wie hoch ihre Strafe ist.« »Ob man nicht die Posten bestechen könnte?« fragte Fernando.
    »Wenn es Eingeborene wären, hätten wir unsere Freunde morgen frei. Aber so wird es ziemlich aussichtslos sein. Die Burschen sehen alle so pflichteifrig aus«, sagte Ibn Kuteiba.
    Marina wandte sich an einen Inderboy und befahl ihm, Tinte und einen Federkiel zu bringen. Sie warf ein paar Zeilen aufs Papier und adressierte den Umschlag an Isolde Hawbury. Als der

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