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Piratenblut

Piratenblut

Titel: Piratenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernst Guben
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daß der Prozeß zugunsten des Radschas ausgehen wird.«
    »Ihr meint also, daß das Gericht in freier Entscheidung einen Freispruch fällen wird? — Aber hört, damit fiele ja die ganze Wahrheit der Meldung im »Daily Courant« zusammen! Obwohl die Verhaftung an sich schon eine unerhörte Provokation ist, werden sich die Engländer auf der Insel, die keine Ahnung von den Zuständen in Indien haben, doch damit zufriedengeben, wenn sie sehen, daß das Gericht unbeeinflußt Recht spricht. Die ganze Story wird zum Gegenteil umschlagen und den Glanz der Gerechtigkeit um die Häupter dieses Hastings und dieses Impey noch verstärken.«
    »Hauptsache ist, wir erreichen unser Ziel. Die Story an sich bleibt für meinen Verleger und auch für den Leser als Augenzeugenbericht aus Indien immer noch interessant genug.«
    »Aber in diesem Fall könnte vielleicht die zu scharfe Formulierung Eurer öffentlichen Anklage schaden. Sie war ja scharf. Daran gibt es keinen Zweifel.«
    Der lange Engländer lachte verschmitzt. Dann beugte er sich näher zu Marinas Ohr und flüsterte: »Mir wird die Angelegenheit nicht einen Jota von meiner Ernsthaftigkeit nehmen. Ganz im Vertrauen, ich habe nämlich vergessen, das Original abzuschicken. Als ich mit seiner Abfertigung fertig war, habe ich mir ein paar Gläser Whisky zuviel genehmigt, bin dann sanft entschlummert und dachte erst bei Erhalt der Einladung wieder daran. Nun, ich werde noch ein paar Tage warten, bis alles entschieden ist, und die Story dann umschreiben. Wäre mächtig gespannt auf die langen Gesichter der Herren von der Obrigkeit, wenn sie später einmal diese Ausgabe des »Daily Courant« lesen.«

    20

    Der Kommandeur des Rifleregiments, dessen Truppe die Gegend um Islamabad absperrte, knurrte ärgerlich. Er hatte soeben von Sir Edward William eine Kurierbotschaft erhalten, in der folgende Sätze standen:

    » ... und so ersuche ich Euch, mir einen Eurer jungen Offiziere zu schicken, der zu einer geheimen Sonderaktion alle Fähigkeiten besitzt. Er darf ruhig ein klein wenig skrupellos sein; auch wenn er ein paar Pfund Schulden hätte, wäre er nicht der schlechteste Mann. Laßt einen Zug Eurer jüngsten Soldaten unter dem Kommando eines Sergeanten in Islamabad und kehrt mit dem übrigen Regiment in Euern Standort zurück. Eure Aufgabe ist beendet.«

    Der im Dienst ergraute Oberst schüttelte den Kopf.
    »Albernheit«, brummte er. »Weshalb gibt man mir nicht direkte Instruktionen! Immer diese
Geheimniskrämerei! Na, mir ist's recht. Mary und Anne werden nicht böse sein, wenn ich wieder
nach Hause komme.«
Er rief seinen Adjutanten und fragte ihn:
    »Ihr kennt doch die jüngeren Offiziere im Regiment besser als ich?« »Yes, Sir.«

»Well, dann denkt einmal scharf nach. Ich braucheeinen, dessen Gewissen nicht gar zu eng ist,
so einen Kerl, der auch einmal fünf gerade sein läßt. Dazu muß er Unternehmungslust besitzen
und eine kleine Truppe selbständig führen können.«
»So ein Wundertier gibt es bei uns nicht.«
    »Ach, macht keine Sprüche. Irgendwo ein kleiner Gauner in Uniform muß sich doch finden lassen. Seit wann sind die Offiziere der Kompanie Engel?«
    Der Adjutant dachte eine Weile angestrengt nach. Dann erhellte sich seine Miene.
    »Wir haben da neulich einen jungen Oberleutnant zugeteilt bekommen, dessen Garnison bislang in der Provinz war. Er ist nicht zimperlich. Seine Soldaten sind oft gar nicht mit seiner Art einverstanden. Er macht den Eindruck, als wollte er jeden Inder totschlagen.«
    »Hmmm«, machte der Oberst gedehnt. »Ich habe keine Ahnung, ob er eine Aktion gegen die
Eingeborenen durchführen soll. Na, versuchen wir es. Wie ist sein Name?«
»Adam Roach.«
»Well, dann schickt mir den Adam.«
    Der Adjutant machte eine Ehrenbezeigung und verließ den Raum.
    Kurz darauf trat Adam Roach ein. Er war ein finster blickender Geselle und sah eher wie ein Fuhrknecht aus. Die Uniform wollte sich dem vierschrötigen Körper gar nicht recht anpassen. Seine Augenbrauen waren über der Nasenwurzel zusammengewachsen. Sein Haaransatz reichte bis tief in die Stirn. Das Kinn war brutal vorgeschoben. Die Nase mußte einmal einen Hieb abbekommen haben. Sie sah aus wie das Riechorgan eines Faustkämpfers.
    Dem Oberst war dieser Offizier bisher so gut wie unbekannt gewesen. Flüchtig mochte er ihn
irgendwo einmal gesehen haben. Auf alle Fälle fuhr er einen Schritt zurück, als er in die Visage
des jungen Mannes blickte.
»Oberleutnant Roach zur Stelle«, meldete

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