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Piratenblut

Piratenblut

Titel: Piratenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernst Guben
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auf seinem Schreibtisch klirrte. Immer wieder griff er zu dem Brief, der ihn mit magischer Kraft anzuziehen schien. Sir Warren hatte viel erlebt, seit er Clive auf diesem Posten abgelöst hatte. Er vergegenwärtigte sich, wie übel man Clive vor dem Parlament in London mitgespielt hatte. Clive hatte ganz Maisur für die Kompanie erobert. Er hatte Rohilkand den Nordwestprovinzen einverleibt und Teile von Radschputana dazugewonnen. Es hatte ihm alles nichts genützt. Die öffentliche Meinung war stärker als er. Er hatte gehen müssen. Und war bis heute noch nicht rehabilitiert. Die Ordonnanz kam und meldete William und Tennessy.
    »Ich lasse bitten.«
    Die beiden traten ein und wunderten sich über das schlechte Aussehen ihres Chefs.
Hastings reichte ihnen das Schreiben und sagte:
»Hier, meine Herren, lest.«
    William griff nach dem Papier und setzte sich umständlich die Brille auf. Tennessy ging zu einem Sessel, um sich dort niederzulassen, bis William ihm den Brief geben würde. Aber damit war Hastings keineswegs einverstanden.»Lest ihn gemeinsam, meine Herren, strengt euch ein wenig an. Er ist es wert.«
    Und dann lasen sie. Ihre Gesichter wurden immer röter, und ihre Bewegungen immer hastiger. Tennessy trat von einem Fuß auf den anderen. Mindestens dreimal nahm Sir Edward William die Brille ab, um sie sofort wieder aufzusetzen. Dann endlich ließ er das Schreiben sinken. »Was sagt Ihr dazu?« kam Hastings Stimme.
    »Unglaublich«, sagte William. »Man muß den Schreiber dieser Zeilen verhaften.« »Und Ihr?« wandte sich der Generalgouverneur an Tennessy.
    Tennessy zuckte die Schultern und machte eine wegwerfende Geste.
    »Pah, ein Zeitungsartikel, dummes Geschwätz. Zeitungen schreiben immer Unsinn.«
    »Ich glaube, diese Ansicht werdet Ihr langsam berichtigen müssen. Ihr unterschätzt die Macht der Presse. Seit diese rebellischen Amerikaner angefangen haben, in ihren Zeitungen Politik zu machen, ist die Presse ein Machtfaktor geworden. Bedauerlich ist nur, daß unsere Verleger auf der Insel den Aufständischen auf der anderen Seite des Ozeans so schnell gefolgt sind.« »Dennoch«, meinte Robert Tennessy, »was ist schon eine Zeitung und ihre Macht im Vergleich zu Eurer Persönlichkeit, Sir Warren!«
    Hastings taten diese Worte offensichtlich wohl; aber sie konnten ihn keineswegs über die Tatsachen hinwegtäuschen.
    »Nehmt Platz, Gentlemen. Warten wir, bis Sir Elijah, der andere angegriffene und beleidigte Gentleman, eintrifft.«
    Sie setzten sich. Das Schreiben lag wie eine drohende Fahne auf dem Tisch.
    Es dauerte nur etwa eine Viertelstunde, bis Sir Elijah Impey vorgefahren war. Er nahm diesmal davon Abstand, sich von einem Gefolge begleiten zu lassen, wie es sonst seine Art war. Als er eintrat, schritt er auf Hastings zu und schüttelte ihm mit Herzlichkeit die Hand.
    »Freut mich, daß Ihr wohlauf seid, Hastings. Ich dachte schon, es sei etwas Schwerwiegendes geschehen, daß Ihr mich aus einer Sitzung holen ließet.«
    »Well, es ist noch nichts geschehen; aber es kann etwas geschehen. Ich habe Euch rufen lassen, damit Ihr darauf vorbereitet seid. Ich möchte keine großen Erklärungen abgeben. Lest dieses Schreiben hier. Und alles wird Euch klar.«
    »Sehr gern — — — Was für ein schlechtes Papier!« Er nahm sein Lorgnon vor die Augen und begann zu lesen. Als er etwa bei der Mitte angelangt war, setzte er die Stielbrille für eine Sekunde ab und meinte lächelnd: »Verzeiht, es ist eine sehr schlechte Schrift. Wirklich, man sieht ihr nicht an, daß sie von einem geübten Skribenten zu Papier gebracht wurde.«
    William und Hastings sahen einander an. Man merkte, daß sie die Ruhe des Oberrichters nicht so ganz verstehen konnten und sie für gespielt hielten.
    Nach einer Weile legte Impey das Schreiben sorgfältig geglättet wieder auf den Tisch, klappte
sein Lorgnon zu und sagte:
»Nun — —«
»Tja«, meinte Hastings, »was haltet Ihr davon?«
»Davon kann man nichts halten.«
»Nicht wahr?« mischte sich Tennessy ins Gespräch.»Ich fasse die Sache auch mehr oder weniger
als albernen Scherz auf.«
Der Oberrichter sah ihn freundlich an.
    »Ach nein, ein Scherz ist es ja nun gerade nicht. Es könnte uns schon gefährlich werden; aber man kann dieser Angelegenheit ja von vornherein den Stachel nehmen.« »Ihr meint, den Schmierfinken verhaften?« fragte William.
    »Aber nein, ganz im Gegenteil, ich würde vielleicht eine Gesellschaft für ihn geben, um ihn darüber aufzuklären, daß er

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