Pitch (German Edition)
Lage des Kindes ist, das hat auch der Tastbefund
ergeben, nicht optimal, er schaut sie fragend an, sind Sie gestürzt,
ja, sagt sie, haben Sie etwas gegessen, nein, ich bin heute früh
sofort aus dem Haus, tja, sagt er, wir können natürlich
noch warten, aber in Anbetracht der bedenklichen Lage des Kindes
halte ich einen Kaiserschnitt für sinnvoll, aha, und wann, fragt
sie, gleich, sagt er, sobald es geht, heute Nachmittag noch, ich muss
erst noch sehen, wer alles zur Verfügung steht, Sie brauchen
sich gar keine Gedanken machen, aber natürlich kann Marie jetzt
gar nicht mehr anders, als sich Gedanken zu machen und diese Gedanken
breiten sich über ihre Nervenzellen bis in die letzten Winkel
ihres Körpers aus, wo sie als kleine Krämpfe, Wehen und
Zuckungen von den Impulsen des Sonographen erfasst und auf dem
Bildschirm widergespiegelt werden, Tränen bleiben nicht aus, das
gibt Sauber sofort die Gelegenheit ihre Hand zu ergreifen und Marie
zu versichern, dass sie bei ihm in besten Händen ist, denn bei
ihm, schmeichelt er sich, ist jede Patientin in besten Händen,
machen Sie sich keine Sorgen, Frau Neuhäuser, der Kaiserschnitt,
den wir bei Ihnen durchführen, erfolgt nach einer neuen, sehr
sanften Methode, die erstmals in Israel angewandt wurde, das Ganze
dauert kaum länger als eine halbe Stunde, höchstens, Sie
sagen, fragt Marie, Sie sind Oberarzt, ja, bin ich, antwortet er, ich
glaube, ich würde gerne vom Chefarzt operiert werden, sagt Marie
schwach, ja, aber, versucht Dr. Sauber noch etwas einzuwenden, aber
Marie Neuhäuser lässt ihn nicht ausreden, ich habe eine
Zusatzversicherung, haucht sie, aha, sagt er, tja, das ändert
natürlich alles.
48
Der
Anästhesist …
… Dr. August Bier hat einen langen
Tag hinter sich, den ganzen Vormittag über ist er bei
Operationen gewesen, Nachtdienst hat er gehabt, als er jetzt das
Patientenzimmer betritt, ist er nicht mehr der frischeste, er sieht
eine verängstigte Schwangere im Bett und eine hübsche
Haselnussbraunhaarige auf der Bettkante, sie hält die Hand der
Liegenden, während die eine schwer atmet und verunsichert wirkt,
scheint die andere leicht gereizt zu sein, Dr. Bier
fragt die Schwangere, ob sie Frau Marie Neuhäuser ist, sie sagt
ja und er erläutert ihr, dass er ihr Narkosearzt sei, er fragt
sie, ob man sie schon informiert habe, dass der Kaiserschnitt in etwa
einer halben Stunde durchgeführt werden solle, so genau habe man
ihr das nicht gesagt, wie dem auch sei, meint er, er sei nun hier, um
sie über die verschiedenen Möglichkeiten der Anästhesie
aufzuklären, die es neben der Vollnarkose gebe, da man diese
gerade Schwangeren gerne erspare, um das Kind nicht unnötig der
belastenden Wirkung der Narkotika auszusetzen, stattdessen empfehle
sich für gewöhnlich eine Peridural- oder eine
Spinalanästhesie, vorausgesetzt sie nähme keine
blutverdünnenden Medikamente und leide auch nicht unter
Blutgerinnungsstörungen, nein, gut, beide jedenfalls seien
Formen der Lokalanästhesie, die der Patientin in Seitenlage
appliziert werden würden, via einer Nadel, die man zwischen zwei
Dornfortsätzen etwa auf Höhe des vierten Lendenwirbels
setze, weil sich dort kein Rückenmark mehr befände, eine
Rückenmarksverletzung folglich ausgeschlossen sei, der
Unterschied der beiden Verfahren bestünde im Wesentlichen darin,
dass bei der Spinalanästhesie die dura
mater durchstochen
würde, sodass sich das Lokalanästhetikum im Liquor
cerebrospinalis frei
ausbreiten könne, während dies bei der Periduralanästhesie
nicht der Fall sei, die Patientin begreift davon zumindest in diesem
Augenblick nur soviel, dass sie keine Vollnarkose will, sie hat einen
furchtbaren Tag hinter sich und will jetzt nur, dass ihr Kind heil
zur Welt kommt, Dr. Bier
wertet das als eine Entscheidung für die Spinale und erklärt
ihr, dass es in Folge dieser Narkose zu postspinalen Kopfschmerzen,
Blutdruckabfall, Schwierigkeiten beim Wasserlassen sowie Blutergüssen
in der Nähe der Wirbelsäule kommen könne, ernsthafte
oder gar bleibende Schäden träten jedoch nur in etwa
nullkommanullnullfünf Prozent aller Fälle auf, also sehr
selten, diese lange Liste von Komplikationen beängstigt Marie
dann doch, sie hat sich eigentlich mit allem beschäftigt, was
die Geburt mit sich bringen könnte, nur an einen Kaiserschnitt
hat sie nicht gedacht, weil bis vor ihrem Blasensprung und ihrem
Sturz vor Iris Wohnung noch alles für eine ganz natürliche
Geburt gesprochen hatte, so fragt sie Dr.
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