Pitch (German Edition)
Anästhesieraum, fragt sie, ob sie noch
selbst, auf den OP-Tisch steigen könne, sie kann, und klettert
hinüber, die Anästhesieschwester bittet sie, sich gleich
auf die Seite zu legen, dann kommt auch schon Dr. Bier
herein, begrüßt die Patientin und fordert sie auf, machen
Sie mal einen Katzenbuckel, Achtung, jetzt wird’s mal kalt,
sagt er und desinfiziert den Rücken, er vereist die Haut, tastet
die Wirbel ab, findet die Stelle, jetzt, kann es mal kurz pieksen,
sagt er und sticht durch die dura
mater , etwas Liquor
tritt aus und zeigt ihm, dass er dort ist, wohin er mit der Nadel
wollte, er spritzt das Lokalanästhetikum, jetzt können Sie
sich wieder umdrehen, zu dem Zivildienstleistenden sagt er, können
wir sie hochlagern, der Springer stellt das Kopfteil des OP-Tischs
hoch, fixiert den
rechten Arm auf der ausschwenkbaren Armablage und die
linke Hand eng am Körper anliegend mit einer Manschette, jetzt
müssten Sie langsam ein warmes Gefühl in den Beinen spüren,
Frau Neuhäuser, nein, sagt sie, kommt schon, sagt er,
währenddessen bringt der Springer den Anamnesebogen in den
Waschraum, in dem die Operateure mit braunolverschmierten Händen
stehen und durch die Scheibe oberhalb der Waschbecken in den
Anästhesieraum schauen, der Springer legt die Krankengeschichte
geöffnet vor Professor Nakim, aha, Neuhäuser, Blasensprung,
Blutungen und Schräglage nach Sturz, der Springer ist schon
wieder im Vorraum, schiebt die Tür zum OP-Saal auf und fährt
den OP-Tisch herein, die Schwester und die Anästhesisten decken
Marie mit blauen Tüchern ab, die Operateure treten heran, mit
grünen Hauben und Mundschutz, sie erhalten vom Springer die
blauen Kittel, sie verwandeln sich in Kreuzritter der Gesundheit und
nehmen Aufstellung um den Tisch, Nakim weist Sauber darauf hin, dass
er rechts operiert, der ebenfalls assistierende Arzt im Praktikum
setzt Marie einen Blasenkatheder, Iris kommt herein und wird von Dr. Bier sogleich zum Kopf der
Patientin gerufen, sie legt Marie die Hand auf die Schulter, können
wir, fragt Professor Nakim, Sie können, antwortet Dr. Bier.
50
Der
Springer …
… dreht
die Operationsleuchte sachte in der Aufhängung, er stellt das
Licht exakt auf das kleine bräunlich-weiße Viereck ein,
das von blauen Tüchern umgrenzt ist, Professor Nakim fährt
einmal mit der Hand darüber, so als zeichne er mit einem
Bleistift eine Linie auf ein Papier, zunächst sieht man gar
nichts, dann rinnen ein paar Tropfen Blut aus dieser imaginären
Linie heraus, die durch Auseinanderziehen plötzlich den Blick
freigibt auf das Innere der Frau, völliger Blödsinn, sagt
Nakim zu dem Arzt im Praktikum, bei Misgav-Ladach von einer neuen
Methode zu sprechen, so als wäre hier das Rad neu erfunden
worden, ein Wendepunkt markiert sie sicherlich, doch Stark räumt
selbst ein, dass es sich bei dieser Technik lediglich um eine
konsequente Fortführung der hergebrachten Verfahrensweise
handelt, im Grunde, sagt jetzt Sauber, hat sich ja seit Kehrer und
Sänger nichts Wesentliches geändert, jaja, wiegelt Nakim
ab, er will seinen Arzt im Praktikum einer kurzen Prüfung
unterziehen, während er die Bauchdecke öffnet, da will er
sich von Sauber nicht reinreden lassen, worin bestehen denn, fragt
er, die wesentlichen Unterschiede zum herkömmlichen Vorgehen,
der Arzt im Praktikum verhaspelt sich ein wenig, ja, soweit ich weiß
wurde früher die Inzision nach Pfannenstiel vorgenommen und
nicht nach Cohen, ja und weiter, fragt der Professor, werden Sie mal
ein wenig konkreter, also, sagt der Arzt im Praktikum, beide
Inzisionen verlaufen quer, wobei der ... der ... Schnitt
nach Pfannenstiel etwas mehr von kranial angelegt sein sollte, aha,
sagt der Professor und verlangt den Fritschhaken, sind Sie sicher,
nein, das merkt man, sicher ist der Arzt im Praktikum sich nicht,
also sagt er zunächst nichts mehr, weiter, mein Lieber, ziehen
Sie mal ein bisschen nach kaudal, was zeichnet die
Misgav-Ladach-Methode sonst noch aus, das ist, antwortet der Arzt im
Praktikum, der Verschluss des Uterusschnitts mit einer fortlaufenden
Naht, und weiter, bohrt der Professor, man verzichtet
darauf, sagt der peinlich Befragte, das viszerale und parietale
Peritoneum zu verschließen, sehr schön, sehr schön,
aber warum das eine und warum das andere, weil ... weil ... der Arzt
im Praktikum sucht angestrengt nach der Lösung, wissen Sie’s,
Herr Kollege, fragt Nakim seinen Oberarzt, der Verschluss mit der
fortlaufenden Einzelnaht ist schlicht
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